Aktuelles Unterhaltsrecht

Die neuen unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Kammergerichts und die Düsseldorfer Tabelle 2025

I. EINLEITUNG

1. Grundsätzliches zu den Leitlinien

„Das Unterhaltsrecht beschränkt sich in weiten Teilen auf konkretisierungsbedürftige Grundaussagen und Generalklauseln. Der Gesetzgeber gibt den Gerichten damit bewusst einen relativ breiten Spielraum, um dem konkreten Fall nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten gerecht zu werden. Die Gerichte orientieren sich dabei an Leitlinien der Oberlandesgerichte, die zur Rechtsvereinheitlichung und zum Rechtsfrieden ganz erheblich beitragen. Diese Grundkonzeption hat sich in der Vergangenheit bewährt und soll beibehalten werden.“1Vgl. Allgemeine Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 15. Juni 2006, BT-Drucks. 16/1830, 13 = Menne/Grundmann, Das neue Unterhaltsrecht, 2008, 38.

Dr. Martin Menne | Richter am Kammergericht | Berlin | Mitglied der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages, die zusammen mit dem OLG Düsseldorf und in Abstimmung mit den Vertretern der 24 Oberlandesgerichte in der Regel jährlich die „Düsseldorfer Tabelle“ fortschreibt. Er betreut im Kammergericht seit vielen Jahren die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate

Der Gesetzgeber der letzten „großen“, tatsächlich auch umgesetzten Unterhaltsrechtsreform2Nachdem die bisherige Ampelkoalition, die in der 20. Legislaturperiode die Bundesregierung gestellt hat, Anfang November 2024 auseinandergebrochen ist und für Februar 2025 Neuwahlen angesetzt wurden, war endgültig klar, dass die erst im August 2023 durch ein Eckpunktepapier bekanntgemachten Pläne für eine Unterhaltsrechtsreform vorläufig gescheitert sind. – der Unterhaltsrechtsreform 2008 – würdigt mit dieser, in den Gesetzesmaterialien enthaltenen Passage den hohen Wert der unterhaltsrechtlichen Leitlinien. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass die Gerichte mit Hilfe der Leitlinien die das deutsche Unterhaltsrecht kennzeichnenden Generalklauseln mit Leben füllen, um zu ausgewogenen Entscheidungen zu gelangen. Und auch der Bundesgerichtshof3Vgl. zuletzt etwa BGH v. 20.9.2023 – XII ZB 177/22, FamRZ 2024, 32, Rz. 19. billigt in ständiger Rechtsprechung die Praxis der Familiengerichte, sich bei der Bemessung des Unterhalts an den von Richterinnen und Richtern aufgestellten, die spruchrichterliche Erfahrung widerspiegelnden Richtsätzen zu orientieren.4Vgl. allgemein zu den Leitlinien Menne, NJW 2021, 497 ff. Die Bedeutung der Leitlinien beschränkt sich jedoch nicht allein auf die forensische Praxis, sondern reicht weit darüber hinaus: Ihren rechtsfriedenstiftenden Charakter zeigen sie insbesondere in der Beratung durch die Familienrechtsanwälte und natürlich in der kautelarjuristischen Praxis der Notarinnen und Notare, wenn es darum geht, Unterhaltsvereinbarungen zu beurkunden, und schließlich im Verwaltungsalltag der Jugendämter und Unterhaltsbeistände, die sich bei den von ihnen zu treffenden Entscheidungen ebenfalls an den Leitlinien orientieren.5Vgl. bereits Menne, BerlAnwBl 2024, 68 (68).

Der Anwender darf dabei jedoch niemals aus den Augen verlieren, dass es sich bei den unterhaltsrechtlichen Leitlinien lediglich um ein Hilfsmittel handelt: Im Vorspruch zu den unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Kammergerichts, der sich sinngemäß in allen anderen obergerichtlichen Leitlinien wiederfindet, heißt es deshalb ganz deutlich, dass die Leitlinien lediglich eine Orientierungshilfe darstellen, die im Regelfall übernommen werden kann, aber vor einer Übernahme stets daraufhin überprüft werden muss, ob das mit Hilfe der Leitlinien gefundene Ergebnis im konkreten Einzelfall tatsächlich angemessen ist: Denn die Leitlinien sind keine Rechtsnormen, die unbedingte Beachtung verlangen würden, sondern von ihren Vorgaben kann – und soll! – abgewichen werden, wenn der zu beurteilende Sachverhalt danach verlangt. Die Orientierung an den Leitlinien darf deshalb niemals die Einzelfallgerechtigkeit verdrängen, sondern diese hat stets Vorrang.6Vgl. grundlegend bereits BGH v. 27.4.1983 – IVb ZR 372/81, FamRZ 1983, 678, Rz. 9; KG v. 16.5.1978 – 17 UF 745/78, FamRZ 1978, 413, Rz. 33, sowie u. a. Maaß in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess, 7. Aufl. 2021, Kap. 2 Rn. 43; Gerhardt in Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch Familienrecht, 12. Aufl. 2021, Kap. 6 Rn. 11 ff.

2. Die unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Kammergerichts

Nachdem die Leitlinien die aktuelle unterhaltsrechtliche Praxis widerspiegeln soll, sind sie notwendigerweise eine „ewige Baustelle“, die der ständigen Aufmerksamkeit und kontinuierlicher Pflege bedürfen, damit sie ihrer Funktion weiter gerecht werden können. Im zeitlichen Anschluss an die traditionell jeweils im Herbst im Amtsgericht Kreuzberg stattfindende Konferenz der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages mit den Vertretern (fast) aller deutschen Oberlandesgerichte7An der Konferenz im November 2024 haben Vertreter von 23 der insgesamt 24 deutschen Oberlandesgerichte teilgenommen. Nicht vertreten war das Oberlandesgericht Saarbrücken, das auf eigene unterhaltsrechtliche Leitlinien verzichtet und sich in seiner Rechtsprechung unmittelbar an der Düsseldorfer Tabelle und deren Anmerkungen orientiert; vgl. näher Menne, NJW 2021, 497 (497). haben sich deshalb auch im vergangenen Jahr die Richterinnen und Richter der insgesamt sieben Familien senate des Kammergerichts8Familiensachen werden vom 3., 13., 15., 16., 17, 18. und vom 19. Senat des Kammergerichts bearbeitet. getroffen, um die Leitlinien für das kommende Jahr durchzusprechen und, soweit erforderlich, zu ergänzen.

Bei der Vorbereitung der Leitlinien für das Jahr 2025 stellten sich besondere Herausforderungen: Denn einerseits verharrt die Anzahl der Unterhaltssachen beim Kammergericht – ähnlich der „gefühlten Situation“ bei den meisten anderen Oberlandesgerichten – weiterhin auf einem eher niedrigen Niveau. Andererseits besteht in der instanzgerichtlichen Praxis in Berlin, aber auch anderswo, weiterhin große Unsicherheit in Bezug auf die neue höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach im Falle eines gemeinsamen, im Residenzmodell betreuten Kindes beim betreuenden Elternteil im Rahmen der Ermittlung seines Bedarfs für den Ehegattenunterhalt ein Abzug der Kindesunterhaltsleistungen in Form von Naturalunterhalt auf der Grundlage eines Kindesunterhaltsbedarfs aus dem gemeinsamen Einkommen beider Elternteile vorgenommen werden soll.9Vgl. u. a. BGH v. 18.5.2022 – XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366, Rz. 50 f.; v. 16.9.2020 – XII ZB 499/19, BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28, Rz. 14; v. 15.2.2017 – XII ZB 201/16, FamRZ 2017, 711, Rz. 14, sowie den Überblick zu den Auswirkungen und Folgen dieser Rechtsprechung bei Grüneberg/von Pückler, BGB, 84. Aufl. 2025, § 1606 Rn. 13, 10, § 1601 Rn. 13. Diese Auffassung stößt nicht nur in Teilen der Literatur,10Kritisch u. a. Kleffmann/Kleffmann, FuR 2025, 25 (33); Bruske, FamRZ 2024, 1838 ff.; Bruske, FamRZ 2023, 339 f.; Duderstadt, FamRZ 2022, 1755 ff.; Götz/Seiler, FamRZ 2022, 1338 ff.; Schürmann, FF 2022, 363 ff.; Schwamb, FamRB 2022, 342 (344); Kintzel in Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein (Hrsg.), Handbuch Familienrecht, 12. Aufl. 2021. Kap. 6 Rn. 675 [Text und Fn. 2776]; Maaß, FamRZ 2017, 713 f. Dem BGH folgend u. a. Lies-Benachib, FamRZ 2024, 1913 (1915 f.); Lies- Benachib, FamRZ 2024, 1669 ff.; Lies-Benachib, FamRZ 2023, 9 ff.; Viefhues, FuR 2023, 166 ff.; Gutdeutsch, FamRZ 2022, 1755 f.; Borth, FamRZ 2022, 1758 f. sondern auch bei einzelnen Obergerichten wie beispielsweise jüngst dem Oberlandesgericht Bamberg11Vgl. OLG Bamberg v. 6.6.2024 – 2 UF 222/23, NJW 2024, 2330, Rz. 39, und zuvor bereits OLG Oldenburg v. 16.5.2023 – 3 UF 32/23, FamRZ 2023, 1371, Rz. 9 ff. m. krit. Anm. Menne, NJW 2023, 2791 f. auf Ablehnung, während andere Oberlandesgerichte – ähnlich wie viele Familiensenate des Kammergerichts – auf die neue Rechtsprechungsrichtung bislang eher skeptisch-abwartend reagieren. Die über das gesamte Jahr 2024 hinweg anhaltende Diskussion über die von der „Ampelkoalition“ angekündigte, umfassende Reform des Unterhaltsrechts sorgte ebenfalls für Verunsicherung: Erst Anfang November 2024, mit dem Auseinanderbrechen der Ampelkoalition ein knappes halbes Jahr vor dem eigentlichen, regulären Ende der 20. Legislaturperiode im Herbst 2025, war klar, dass die Unterhaltsrechtsreform im „ersten Anlauf“ gescheitert ist. Wenige Wochen vor dem Jahresende 2024 hat das Bundesministerium der Justiz den seit Februar 2024 vorliegenden Referentenentwurf noch als Diskussionsentwurf offiziell auf der Homepage des Ministeriums veröffentlicht,12Vgl. unter https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/ DE/2023_Unterhaltsrecht.html (zuletzt abgerufen im Januar 2025). damit die Arbeit an der von der Praxis dringend erwarteten Unterhaltsrechtsreform in der neuen, laufenden Legislaturperiode (hoffentlich) zügig fortgeführt werden kann. Und schließlich hat die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag die im Bundesjustizministerium erarbeiteten Reformentwürfe zum Unterhalts-, Abstammungs- und Sorgerecht in einem eigenen Gesetzentwurf gebündelt und wenige Tage vor Weihnachten 2024 noch in den 20. Deutschen Bundestag eingebracht,13Vgl. den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Familienrechts der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 17. Dezember 2024, BT-Drucks. 20/14263. bevor dieser vom Bundespräsidenten aufgelöst wurde.14Vgl. Anordnung des Bundespräsidenten gemäß Art. 68 GG über die Auflösung des 20. Deutschen Bundestages vom 27. Dezember 2024, BGBl. 2024. I Nr. 434.

Mit dem vorliegenden Beitrag soll an die Berichterstattung der Vorjahre15Vgl. zuletzt Menne, BerlAnwBl 2024, 68 ff. angeknüpft und die Neuerungen in den Leitlinien des Kammergerichts erläutert, ein kleiner Ausblick auf die in der deutschen „Leitlinienlandschaft“ sich abzeichnenden Entwicklungen gegeben und schließlich kurz auf die Änderungen bei der Düsseldorfer Tabelle 202516Vgl. zur Düsseldorfer Tabelle 2025 bereits ausführlich Schürmann, FamRB 2025, 26 ff.; Menne, FF 2025, 27 ff. sowie das Editorial von Haußleiter, NJW Heft 52/2024 vom 19.12.2024: Reform nein, Tabelle ja? („Es kann nicht sein, dass die einzige verlässliche Modernisierung im Familienrecht die jährliche Anpassung der Düsseldorfer Tabelle bleibt“). eingegangen werden.

II. DIE UNTERHALTSRECHTLICHEN LEITLINIEN 2025 IM EINZELNEN

Die reine Anzahl der Änderungen der Leitlinien fällt auch in diesem Jahr durchaus überschaubar aus; es sind eher kleine Anpassungen und Folgeänderungen. Die bedeutsamste inhaltliche Änderung der Leitlinien dürfte die völlig neu aufgenommene LL Nr. 12.5 darstellen, mit der die Möglichkeit eröffnet wird, im Kindesunterhaltsrecht die bedarfsmindernden Aufwendungen des familienfernen, einen deutlich ausgeweiteten Umgang wahrnehmenden Elternteils besser zu erfassen.

1. LL Nr. 10.8: krankheitsbedingte Mehraufwendungen

Entsprechend der Ankündigung im letztjährigen Bericht17Vgl. Menne, BerlAnwBl 2024, 68 (69). haben die Familiensenate LL Nr. 10.8 einer Prüfung unterzogen: Bislang war in LL Nr. 10.8 geregelt, dass krankheitsbedingte Mehraufwendungen des Unterhaltsschuldners bei der Ermittlung seiner Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, vom unterhaltspflichtigen Einkommen also abzusetzen sind, wobei sich die notwendige Schätzung an § 30 Abs. 5 SGB XII orientieren soll. Damit beschränkt sich die Leitlinie im Kern auf eine Wiederholung dessen, was bereits nach §§ 1578a, 1361 Abs. 1 Satz 1, 2. HS, 1610a BGB gilt; dass nämlich Beträge, die der Unterhaltsschuldner benötigt, um einen durch Krankheit oder andere Gesundheitsbeeinträchtigungen erforderlich werdenden Mehrbedarf abzudecken, seine Leistungsfähigkeit mindern.18Vgl. nur Grüneberg/von Pückler, BGB, 84. Aufl. 2025, § 1610a Rn. 2; Henjes in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess, 7. Aufl. 2021, Kap. 4 Rn. 590 f. Die Hoffnung, aus dem bislang in der Leitlinie zitierten § 30 Abs. 5 SGB XII würden sich Anhaltspunkte und Maßstäbe für die vorzunehmende Schätzung ergeben, in welcher Höhe derartige Beträge abgesetzt werden können, trügt. Denn § 30 Abs. 5 SGB XII1919 § 30 Abs. 5 Satz 1 SGB XII lautet: „Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf).“ beschränkt sich auf eine Erläuterung, was unter einem medizinisch bedingten Ernährungsmehrbedarf zu verstehen ist, ohne den Mehrbedarfszuschlag im Einzelnen zu beziffern.20Da § 30 Abs. 5 SGB XII den Umfang der Mehrleistung zum sozialhilferechtlichen Regelsatz nicht gesetzlich vorgibt, greift die sozialhilferechtliche Praxis auf eine Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zurück, in welcher nach Krankheiten differenziert pauschale Kostenzulagen vorgeschlagen werden; vgl. näher Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, Loseblatt, Stand November 2024, § 30 SGB XII Rn. 1, 25, 26. Zur Behebung der bestehenden Beweisschwierigkeiten,21 Vgl. dazu näher OLG Köln v. 4.12.2007 – 4 WF 189/07, FamRZ 2008, 1276, Rz. 6; OLG Hamm v. 5.6.1991 – 12 UF 24/91, FamRZ 1991, 1198, Rz. 31 ff., sowie Kalthoener, NJW 1991, 1037. bis zu welchem Umfang krankheitsbedingte Mehraufwendungen unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen sind, trägt diese Bestimmung daher gerade nicht bei. Das könnte der Grund dafür sein, dass diese Position in keiner anderen Leitlinie besetzt ist. Auch die neuen, gemeinsamen Leitlinien der drei nordrhein-westfälischen Oberlandesgerichte enthalten hierzu keine Regelung. Gleichwohl haben sich die Familienrichter des Kammergerichts entschieden, LL Nr. 10.8 weiter als eine Art von „Merkposten“ bzw. klarstellenden Verweis bestehen zu lassen. Lediglich der zweite Satz, die nicht mehr zutreffende Formulierung „als Schätzungsmaßstab …“ wird gestrichen und das bisherige Normzitat als Klammereinschub in den ersten Satz übernommen. Die Leitlinie lautet künftig:

10.8. Krankheitsbedingte Mehraufwendungen. Krankheitsbedingte Mehraufwendungen (§ 30 Abs. 5 SGB XII) sind abzusetzen.

2. LL Nr. 12.1: Betreuungs-/Barunterhalt

Die Fassung von LL Nr. 12.1 wurde auch in diesem Jahr von den Familienrichtern des Kammergerichts unverändert22Vgl. zu der zugrundeliegenden Problematik ausführlich Menne, BerlAnwBl 2023, 125 (127 f.). kontrovers diskutiert: Denkbar wäre, dass das Kammergericht sich an die Formulierung beispielsweise in LL 2024 Nr. 12.1 des Oberlandesgerichts Schleswig anlehnt. Dort heißt es, dass der Bedarf minderjähriger Kinder sich nach den zusammengerechneten Einkünften beider Elternteile bemisst; die Unterhaltspflicht des barunterhaltspflichtigen Elternteils jedoch auf den Betrag begrenzt ist, den der Unterhaltspflichtige bei alleiniger Unterhaltshaftung auf Grundlage seines Einkommens zu zahlen hätte. Das ist eine eher neutrale Formulierung, die zwar der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht, aber keine inhaltliche Änderung gegenüber der derzeitigen Formulierung in LL Nr. 12.1 des Kammergerichts darstellt. Den Senaten bliebe unverändert die Freiheit, ob sie an der bewährten – „traditionellen“ – Rechtsprechung zum Kindes- und Ehegattenunterhalt festhalten oder sich der neuen, nicht unumstrittenen „Linie“ des Bundesgerichtshofs23Vgl. u. a. BGH v. 20.9.2023 – XII ZB 177/22, FamRZ 2024, 32, Rz. 19; v. 8.5.2022 – XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366, Rz. 50 f.; v. 16.9.2020 – XII ZB 499/19, BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28, Rz. 14; v. 11.1.2017 – XII ZB 565/15, BGHZ 213, 254 = FamRZ 2017, 437, Rz. 24 f. anschließen wollen.

Wie bereits in den Vorjahren24Vgl. ausführlich Menne, BerlAnwBl 2024. 68 (69); Menne, BerlAnwBl. 2023, 125 (127 f.). konnte kein Konsens erzielt werden, so dass es bei der bisherigen Fassung von LL 12.1 sein Bewenden hat. Das Kammergericht verwendet damit weiterhin eine Formulierung, die sich im Kern u. a. auch in den Süddeutschen Leitlinien 2025 sowie – mit gewissen Einschränkungen – in den neuen Leitlinien Nordrhein-Westfalen 2025 und den Unterhaltsgrundsätzen des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main 2025 findet.25Vgl. Süddt. LL 2025 Nr. 12.1 sowie Leitlinien NRW 2025 Nr. 12.1 und Frankfurter Unterhaltsgrundsätze 2025 Nr. 12.1 (dort aber auch Nr. 12.3).

3. LL Nr. 12.5: Bedarfsmindernde Aufwendungen

Die in die diesjährigen Leitlinien des Kammergerichts neu aufgenommene Bestimmung geht zurück auf eine umfassende Diskussion der Unterhaltskommission mit den Vertretern der Oberlandesgerichte im Herbst 2024: In der Diskussion wurde Einigkeit erzielt, dass in die seit 2003 bestehende bundeseinheitliche Gliederung der Leitlinien26Vgl. Gerhardt in Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch Familienrecht, 12. Aufl. 2021, Kap. 6 Rn. 14; Menne, NJW 2021, 497 (497). eine neue Position 12.5 aufgenommen wird, die dazu dienen soll, finanzielle Mehrbelastungen eines Elternteils zu berücksichtigen, der das Kind in einem hohen Umfang mitbetreut bzw. einen erheblichen erweiterten Umgang praktiziert. Die Klausel dient nicht dazu, Umgangskosten abzudecken: Derartige Kosten – etwa Fahrtkosten – werden bereits durch die Leitlinie Nr. 12.7, eine Position, die in den Leitlinien des Kammergerichts nicht besetzt ist, erfasst.

Vielmehr geht es der Sache nach um das Problem der teilweisen Abdeckung des kindlichen Bedarfs durch die Gewährung von Naturalunterhalt – insbesondere durch die Beköstigung des Kindes27Die vom umgangsberechtigten Elternteil zu tragenden Verpflegungskosten werden leicht unterschätzt: Bei einem „üblichen“ Umgangsrhythmus mit drei Ferienwochen entspricht die Aufenthaltsdauer des Kindes im Haushalt des umgangsberechtigten Elternteils über das Jahr gesehen etwa 20 Prozent: vgl. Schürmann, FamRZ 2014, 921 (922 Text und Fn. 8), sowie Born, FPR 2008, 88 (90) mit dem Hinweis auf den „gesunden Appetit“ von Kindern. Das OLG Düsseldorf hat bereits im Jahr 2015, in einer etwas älteren Entscheidung (Beschluss vom 18.5.2015 – 7 UF 10/15, FamRZ 2016, 142, Rz. 90 ff.), die Kosten für die Beköstigung des Kindes, die der überwiegend betreuende Elternteil bei einem erweiterten Umgang des anderen Elternteils von ca. 12 Tagen/Monat erspart, auf 30 €/Monat geschätzt. – seitens eines in hohem zeitlichem Umfang mitbetreuenden Elternteils. In Anknüpfung an den entsprechenden Gedanken in der gescheiterten Unterhaltsrechtsreform28Vgl. § 1615g Abs. 1 DiskE sowie die Einzelerläuterung zu § 1615g im Diskussionsentwurf S. 48 f.: Der Entwurf pauschalisiert den bei einem asymmetrischen Wechselmodell durch Naturalleistungen im Haushalt des mitbetreuenden Elternteils gedeckten Unterhaltsbedarf des Kindes mit 15 Prozent seines Lebensbedarfs. S. auch Viefhues, FuR 2025, 2 (4 f.); Lies-Benachib, FamRZ 2024, 1913 (1914); Borth, FamRZ 2023, 1833 (1835). soll die neue Regelung dazu dienen, eine Mitbetreuungsleistung des familienfernen Elternteils in gewisser Weise wirtschaftlich aufzufangen und bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen. Es handelt sich um eine Art von „Härteklausel“, mit der die Möglichkeit eröffnet wird, einem Elternteil, der das Kind zu einem hohen Anteil mitbetreut und der damit im Ergebnis zur Abdeckung dessen Unterhaltsbedarfs substantiell beträgt, finanziell etwas zu entlasten. Die Klausel folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der in entsprechenden Konstellationen es für zulässig erachtet hat, auf eine Hochstufung innerhalb der Düsseldorfer Tabelle zu verzichten bzw. eine Herunterstufung von der nach den gegebenen Einkommensverhältnissen eigentlich gebotenen Gruppe bis hinab zum Mindestunterhalt nach Gruppe 1 vorzunehmen.29Vgl. BGH v. 5.11.2014 – XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236 (Rn. 22); v. 12.3.2014 – XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917, Rn. 38 f., sowie ergänzend auch v. 11.1.2017 – XII ZB 565/15, BGHZ 213, 254 = FamRZ 2017, 437, Rz. 21 f. Darauf, auf welche Weise derartige bedarfsmindernden Aufwendungen darüber hinaus berücksichtigt werden können, hat sich der Bundesgerichtshof bislang noch nicht festgelegt: Sie können daher nicht nur durch Herabstufung in der Düsseldorfer Tabelle berücksichtigt werden, sondern beispielsweise auch durch eine Erhöhung des Selbstbehalts des einen stark erweiterten Umgangs ausübenden Elternteils. Oder, in Anlehnung an die vorgesehene Regelung in § 1615g Abs. 1 DiskE, durch einen im Einzelfall vom Familiengericht zu bemessenden, pauschalen Abschlag vom zu leistenden Barunterhalt. Deshalb ist in der neuen Leitlinie ausdrücklich von einem „auch“ die Rede: Die Methode, wie derartige Aufwendungen berücksichtigt werden, wird nicht vorgegeben, sondern die neue Leitlinie soll die Familiengerichte dazu anhalten, mit den Mitteln der Angemessenheit und Billigkeit auf den Umstand zu reagieren, dass pauschale Unterhaltssätze, die auf ein Leben des Kindes in nur einem Haushalt zugeschnitten sind, den Kindesunterhalt nicht mehr korrekt abbilden können, sobald das Kind sich zu einem hohen zeitlichen Anteil in einem zweiten Haushalt aufhält.30Vgl. Schürmann, FamRB 2025, 26 (33), und bereits Schürmann, FF 2022, 363 (367: „Dies erfordert lediglich die Bereitschaft, die Düsseldorfer Tabelle und die sie ergänzenden Leitlinien nicht als ein unverrückbares Gerüst zu behandeln, sondern als das zu betrachten, was sie sein sollen: Hilfsmittel zur Rechtsanwendung, die flexibel gehandhabt sich jederzeit in der widerspenstigen Realität bewähren können“).

Unter den Vertretern der Oberlandesgerichte bestand Einigkeit, dass auch nach Anwendung der neuen „Berücksichtigungsmöglichkeit“ auf jeden Fall gewährleistet sein muss, dass im Haushalt des hauptsächlich bzw. schwerpunktmäßig betreuenden Elternteils, dem letztendlich das „Betreuungsmanagement“ obliegt, stets ein ausreichender Unterhaltsbetrag verbleibt, um die Fixkosten des Kindes abdecken zu können: Deshalb enthält die neue Leitlinie den klaren Hinweis, dass der Mindestunterhalt des Kindes gewährleistet bleiben muss: Die bedarfsmindernden Aufwendung können berücksichtigt werden; sie müssen es nicht, wenn andernfalls der Bedarf des Kindes nicht gewährleistet ist.

Die von den Familienrichtern des Kammergerichts beschlossene neue Leitlinie lehnt sich eng an den Textvorschlag der Unterhaltskommission auf der Tagung von Herbst 2024 an und ähnelt sehr den entsprechenden Formulierungen in den bis zum Redaktionsschluss dieses Heftes bekanntgegebenen Leitlinien anderer Oberlandesgerichte.31Vgl. Süddt. LL 2025 Nr. 12.5; LL NRW 2025 Nr. 12.5; Frankfurter Unterhaltsgrundsätze 2025 Nr. 12.5.Die neue LL 12.5 des Kammergerichts lautet:

12.5 Bedarfsmindernde Aufwendungen. Aufwendungen im Rahmen eines erheblich erweiterten Umgangs können auch durch angemessene Abschläge beim Barunterhalt berücksichtigt werden, soweit der Mindestunterhalt des Kindes gewährleistet ist (vgl. BGH FamRZ 2015, 236 Rz. 22; BGH FamRZ 2014, 917 Rz. 38).

4. LL Nr. 13.1.2: Studierendenbedarf

Die Änderung des Bedarfssatzes für Studierende in LL 2025 Nr. 13.1.2, 1. Absatz ist eine Folgeänderung zur Festlegung des Studierendenbedarfs nach Anmerkung A IV der Düsseldorfer Tabelle: Der Studierendenbedarf nach der Düsseldorfer Tabelle beträgt in der Regel 115 Prozent des Satzes der BAföG-Grundförderung nebst Wohnkosten. Nachdem die BAföG-Sätze zum Wintersemester 2024/2025 angehoben wurden,32Seit dem Wintersemester 2022/2023 betrug die BAföG-Grundförderung 812 Euro einschließlich Wohnkosten von 360 Euro. Mit dem Wintersemester 2024/2025 wurde sie auf 855 Euro einschließlich Wohnkosten vom 380 Euro angehoben, so dass sich rechnerisch ein Studierendenbedarf nach der Düsseldorfer Tabelle von 983,25 Euro (115 Prozent von 855 Euro) ergibt, der auf 990 Euro geglättet wurde. war der Ansatz in der Düsseldorfer Tabelle anzupassen. Diese Anpassung wird von den Leitlinien nachgezeichnet. Die Leitlinien des Kammergerichts weisen die Wohnkosten nicht gesondert aus. Soweit keine Familienversicherung besteht, erhöht sich der Bedarf um die Beiträge zur studentischen Kranken- und Pflegeversicherung (LL 2025 Nr. 13.1.2, 1. Absatz, 2. Satz). Die Leitlinie sieht ausdrücklich vor, dass der Studierendenbedarf erhöht werden kann: Das kann nicht nur bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern erfolgen, sondern beispielsweise auch, wenn die studentischen Wohnkosten besonders hoch sind.33Einer aktuellen Untersuchung der Studierendenwerke zufolge liegen die durchschnittlichen Wohnkosten von Studierenden im Durchschnitt inzwischen oberhalb des Ansatzes im BAföG von 380 Euro; vgl. die Pressemitteilung der Studierendenwerke vom 20. März 2024 unter https://www. studierendenwerke.de/beitrag/mietkosten-fuer-studierende-eine-neueform- der-sozialen-auslese (zuletzt abgerufen im Januar 2025). Bei der Änderung in LL 2025 Nr. 13.1.2, 2. Absatz handelt es sich ebenfalls um eine Folgeänderung: Der dort bislang genannte Betrag von 5500 Euro entsprach bislang dem Bedarfssatz der Gruppe 10 der Düsseldorfer Tabelle. Mit der Bekanntgabe der Düsseldorfer Tabelle 2022, zusammen mit der Einführung eines „Premiumsegments“ und der Erweiterung der Tabelle auf jetzt 15 Gruppen, wurde der Höchstbetrag der Gruppe 10 von 5500 Euro auf 5700 Euro angehoben.34Vgl. zur Einführung des „Premiumsegments“ der Düsseldorfer Tabelle Schürmann, FamRB 2022, 33 (34). In der Konsequenz war dieser Betrag auch in den Text von LL Nr. 13.1.2, 2. Absatz zu übernehmen, was jetzt nachgeholt wurde.

5. LL Nr. 21.3.3: Selbstbehalt beim Elternunterhalt

Beim Elternunterhalt kam es im vergangenen Jahr zu einer überraschenden Wendung: Im Herbst 2024, als die Unterhaltskommission und die Vertreter der Oberlandesgerichte zusammengekommen sind, um die Düsseldorfer Tabelle 2025 zu erörtern, war es um den Elternunterhalt unverändert sehr ruhig. Im Verlauf des Jahres 2024 sind lediglich drei obergerichtliche Entscheidungen zum Elternunterhalt35Vgl. OLG Düsseldorf v. 4.12.2023 – 3 UF 78/23, FamRZ 2024, 944 = NZFam 2024, 610 (Langeheine); OLG München v. 6.3.2024 – 2 UF 1201/23, FamRZ 2024, 940 m. Anm. Schürmann = NZFam 2024, 562 (Maaß) = JAmt 2024, 364 (Birnstengel); OLG Hamm v. 24.10.2024 – 2 UF 12/24, NZFam 2024, 1125 (Christl). veröffentlicht worden, ohne dass unter ihnen eine einheitliche „Linie“ in Bezug auf den Selbstbehalt ersichtlich geworden wäre. In allen drei Fällen wurde die Rechtsbeschwerde zugelassen. In Anbetracht dieses Befundes und im Hinblick auf die damit in naher Zukunft zu erwartende höchstrichterliche Grundsatzentscheidung insbesondere zur Frage des Selbstbehalts bestand bei der Unterhaltskommission und den Vertretern der Oberlandesgerichte allgemeine Einigkeit, dass eine Beschlussfassung über einen neuen Selbstbehalt beim Elternunterhalt nicht angezeigt ist. Deshalb wurde die bisherige Anmerkung D I in der Düsseldorfer Tabelle 2025 unverändert beibehalten.

Die erwartete Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs36Vgl. BGH v. 23.10.2024 – XII ZB 6/24, BeckRS 2024, 33792 = juris. Bei Re daktionsschluss dieses Heftes war ein Abdruck vorgesehen für FamRZ 2025, Heft 3. – ergangen auf die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf37Vgl. OLG Düsseldorf v. 4.12.2023 – 3 UF 78/23, FamRZ 2024, 944. – kam weitaus schneller als gedacht. Bereits am 4. Dezember 2024, lediglich fünf Tage nach Bekanntgabe der neuen Düsseldorfer Tabelle, wurde sie veröffentlicht. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die sozialrechtlichen Vorgaben nach § 94 Abs. 1a Satz 1, 2 SGB XII, wonach ein Übergang des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs auf den Sozialleistungsträger bei einem jährlichen Gesamteinkommen des pflichtigen Kindes von nicht mehr als 100.000 Euro ausgeschlossen ist, keine „Sperrwirkung“ in unterhaltsrechtlicher Hinsicht entfaltet. Vielmehr soll der angemessene Selbstbehalt im Elternunterhalt selbständig, ohne Rücksicht auf die sozialrechtliche Entscheidung, anhand unterhaltsrechtlicher Maßstäbe bestimmt werden.38Vgl. BGH v. 23.10.2024 – XII ZB 6/24, BeckRS 2024, 33792 = juris, Rz. 27 ff., 35, 40 f., 43, 48. Der im Jahr 2021 in die Anmerkung D I aufgenommene Hinweis auf Zweck und Rechtsgedanken des Angehörigen-Entlastungsgesetzes39Gesetz zur Entlastung unterhaltspflichtiger Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe vom 10. Dezember 2019, BGBl. 2019.I.2135. ist damit in dieser Form unzutreffend und obsolet. Vielmehr ist in die Anmerkung D I der Düsseldorfer Tabelle – so, wie das bis zum Jahr 202040Der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gegenüber Unterhaltsansprüchen der Eltern betrug seinerzeit 2000 Euro einschließlich einer Warmmiete von 700 Euro zuzüglich der Hälfte des darüberhinausgehenden Einkommens. der Fall war – wieder ein betragsmäßig bezifferter Selbstbehalt einzustellen.

Für die Leitlinien gilt Entsprechendes. Anders als manche Oberlandesgerichte, die in Nr. 21.3.3 ihrer Leitlinien des Jahres 2024 unverändert einen bezifferten und hinsichtlich der Höhe an die Entwicklung angepassten Selbstbehaltssatz ausgewiesen haben,41Die Leitlinien 2024 der Oberlandesgerichte Braunschweig, Dresden, Koblenz, Rostock und Schleswig sahen in Nr. 21.3.3 einen festen Selbstbehaltssatz von 2650 Euro zuzüglich der Hälfte des darüberhinausgehenden Einkommens des unterhaltspflichtigen Kindes aus. Die Oberlandesgerichte Celle, Frankfurt/M. und Köln sowie die Süddeutschen Leitlinien 2024 weisen zwar keinen bezifferten Selbstbehalt für den Elternunterhalt aus, wohl aber einen ziffernmäßig bestimmten Selbstbehalt für den Unterhalt von Großeltern gegenüber ihren Enkeln (LL 2024 Nr. 21.3.4), der dem Selbstbehalt beim Elternunterhalt entspricht (vgl. nur Maaß in Eschenbruch/ Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess, 7. Aufl. 2021, Kap. 2 Rn. 439). enthielt Nr. 21.3.3 der Leitlinie 2024 des Kammergerichts lediglich einen Hinweis auf Zweck und Rechtsgedanken des Angehörigen-Entlastungsgesetzes. Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das nicht mehr zutreffend. Die Familienrichter des Kammergerichts haben daher kurzerhand beschlossen, den bisherigen Text gegen einen Verweis auf die neue höchstrichterliche Grundsatzentscheidung auszutauschen. Die neue Leitlinie lautet:

21.3.3 Elternunterhalt. Dem Unterhaltspflichtigen ist der angemessene Eigenbedarf zu belassen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23. Oktober 2024 – XII ZB 6/24 (vorgesehen für FamRZ 2025, Heft 3) ist zu beachten.

Die genaue Seitenzahl des FamRZ-Heftes, in dem die BGH-Entscheidung abgedruckt wird, stand bei Redaktion der Leitlinien noch nicht fest. Das Zitat wird (wurde) ergänzt. Der neuen Leitlinie wird voraussichtlich nur eine kurze Lebensdauer beschieden sein, weil die Formulierung wahrscheinlich im Nachgang zu der zu erwartenden Anpassung der Anmerkung D I der Düsseldorfer Tabelle ebenfalls gegen einen bezifferten Selbstbetragssatz ausgetauscht werden wird.

6. Fundstellen

Der vollständige Text der neuen Leitlinien findet sich im Internet auf der Homepage des Kammergerichts unter https://www.berlin.de/gerichte/was-moechten-sie-erledigen/familiensachen/artikel.1348178.php sowie auf der Homepage des deutschen Familiengerichtstages.42Vgl. https://www.dfgt.de unter „Leitlinien der Oberlandesgerichte“. In gedruckter Form findet sich die Leitlinie als Sonderbeilage zu manchen familienrechtlichen Fachzeitschriften und im elektronischen Auftritt mehrerer großer Familienrechtsfachzeitschriften.

III. ENTWICKLUNGEN IN DER „LEITLINIENLANDSCHAFT“

1. Bisherige Situation

Für die 24 deutschen Oberlandesgerichte existierten bis Ende 2024 insgesamt 18 Leitlinien.43Die Leitlinien des Kammergerichts sowie der Oberlandesgerichte Brandenburg, Braunschweig, Bremen, Celle, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt/ Main, Hamburg, Hamm, Jena, Koblenz, Köln, Naumburg, Oldenburg, Rostock und Schleswig. Die Süddeutschen Leitlinien gelten einheitlich für die Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken. Das Oberlandesgericht Saarbrücken verzichtet auf eigene Leitlinien. Sie folgen alle einer einheitlichen, 2003 geschaffenen Gliederung. Die inhaltlichen Unterschiede sind sehr gering;44Vgl. die Übersichten bei Höbbel in Dutta/Guhling/Klinkhammer (Hrsg.), Festschrift Hans-Joachim Dose, 2022, 271 (274 f.); Höbbel, FamRZ 2017, 854 ff. sie beruhen teilweise schlicht darauf, dass trotz einer jährlichen Überprüfung die eine oder andere „liebgewordene“ Tradition unnötigerweise weiter „mitgeschleppt“ wird oder etwas übersehen wurde. Zwischen den Leitlinien der west- und der ostdeutschen Oberlandesgerichte einschließlich des Kammergerichts bestehen ebenfalls keine markanten Diskrepanzen.45Vgl. Höbbel in Dutta/Guhling/Klinkhammer (Hrsg.), Festschrift Hans- Joachim Dose, 2022, 271 (276).

Schon sehr früh entstand deshalb der Wunsch, diese Vielfalt etwas zu kanalisieren und für mehrere Oberlandesgerichte gemeinsame Leitlinien zu schaffen. Der erste Versuch wurde bereits 1978 von den drei nordrheinwestfälischen Oberlandesgerichten unternommen; er misslang.46Vgl. Höbbel in Dutta/Guhling/Klinkhammer (Hrsg.), Festschrift Hans- Joachim Dose, 2022, 271 (273). Zwanzig Jahre später, 1998, einigten sich die drei bayerischen Oberlandesgerichte Bamberg, München und Nürnberg auf gemeinsame Leitlinien. 2022 schlossen sich dem die Oberlandesgerichte Karlsruhe, Stuttgart und Zweibrücken an und die bayerischen Leitlinien gingen in den Süddeutschen Leitlinien auf.47Vgl. Menne, NJW 2021, 497 (497 f.). In der früheren DDR erarbeitete das Oberste Gericht eine Unterhaltsrichtlinie.48Vgl. Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts über die Bemessung des Unterhalts für Kinder – Unterhaltsrichtlinie – vom 16. Januar 1986. Die Hoffnung, die neu geschaffenen fünf ostdeutschen Oberlandesgerichte würden sich auf gemeinsame ostdeutsche Leitlinien einigen,49Vgl. Vossenkämper, FuR 1995, 43 (46). haben sich rasch zerschlagen. 1994 veröffentlichte zunächst das Oberlandesgericht Brandenburg seine Leitlinien,50Vgl. FamRZ 1994, 1513 ff. dem nach und nach die weiteren ostdeutschen Oberlandesgerichte folgten.

2. Jüngste Entwicklungen

Die verkrustete Situation ist in den letzten Jahren erfreulicherweise in Bewegung geraten.51Vgl. bereits die Darstellung im letztjährigen Bericht: Menne, BerlAnwBl 2024, 68 (71).

a) Nordrhein-Westfalen

Im Verlauf des vergangenen Jahres haben sich die drei nordrhein-westfälischen Oberlandesgerichte Düsseldorf, Hamm und Köln entschlossen, ihre jeweiligen Leitlinien zu gemeinsamen unterhaltsrechtlichen Leitlinien Nordrhein-Westfalen zu vereinheitlichen, die Mitte Dezember 2024 bekanntgegeben wurden.52Vgl. https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/behoerde/presse/Presse_ aktuell/20241211_PM_Leitlinien-Duesseldorfer-Tabelle-2025/index.php oder https://www.olg-hamm.nrw.de/infos/Leitlinien-NRW/index.php und https://www.olg-koeln.nrw.de/infos/005_unterhaltsleitlinien/index.php (zuletzt abgerufen im Januar 2025). Die drei nordrhein- westfälischen Obergerichte sind damit einem aus der Rechtspraxis wiederholt geäußerten, vom Deutschen Familiengerichtstag unterstützten Wunsch gefolgt, ihre jeweiligen Leitlinien zu bündeln und zu vereinheitlichen. In mehreren Arbeitssitzungen wurden die drei bisherigen Leitlinien-Werke zusammengeführt, umfassend überarbeitet, bestehende Abweichungen aufgelöst und eine neue, den heutigen Anforderungen gerecht werdende, moderne gemeinsame unterhaltsrechtliche Leitlinie verfasst. Die neue Leitlinie fällt umfangreicher aus als beispielsweise die Süddeutschen Leitlinien. Die in der heutigen Unterhaltspraxis bestehenden „Problemfälle“ wie beispielsweise der Kindesunterhalt im paritätischen Wechselmodell (LL NRW 2025 Nr. 12.3, 2. Absatz), bedarfsmindernde Aufwendungen beim erweiterten Umgang (LL NRW 2025 Nr. 12.5), Unterhaltsbegrenzung nach § 1578b BGB (LL NRW 2025 Nr. 15.7) oder die Anpassung des Selbstbehalts bei besonders hohen, nicht unangemessenen Wohnkosten sowie die Verteilung der Wohnkosten auf mehrere Nutzer (LL NRW 2025 Nr. 21.5, 1. Absatz, 2. Absatz) werden gezielt angesprochen und unterstützen den Unterhaltspraktiker wirkungsvoll, im Einzelfall eine angemessene Lösung zu erreichen.

b) Niedersachsen

Mit den neuen Leitlinien NRW führen die drei nordrhein- westfälischen Obergerichte die Entwicklung an und haben die drei niedersächsischen Oberlandesgerichte Braunschweig, Celle und Oldenburg „überholt“: Denn die in Niedersachsen bereits seit Längerem bestehenden Bestrebungen, die Leitlinien der drei niedersächsischen Obergerichte zu einer gemeinsamen, einheitlichen unterhaltsrechtlichen Leitlinie Niedersachsen zusammenzuführen,53Vgl. Höbbel in Dutta/Guhling/Klinkhammer (Hrsg.), Festschrift Hans-Joachim Dose (2022), 271 (278); Menne, FF 2024, 8 (14). dauern unverändert an. Ein Zeitpunkt, ab wann neue, vereinheitlichte niedersächsische Leitlinien gelten werden, steht bislang noch nicht fest.

c) Ostdeutschland

Ähnliche Bestrebungen, die jeweiligen unterhaltsrechtlichen Leitlinien stärker aneinander anzupassen und gemeinsame Unterhaltsleitlinien zu schaffen, bestehen auch bei den fünf ostdeutschen Oberlandesgerichten sowie beim Kammergericht. Die Gespräche stehen indessen noch ganz am Anfang und es ist auch noch nicht endgültig geklärt, ob sich alle sechs ostdeutschen Obergerichte gemeinsamen ostdeutschen Leitlinien anschließen werden.

IV. DÜSSELDORFER TABELLE 2025

1. Das Tabellenwerk

Anders als in den Jahren zuvor, in denen sprunghaft gestiegene Preise einen starken Anstieg bei den Unterhaltsbedarfs- und den Selbstbehaltssätzen nach sich gezogen haben, gibt es im Zahlenwerk der Düsseldorfer Tabelle 2025 allenfalls geringfügige Anpassungen.

a) Unterhaltsbedarfssätze

Der Kindesunterhalt steigt nur minimal. Grund dafür ist der 15. Existenzminimumbericht, der alle zwei Jahre von der Bundesregierung vorgelegt wird und der u. a. die Grundlagen für das steuerfrei zu stellende Existenzminimum und die Bemessung der sozialrechtliche Regelbedarfe bildet.54Vgl. 15. Existenzminimumbericht vom 25. Oktober 2024, Bundestags- Drucks. 20/13550. Dem Bericht zufolge beträgt das sächliche Existenzminimum eines Kindes für das Jahr 2025 6648 Euro. Dieser Wert, auf den Monatsbetrag von 554 Euro heruntergebrochen, bildet die Basis, auf der die Mindestunterhaltsverordnung beruht, die wiederum die Grundlage für die Unterhaltsbedarfsbeträge der Düsseldorfer Tabelle bildet.55Vgl. ausführlich zu den dogmatischen Grundlagen der Mindestunterhaltsverordnung Menne, NZFam 2016, 97 (98 f.). Die aktuelle Mindestunterhaltsverordnung vom 15. No vember 202456Vgl. Siebte Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 15. November 2024, BGBl. 2024 I Nr. 359 vom 21. November 2024. bringt eine Erhöhung des Mindestunterhalts in der ersten Altersstufe der Tabelle um zwei Euro auf neu 482 Euro/Monat, in der zweiten Altersstufe um drei Euro auf 554 Euro/Monat und in der dritten Altersstufe um vier Euro auf einen Tabellenunterhaltsbetrag von 649 Euro monatlich. Für die vierte Altersstufe der Tabelle enthält das Gesetz (§ 1612a Abs. 1 Satz 3 BGB) keine Vorgabe. Deren Wert wird vielmehr aus dem „Basiswert“ der Tabelle, dem Mindestunterhaltsbetrag der zweiten Altersstufe der ersten Gruppe (= 554 Euro) abgeleitet:57Vgl. zur Herleitung Seiler, FamRZ 2023, 329 (332 f.); Menne, FF 2024, 8 (12 Fn. 40) und ausführlich zum Streit über die korrekte Höhe des Betrages Menne, BerlAnwBl. 2023, 125 (129 unter (iii)). 125 Prozent dieses Betrages, auf volle Euro aufgerundet (§ 1612a Abs. 2 Satz 2 BGB), ergeben den Tabellenunterhalt der vierten Altersstufe (= 693 Euro/Monat).58Eine Übersicht, welche einzelnen Bedarfspositionen der Mindestunterhalt abdeckt und welches Gewicht ihnen jeweils zukommt, findet sich bei Schürmann, FamRB 2025, 26 (27).

Der Studierendenbedarf wurde etwas angehoben: Aufgrund der alle zwei Jahre durchzuführenden Überprüfung der Angemessenheit der BAföG-Bedarfssätze (§ 35 BAföG) wurden die Fördersätze zum Wintersemester 2024/2025 um etwa fünf Prozent erhöht.59Vgl. 29. Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 19. Juli 2024, BGBl. 2024.I Nr. 249 und dazu die Pressemitteilung der Bundesregierung vom 14. Oktober 2024 unter https://www.bundesregierung. de/breg-de/bundesregierung/gesetzesvorhaben/bafoeg-reform- 2024-2257882 (zuletzt abgerufen im Januar 2025). Da der Studierendenbedarf nach Anmerkung A IV der Düsseldorfer Tabelle (bzw. Nr. 13.1.2 der Leitlinien) hieran unmittelbar anknüpft, wurde der entsprechende Bedarfssatz um 60 Euro monatlich angehoben und beträgt ab Januar 2025 990 Euro bei einem (nur in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen) Wohnkostenansatz von 440 Euro/Monat.60Vgl. dazu bereits näher oben, unter II.4.

b) Selbstbedarfssätze

Mit Ausnahme des Selbstbehalts beim Elternunterhalt61Vgl. dazu bereits näher oben, unter II.5. gibt es bei den Selbstbehaltssätzen der Düsseldorfer Tabelle 2025 keine Veränderungen. Denn das Bürgergeld, dessen Höhe ein ganz wesentlicher Parameter für die Ermittlung der Selbstbedarfssätze darstellt,62Vgl. ausführlich zu den „Bausteinen“, aus denen die Selbstbehaltssätze zusammengesetzt sind, Menne, BerlAnwBl.2023, 125 (130); Menne, NZFam 2016, 97 (99 f.) und zu den Wohnkosten im Selbstbehalt DIJuF-Rechtsgutachten v. 29.10.2024, JAmt 2024, 645 f. wurde für das Jahr 2025 nicht erhöht, sondern die Regelbedarfssätze des Jahres 2024 gelten unverändert fort.63Vgl. die Pressemitteilung der Bundesregierung vom 21. Oktober 2024 unter https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/buergergeld- 2025-2248000 (zuletzt abgerufen im Dezember 2024). Danach soll das Bürgergeld 2025 rechnerisch sogar zu hoch sein, weil sich die zunächst bestehende, hohe Inflation im Jahr 2024 nicht so stark fortgesetzt haben soll wie ursprünglich angenommen. Nach § 28a Abs. 5 SGB XII gelten deshalb trotz der eingetretenen, rechnerischen Absenkung des Bedarfs die Beträge des Vorjahres unverändert fort (vgl. § 1 Abs. 2 Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2025 vom 18. Oktober 2024, BGBl. 2024.I. Nr. 312). Damit gab es keine Veranlassung, die Selbstbehaltssätze, die im Jahr 2024 bereits zum zweiten Mal in Folge stark erhöht wurden,64In 2023 wurden die Selbstbehaltssätze zwischen ca. + 16,6 Prozent und + 18,1 Prozent erhöht (vgl. Menne, FF 2023, 12 (17)) und in 2024 nochmals zwischen ca. + 5,8 Prozent und + 7,1 Prozent (vgl. Menne, FF 2024, 8 (13), sowie Menne, BerlAnwBl 2024, 68 (74); Rake, FamRZ 2024, 165 (166 f.)). neuerlich anzupassen.

c) Kindergeld

Bei der Beschlussfassung über die Düsseldorfer Tabelle 2025 und die unterhaltsrechtlichen Leitlinien 2025 hat sich das Kindergeld zu einem echten „Krimi“ verdichtet.

Nachdem kurz vor dem Ende der letzten Legislaturperiode die regierende Ampelkoalition Anfang November 2024 auseinandergebrochen ist, war lange unklar, ob das bereits im Sommer 2024 in den Deutschen Bundestag eingebrachte Steuerfortentwicklungsgesetz,65Steuerfortentwicklungsgesetz vom 16. August 2024, BR-Drucks. 373/14 und BT-Drucks. 20/12778 v. 9.9.2024. in dem die Kindergelderhöhung enthalten war, von der „Rest- Ampel“ überhaupt noch durch den Bundestag und die Länderkammer gebracht werden kann. Am 19. Dezember 2024, in der letzten Sitzungswoche des Jahres, hat der Deutsche Bundestag dem Gesetz völlig überraschend in dritter Lesung zugestimmt.66Vgl. BT-Plenarprotokoll 20/207, 26802 B. Tags darauf passierte die Erhöhung den Bundesrat,67Vgl. BR-Plenarprotokoll 1050, 479. so dass das Gesetz kurz vor dem Jahreswechsel im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und damit in Kraft treten konnte.68Steuerfortentwicklungsgesetz vom 23. Dezember 2024, BGBl. 2024 I Nr. 449 vom 30. Dezember 2024 (Art. 1 Nr. 4 betreffend § 66 Abs. 1 EStG; Art. 5 Nr. 1 betreffend § 6 Abs. 1 BKGG).

Damit gilt seit dem 1. Januar 2025 ein Kindergeldsatz in Höhe von 255 Euro je Kind und Monat. Das hat zur Folge, dass der Unterhaltszahlbetrag sich (bei minderjährigen Kindern) um 2,50 Euro – den halben Erhöhungsbetrag – vermindert; auch enden die neuen Unterhaltszahlbeträge nunmehr auf die in der Praxis äußerst ungeliebten „krummen“ Unterhaltszahlbeträge von 0,50 Euro.69Dem ist durch die analoge Anwendung von § 1612a Abs. 2 Satz 2 BGB bzw. eine konsequente Anwendung der Rundungsregel nach LL Nr. 25 vorzubeugen; vgl. ausdrücklich Niepmann/Kerscher, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts (15. Aufl. 2023), Rn. 139; van Els, FamRZ 1986, 960 f. sowie auch Wendl/Dose-Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis (10. Aufl. 2019), § 2 Rn. 415.

Beim Unterhaltsvorschuss führt die Kindergelderhöhung dazu, dass die Zahlbeträge des Jahres 2025 hinter den UVG-Sätzen des Jahres 2024 zurückbleiben; sie betragen entsprechend dem Alter des Kindes 227 Euro/Monat (in 2024: 230 Euro); 299 Euro (in 2024: 301 Euro) und 394 Euro (in 2024: 395 Euro). Grund dafür ist, dass das Kindergeld auf den Unterhaltsvorschuss nach § 2 Abs. 2 UVG in voller Höhe angerechnet wird, so dass es, nachdem der Grundbetrag unverändert bleibt, das Kindergeld aber um 5 Euro steigt, zu einem Absinken der Zahlbeträge kommt.

2. Die Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle

a) Allgemeines

Die markanteste, offensichtliche Veränderung der diesjährigen Düsseldorfer Tabelle ist die teilweise Neufassung und redaktionelle Überarbeitung der Anmerkung A, die nunmehr die Überschrift „Kindesunterhalt“ trägt und – im Einklang mit den drei weiteren, ebenfalls mit Überschriften versehenen Anmerkungen B, C und D – durch römische Ziffern untergliedert wird. Es handelt sich um eine Art von „Generalüberholung“: Unmittelbarer Anlass dafür war die Schaffung der neuen Leitlinien NRW.70Vgl. dazu bereits näher oben, unter III.2a. Dies gab Anlass, die seit Langem bestehenden inhaltlichen Überschneidungen und Doppelungen zwischen den Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle und den einzelnen obergerichtlichen Unterhaltsleitlinien zu beseitigen.

b) Abgrenzung Anmerkungen zur Tabelle/Leitlinien

Ab 2025 wird die Düsseldorfer Tabelle im Wesentlichen nur noch die Unterhaltsbedarfssätze und die Selbstbehalte ausweisen, wohingegen Fragen der Unterhaltsbemessung den jeweiligen Leitlinien der Oberlandesgerichte vorbehalten bleiben. Diese verweisen – wie etwa LL KG Nr. 11 – teilweise ausdrücklich auf das Zahlenwerk der Düsseldorfer Tabelle zum Kindesunterhalt. Die in der Düsseldorfer Tabelle 2024 noch enthaltenen Anmerkungen A 3 (bislang: berücksichtigungsfähige Schulden) und A 8 (bislang: Ausbildungsvergütung des unterhaltsberechtigten Kindes) konnten ersatzlos gestrichen werden, weil der Regelungsgehalt mit den Bestimmungen in den Nr. 10.2, 10.2.3 und 10.4 der einzelnen Leitlinien im Kern deckungsgleich ist.

c) Schärfung von Anmerkung A VII

Die neue Anmerkung A VII – bislang Anmerkung A 5 (notwendiger Selbstbehalt) – wurde inhaltlich weiter geschärft und im letzten Absatz die Wortfolge „auf den Unterhaltspflichtigen entfallenden Wohnkosten“ eingefügt. Damit soll noch deutlicher zum Ausdruck gebracht werden, dass die Wohnkostenansätze im Selbstbehalt erst dann zu erhöhen sind, wenn der konkret auf den Unterhaltspflichtigen entfallende Anteil an den Wohnkosten den dafür vorgesehenen Ansatz übersteigt: Dass die Gesamtwohnkosten in Fällen, in denen die Wohnung von mehreren Personen genutzt wird, auf die einzelnen Nutzer umzulegen sind, liegt auf der Hand und ist allgemein anerkannt.71Vgl. u. a. Grüneberg/von Pückler, BGB, 84. Aufl. 2025, § 1603 Rn. 20; Kintzel in Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein (Hrsg.), Handbuch Familienrecht, 12. Aufl. 2021, Kap. 6 Rn. 825; Gerhardt in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 1 Rn. 469; Bömelburg, FF 2021, 117 (120), sowie DIJuF-Rechtsgutachten v. 29.10.2024, JAmt 2024, 645 f. und für das Sozialrecht Schürmann, Sozialrecht für die familienrechtliche Praxis, 2. Aufl. 2022, Rn. 1112. Der Bundesgerichtshof hat es gebilligt,72Vgl. BGH v. 28.10.2020 – XII ZB 512/19, FamRZ 2021, 181, Rz. 17; v. 9.3.2016 – XII ZB 693/14, BGHZ 209, 243 = FamRZ 2016, 887, Rz. 19, sowie ergänzend auch BGH v. 29.9.2021 – XII ZB 474/20, FamRZ 2021, 1965, Rz. 13, 33, sowie speziell zur Frage des Einflusses eines mietfreien Wohnens auf den Kindesunterhalt BGH v. 18.5.2022 – XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366, Rz. 36, 38.wenn der Wohnkostenanteil, der auf ein Kind entfällt, mit 20 Prozent seines Barunterhaltsanspruchs73In methodischer Hinsicht erscheint das Abstellen auf einen Prozentsatz des jeweiligen Kindesunterhalts zweifelhaft, weil damit der Anteil des Unterhalts, der auf die Wohnkosten entfällt, kontinuierlich ansteigt, je älter das Kind wird (bzw. sobald es in die nächste Altersstufe aufrückt), obwohl die Wohnkosten – von Mietsteigerungen abgesehen – eher stabil bleiben. Vgl. zur Problematik ausführlich Schürmann, FamRB 2025, 26 (27 f.)angesetzt und vorab abgezogen wird; die verbleibenden Wohnkosten werden sodann unter den Erwachsenen, die die Wohnung gemeinsam nutzen, gleichmäßig nach Kopfteilen verteilt. Dementsprechend sieht Nr. 21.5 der Leitlinien einiger Oberlandesgerichte74Bei Redaktionsschluss dieses Heftes galt das u. a. nach Nr. 21.5.2 der Süddeutschen Leitlinien 2025 oder Nr. 21.5, 2. Absatz der Leitlinien Nordrhein-Westfalen 2025. ausdrücklich vor, dass in Fällen, in denen die Wohnung von mehreren Personen genutzt wird, der Anteil an den Wohnkosten festzustellen ist, der auf den Unterhaltspflichtigen entfällt. Bei Erwachsenen soll die Aufteilung in der Regel nach Köpfen erfolgen. Kinder sind vorab mit einem Anteil von 20 Prozent ihres Anspruchs auf Barunterhalt zu berücksichtigen: Hieran knüpft der letzte Absatz der neugefassten Anmerkung A VII an.

d) Weitere Änderungen

Die bisherige Anmerkung E: Übergangsregelung wird komplett gestrichen. Sie enthielt die aufgrund der Umstellung des Kindesunterhalts auf das mit der Unterhaltsrechtsreform 2008 eingeführte System des Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 BGB erforderlich gewordenen Hinweise zur Umrechnung bisheriger, dynamischer (Alt-)Titel zum Kindesunterhalt nach § 36 Nr. 3 EGZPO auf das neue, ab 2008 geltende Recht.75Vgl. dazu ausführlich Menne in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess, 7. Aufl. 2021, Kap. 1 Rn. 2175 ff. Nachdem die letzte Unterhaltsrechtsreform nunmehr 17 Jahre zurückliegt, ist davon auszugehen, dass die Regelung künftig entbehrlich sein wird bzw. dass ggf. problemlos auf eine ältere, die Anmerkung noch enthaltende Fassungen der Düsseldorfer Tabelle zurückgegriffen werden kann.

Dagegen findet sich in den Überschriften der Anmerkungen D II und D III sprachliche Präzisierungen ohne inhaltliche Auswirkung: Anstatt „Mutter und Vater“ heißt es dort nunmehr „Mutter oder Vater“. Im ersten Absatz der Anmerkung A VII, 1. Spiegelstrich ist ein „Schönheitsfehler“ zurückgeblieben: Nachdem das Ehemündigkeitsalter seit 2017 dem Volljährigkeitsalter (§ 2 BGB) entspricht,76Durch das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17. Juli 2017 (BGBl. 2017.I.2429) wurde die bis dahin bestehende Möglichkeit, dass Jugendliche ab 16 Jahre mit Genehmigung des Familiengerichts die Ehe eingehen konnten, ersatzlos gestrichen, so dass es minderjährige verheiratete Kinder im Inland nicht mehr geben kann. sind alle minderjährigen Kinder „unverheiratet“, so dass dieser Zusatz überflüssig ist.

V. AUSBLICK

Nachdem sich die Hoffnungen auf eine alsbaldige Reform des (Kindes-)Unterhaltsrechts vorläufig zerschlagen haben, sind die vielfältigen Probleme, die sich heute im Unterhaltsrecht stellen, von der Unterhaltspraxis mit „Bordmitteln“ zu bewältigen – mit dem geltenden Recht und den dort niedergelegten Grundaussagen und Generalklauseln. Sie sind unter Zuhilfenahme der Düsseldorfer Tabelle und der Leitlinien mit dem Ziel zu konkretisieren, den notwendigen Entscheidungsspielraum zu schaffen, um im Unterhaltsrecht angemessen auf gesellschaftliche Veränderungen und gewandelte Wertvorstellungen reagieren zu können.77So zutreffend bereits Schürmann, FamRB 2025, 26 (33).

Nachtrag: Nach Redaktionsschluss der Print-Ausgabe hat das Oberlandesgericht Saarbrücken bekanntgegeben, dass die Familiensenate des Saarlandes künftig die neuen Leitlinien Nordrhein-Westfalen anwenden werden. Damit orientiert sich nunmehr auch das Oberlandesgericht Saarbrücken in seiner Rechtsprechung an unterhaltsrechtlichen Leitlinien. Vgl. Aktuelle Meldungen – Pressemitteilung vom 07.01.2025: Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Senate für Familiensachen bei dem Saarländischen Oberlandesgericht (Stand 1. Januar 2025) – saarland.de

Heft 03 | 2025 | 74. Jahrgang

  • 1
    Vgl. Allgemeine Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 15. Juni 2006, BT-Drucks. 16/1830, 13 = Menne/Grundmann, Das neue Unterhaltsrecht, 2008, 38.
  • 2
    Nachdem die bisherige Ampelkoalition, die in der 20. Legislaturperiode die Bundesregierung gestellt hat, Anfang November 2024 auseinandergebrochen ist und für Februar 2025 Neuwahlen angesetzt wurden, war endgültig klar, dass die erst im August 2023 durch ein Eckpunktepapier bekanntgemachten Pläne für eine Unterhaltsrechtsreform vorläufig gescheitert sind.
  • 3
    Vgl. zuletzt etwa BGH v. 20.9.2023 – XII ZB 177/22, FamRZ 2024, 32, Rz. 19.
  • 4
    Vgl. allgemein zu den Leitlinien Menne, NJW 2021, 497 ff.
  • 5
    Vgl. bereits Menne, BerlAnwBl 2024, 68 (68).
  • 6
    Vgl. grundlegend bereits BGH v. 27.4.1983 – IVb ZR 372/81, FamRZ 1983, 678, Rz. 9; KG v. 16.5.1978 – 17 UF 745/78, FamRZ 1978, 413, Rz. 33, sowie u. a. Maaß in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess, 7. Aufl. 2021, Kap. 2 Rn. 43; Gerhardt in Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch Familienrecht, 12. Aufl. 2021, Kap. 6 Rn. 11 ff.
  • 7
    An der Konferenz im November 2024 haben Vertreter von 23 der insgesamt 24 deutschen Oberlandesgerichte teilgenommen. Nicht vertreten war das Oberlandesgericht Saarbrücken, das auf eigene unterhaltsrechtliche Leitlinien verzichtet und sich in seiner Rechtsprechung unmittelbar an der Düsseldorfer Tabelle und deren Anmerkungen orientiert; vgl. näher Menne, NJW 2021, 497 (497).
  • 8
    Familiensachen werden vom 3., 13., 15., 16., 17, 18. und vom 19. Senat des Kammergerichts bearbeitet.
  • 9
    Vgl. u. a. BGH v. 18.5.2022 – XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366, Rz. 50 f.; v. 16.9.2020 – XII ZB 499/19, BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28, Rz. 14; v. 15.2.2017 – XII ZB 201/16, FamRZ 2017, 711, Rz. 14, sowie den Überblick zu den Auswirkungen und Folgen dieser Rechtsprechung bei Grüneberg/von Pückler, BGB, 84. Aufl. 2025, § 1606 Rn. 13, 10, § 1601 Rn. 13.
  • 10
    Kritisch u. a. Kleffmann/Kleffmann, FuR 2025, 25 (33); Bruske, FamRZ 2024, 1838 ff.; Bruske, FamRZ 2023, 339 f.; Duderstadt, FamRZ 2022, 1755 ff.; Götz/Seiler, FamRZ 2022, 1338 ff.; Schürmann, FF 2022, 363 ff.; Schwamb, FamRB 2022, 342 (344); Kintzel in Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein (Hrsg.), Handbuch Familienrecht, 12. Aufl. 2021. Kap. 6 Rn. 675 [Text und Fn. 2776]; Maaß, FamRZ 2017, 713 f. Dem BGH folgend u. a. Lies-Benachib, FamRZ 2024, 1913 (1915 f.); Lies- Benachib, FamRZ 2024, 1669 ff.; Lies-Benachib, FamRZ 2023, 9 ff.; Viefhues, FuR 2023, 166 ff.; Gutdeutsch, FamRZ 2022, 1755 f.; Borth, FamRZ 2022, 1758 f.
  • 11
    Vgl. OLG Bamberg v. 6.6.2024 – 2 UF 222/23, NJW 2024, 2330, Rz. 39, und zuvor bereits OLG Oldenburg v. 16.5.2023 – 3 UF 32/23, FamRZ 2023, 1371, Rz. 9 ff. m. krit. Anm. Menne, NJW 2023, 2791 f.
  • 12
    Vgl. unter https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/ DE/2023_Unterhaltsrecht.html (zuletzt abgerufen im Januar 2025).
  • 13
    Vgl. den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Familienrechts der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 17. Dezember 2024, BT-Drucks. 20/14263.
  • 14
    Vgl. Anordnung des Bundespräsidenten gemäß Art. 68 GG über die Auflösung des 20. Deutschen Bundestages vom 27. Dezember 2024, BGBl. 2024. I Nr. 434.
  • 15
    Vgl. zuletzt Menne, BerlAnwBl 2024, 68 ff.
  • 16
    Vgl. zur Düsseldorfer Tabelle 2025 bereits ausführlich Schürmann, FamRB 2025, 26 ff.; Menne, FF 2025, 27 ff. sowie das Editorial von Haußleiter, NJW Heft 52/2024 vom 19.12.2024: Reform nein, Tabelle ja? („Es kann nicht sein, dass die einzige verlässliche Modernisierung im Familienrecht die jährliche Anpassung der Düsseldorfer Tabelle bleibt“).
  • 17
    Vgl. Menne, BerlAnwBl 2024, 68 (69).
  • 18
    Vgl. nur Grüneberg/von Pückler, BGB, 84. Aufl. 2025, § 1610a Rn. 2; Henjes in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess, 7. Aufl. 2021, Kap. 4 Rn. 590 f.
  • 19
    19 § 30 Abs. 5 Satz 1 SGB XII lautet: „Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf).“
  • 20
    Da § 30 Abs. 5 SGB XII den Umfang der Mehrleistung zum sozialhilferechtlichen Regelsatz nicht gesetzlich vorgibt, greift die sozialhilferechtliche Praxis auf eine Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zurück, in welcher nach Krankheiten differenziert pauschale Kostenzulagen vorgeschlagen werden; vgl. näher Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, Loseblatt, Stand November 2024, § 30 SGB XII Rn. 1, 25, 26.
  • 21
    Vgl. dazu näher OLG Köln v. 4.12.2007 – 4 WF 189/07, FamRZ 2008, 1276, Rz. 6; OLG Hamm v. 5.6.1991 – 12 UF 24/91, FamRZ 1991, 1198, Rz. 31 ff., sowie Kalthoener, NJW 1991, 1037.
  • 22
    Vgl. zu der zugrundeliegenden Problematik ausführlich Menne, BerlAnwBl 2023, 125 (127 f.).
  • 23
    Vgl. u. a. BGH v. 20.9.2023 – XII ZB 177/22, FamRZ 2024, 32, Rz. 19; v. 8.5.2022 – XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366, Rz. 50 f.; v. 16.9.2020 – XII ZB 499/19, BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28, Rz. 14; v. 11.1.2017 – XII ZB 565/15, BGHZ 213, 254 = FamRZ 2017, 437, Rz. 24 f.
  • 24
    Vgl. ausführlich Menne, BerlAnwBl 2024. 68 (69); Menne, BerlAnwBl. 2023, 125 (127 f.).
  • 25
    Vgl. Süddt. LL 2025 Nr. 12.1 sowie Leitlinien NRW 2025 Nr. 12.1 und Frankfurter Unterhaltsgrundsätze 2025 Nr. 12.1 (dort aber auch Nr. 12.3).
  • 26
    Vgl. Gerhardt in Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch Familienrecht, 12. Aufl. 2021, Kap. 6 Rn. 14; Menne, NJW 2021, 497 (497).
  • 27
    Die vom umgangsberechtigten Elternteil zu tragenden Verpflegungskosten werden leicht unterschätzt: Bei einem „üblichen“ Umgangsrhythmus mit drei Ferienwochen entspricht die Aufenthaltsdauer des Kindes im Haushalt des umgangsberechtigten Elternteils über das Jahr gesehen etwa 20 Prozent: vgl. Schürmann, FamRZ 2014, 921 (922 Text und Fn. 8), sowie Born, FPR 2008, 88 (90) mit dem Hinweis auf den „gesunden Appetit“ von Kindern. Das OLG Düsseldorf hat bereits im Jahr 2015, in einer etwas älteren Entscheidung (Beschluss vom 18.5.2015 – 7 UF 10/15, FamRZ 2016, 142, Rz. 90 ff.), die Kosten für die Beköstigung des Kindes, die der überwiegend betreuende Elternteil bei einem erweiterten Umgang des anderen Elternteils von ca. 12 Tagen/Monat erspart, auf 30 €/Monat geschätzt.
  • 28
    Vgl. § 1615g Abs. 1 DiskE sowie die Einzelerläuterung zu § 1615g im Diskussionsentwurf S. 48 f.: Der Entwurf pauschalisiert den bei einem asymmetrischen Wechselmodell durch Naturalleistungen im Haushalt des mitbetreuenden Elternteils gedeckten Unterhaltsbedarf des Kindes mit 15 Prozent seines Lebensbedarfs. S. auch Viefhues, FuR 2025, 2 (4 f.); Lies-Benachib, FamRZ 2024, 1913 (1914); Borth, FamRZ 2023, 1833 (1835).
  • 29
    Vgl. BGH v. 5.11.2014 – XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236 (Rn. 22); v. 12.3.2014 – XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917, Rn. 38 f., sowie ergänzend auch v. 11.1.2017 – XII ZB 565/15, BGHZ 213, 254 = FamRZ 2017, 437, Rz. 21 f.
  • 30
    Vgl. Schürmann, FamRB 2025, 26 (33), und bereits Schürmann, FF 2022, 363 (367: „Dies erfordert lediglich die Bereitschaft, die Düsseldorfer Tabelle und die sie ergänzenden Leitlinien nicht als ein unverrückbares Gerüst zu behandeln, sondern als das zu betrachten, was sie sein sollen: Hilfsmittel zur Rechtsanwendung, die flexibel gehandhabt sich jederzeit in der widerspenstigen Realität bewähren können“).
  • 31
    Vgl. Süddt. LL 2025 Nr. 12.5; LL NRW 2025 Nr. 12.5; Frankfurter Unterhaltsgrundsätze 2025 Nr. 12.5.
  • 32
    Seit dem Wintersemester 2022/2023 betrug die BAföG-Grundförderung 812 Euro einschließlich Wohnkosten von 360 Euro. Mit dem Wintersemester 2024/2025 wurde sie auf 855 Euro einschließlich Wohnkosten vom 380 Euro angehoben, so dass sich rechnerisch ein Studierendenbedarf nach der Düsseldorfer Tabelle von 983,25 Euro (115 Prozent von 855 Euro) ergibt, der auf 990 Euro geglättet wurde.
  • 33
    Einer aktuellen Untersuchung der Studierendenwerke zufolge liegen die durchschnittlichen Wohnkosten von Studierenden im Durchschnitt inzwischen oberhalb des Ansatzes im BAföG von 380 Euro; vgl. die Pressemitteilung der Studierendenwerke vom 20. März 2024 unter https://www. studierendenwerke.de/beitrag/mietkosten-fuer-studierende-eine-neueform- der-sozialen-auslese (zuletzt abgerufen im Januar 2025).
  • 34
    Vgl. zur Einführung des „Premiumsegments“ der Düsseldorfer Tabelle Schürmann, FamRB 2022, 33 (34).
  • 35
    Vgl. OLG Düsseldorf v. 4.12.2023 – 3 UF 78/23, FamRZ 2024, 944 = NZFam 2024, 610 (Langeheine); OLG München v. 6.3.2024 – 2 UF 1201/23, FamRZ 2024, 940 m. Anm. Schürmann = NZFam 2024, 562 (Maaß) = JAmt 2024, 364 (Birnstengel); OLG Hamm v. 24.10.2024 – 2 UF 12/24, NZFam 2024, 1125 (Christl).
  • 36
    Vgl. BGH v. 23.10.2024 – XII ZB 6/24, BeckRS 2024, 33792 = juris. Bei Re daktionsschluss dieses Heftes war ein Abdruck vorgesehen für FamRZ 2025, Heft 3.
  • 37
    Vgl. OLG Düsseldorf v. 4.12.2023 – 3 UF 78/23, FamRZ 2024, 944.
  • 38
    Vgl. BGH v. 23.10.2024 – XII ZB 6/24, BeckRS 2024, 33792 = juris, Rz. 27 ff., 35, 40 f., 43, 48.
  • 39
    Gesetz zur Entlastung unterhaltspflichtiger Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe vom 10. Dezember 2019, BGBl. 2019.I.2135.
  • 40
    Der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gegenüber Unterhaltsansprüchen der Eltern betrug seinerzeit 2000 Euro einschließlich einer Warmmiete von 700 Euro zuzüglich der Hälfte des darüberhinausgehenden Einkommens.
  • 41
    Die Leitlinien 2024 der Oberlandesgerichte Braunschweig, Dresden, Koblenz, Rostock und Schleswig sahen in Nr. 21.3.3 einen festen Selbstbehaltssatz von 2650 Euro zuzüglich der Hälfte des darüberhinausgehenden Einkommens des unterhaltspflichtigen Kindes aus. Die Oberlandesgerichte Celle, Frankfurt/M. und Köln sowie die Süddeutschen Leitlinien 2024 weisen zwar keinen bezifferten Selbstbehalt für den Elternunterhalt aus, wohl aber einen ziffernmäßig bestimmten Selbstbehalt für den Unterhalt von Großeltern gegenüber ihren Enkeln (LL 2024 Nr. 21.3.4), der dem Selbstbehalt beim Elternunterhalt entspricht (vgl. nur Maaß in Eschenbruch/ Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess, 7. Aufl. 2021, Kap. 2 Rn. 439).
  • 42
    Vgl. https://www.dfgt.de unter „Leitlinien der Oberlandesgerichte“.
  • 43
    Die Leitlinien des Kammergerichts sowie der Oberlandesgerichte Brandenburg, Braunschweig, Bremen, Celle, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt/ Main, Hamburg, Hamm, Jena, Koblenz, Köln, Naumburg, Oldenburg, Rostock und Schleswig. Die Süddeutschen Leitlinien gelten einheitlich für die Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken. Das Oberlandesgericht Saarbrücken verzichtet auf eigene Leitlinien.
  • 44
    Vgl. die Übersichten bei Höbbel in Dutta/Guhling/Klinkhammer (Hrsg.), Festschrift Hans-Joachim Dose, 2022, 271 (274 f.); Höbbel, FamRZ 2017, 854 ff.
  • 45
    Vgl. Höbbel in Dutta/Guhling/Klinkhammer (Hrsg.), Festschrift Hans- Joachim Dose, 2022, 271 (276).
  • 46
    Vgl. Höbbel in Dutta/Guhling/Klinkhammer (Hrsg.), Festschrift Hans- Joachim Dose, 2022, 271 (273).
  • 47
    Vgl. Menne, NJW 2021, 497 (497 f.).
  • 48
    Vgl. Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts über die Bemessung des Unterhalts für Kinder – Unterhaltsrichtlinie – vom 16. Januar 1986.
  • 49
    Vgl. Vossenkämper, FuR 1995, 43 (46).
  • 50
    Vgl. FamRZ 1994, 1513 ff.
  • 51
    Vgl. bereits die Darstellung im letztjährigen Bericht: Menne, BerlAnwBl 2024, 68 (71).
  • 52
    Vgl. https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/behoerde/presse/Presse_ aktuell/20241211_PM_Leitlinien-Duesseldorfer-Tabelle-2025/index.php oder https://www.olg-hamm.nrw.de/infos/Leitlinien-NRW/index.php und https://www.olg-koeln.nrw.de/infos/005_unterhaltsleitlinien/index.php (zuletzt abgerufen im Januar 2025).
  • 53
    Vgl. Höbbel in Dutta/Guhling/Klinkhammer (Hrsg.), Festschrift Hans-Joachim Dose (2022), 271 (278); Menne, FF 2024, 8 (14).
  • 54
    Vgl. 15. Existenzminimumbericht vom 25. Oktober 2024, Bundestags- Drucks. 20/13550.
  • 55
    Vgl. ausführlich zu den dogmatischen Grundlagen der Mindestunterhaltsverordnung Menne, NZFam 2016, 97 (98 f.).
  • 56
    Vgl. Siebte Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 15. November 2024, BGBl. 2024 I Nr. 359 vom 21. November 2024.
  • 57
    Vgl. zur Herleitung Seiler, FamRZ 2023, 329 (332 f.); Menne, FF 2024, 8 (12 Fn. 40) und ausführlich zum Streit über die korrekte Höhe des Betrages Menne, BerlAnwBl. 2023, 125 (129 unter (iii)).
  • 58
    Eine Übersicht, welche einzelnen Bedarfspositionen der Mindestunterhalt abdeckt und welches Gewicht ihnen jeweils zukommt, findet sich bei Schürmann, FamRB 2025, 26 (27).
  • 59
    Vgl. 29. Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 19. Juli 2024, BGBl. 2024.I Nr. 249 und dazu die Pressemitteilung der Bundesregierung vom 14. Oktober 2024 unter https://www.bundesregierung. de/breg-de/bundesregierung/gesetzesvorhaben/bafoeg-reform- 2024-2257882 (zuletzt abgerufen im Januar 2025).
  • 60
    Vgl. dazu bereits näher oben, unter II.4.
  • 61
    Vgl. dazu bereits näher oben, unter II.5.
  • 62
    Vgl. ausführlich zu den „Bausteinen“, aus denen die Selbstbehaltssätze zusammengesetzt sind, Menne, BerlAnwBl.2023, 125 (130); Menne, NZFam 2016, 97 (99 f.) und zu den Wohnkosten im Selbstbehalt DIJuF-Rechtsgutachten v. 29.10.2024, JAmt 2024, 645 f.
  • 63
    Vgl. die Pressemitteilung der Bundesregierung vom 21. Oktober 2024 unter https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/buergergeld- 2025-2248000 (zuletzt abgerufen im Dezember 2024). Danach soll das Bürgergeld 2025 rechnerisch sogar zu hoch sein, weil sich die zunächst bestehende, hohe Inflation im Jahr 2024 nicht so stark fortgesetzt haben soll wie ursprünglich angenommen. Nach § 28a Abs. 5 SGB XII gelten deshalb trotz der eingetretenen, rechnerischen Absenkung des Bedarfs die Beträge des Vorjahres unverändert fort (vgl. § 1 Abs. 2 Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2025 vom 18. Oktober 2024, BGBl. 2024.I. Nr. 312).
  • 64
    In 2023 wurden die Selbstbehaltssätze zwischen ca. + 16,6 Prozent und + 18,1 Prozent erhöht (vgl. Menne, FF 2023, 12 (17)) und in 2024 nochmals zwischen ca. + 5,8 Prozent und + 7,1 Prozent (vgl. Menne, FF 2024, 8 (13), sowie Menne, BerlAnwBl 2024, 68 (74); Rake, FamRZ 2024, 165 (166 f.)).
  • 65
    Steuerfortentwicklungsgesetz vom 16. August 2024, BR-Drucks. 373/14 und BT-Drucks. 20/12778 v. 9.9.2024.
  • 66
    Vgl. BT-Plenarprotokoll 20/207, 26802 B.
  • 67
    Vgl. BR-Plenarprotokoll 1050, 479.
  • 68
    Steuerfortentwicklungsgesetz vom 23. Dezember 2024, BGBl. 2024 I Nr. 449 vom 30. Dezember 2024 (Art. 1 Nr. 4 betreffend § 66 Abs. 1 EStG; Art. 5 Nr. 1 betreffend § 6 Abs. 1 BKGG).
  • 69
    Dem ist durch die analoge Anwendung von § 1612a Abs. 2 Satz 2 BGB bzw. eine konsequente Anwendung der Rundungsregel nach LL Nr. 25 vorzubeugen; vgl. ausdrücklich Niepmann/Kerscher, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts (15. Aufl. 2023), Rn. 139; van Els, FamRZ 1986, 960 f. sowie auch Wendl/Dose-Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis (10. Aufl. 2019), § 2 Rn. 415.
  • 70
    Vgl. dazu bereits näher oben, unter III.2a.
  • 71
    Vgl. u. a. Grüneberg/von Pückler, BGB, 84. Aufl. 2025, § 1603 Rn. 20; Kintzel in Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein (Hrsg.), Handbuch Familienrecht, 12. Aufl. 2021, Kap. 6 Rn. 825; Gerhardt in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 1 Rn. 469; Bömelburg, FF 2021, 117 (120), sowie DIJuF-Rechtsgutachten v. 29.10.2024, JAmt 2024, 645 f. und für das Sozialrecht Schürmann, Sozialrecht für die familienrechtliche Praxis, 2. Aufl. 2022, Rn. 1112.
  • 72
    Vgl. BGH v. 28.10.2020 – XII ZB 512/19, FamRZ 2021, 181, Rz. 17; v. 9.3.2016 – XII ZB 693/14, BGHZ 209, 243 = FamRZ 2016, 887, Rz. 19, sowie ergänzend auch BGH v. 29.9.2021 – XII ZB 474/20, FamRZ 2021, 1965, Rz. 13, 33, sowie speziell zur Frage des Einflusses eines mietfreien Wohnens auf den Kindesunterhalt BGH v. 18.5.2022 – XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366, Rz. 36, 38.
  • 73
    In methodischer Hinsicht erscheint das Abstellen auf einen Prozentsatz des jeweiligen Kindesunterhalts zweifelhaft, weil damit der Anteil des Unterhalts, der auf die Wohnkosten entfällt, kontinuierlich ansteigt, je älter das Kind wird (bzw. sobald es in die nächste Altersstufe aufrückt), obwohl die Wohnkosten – von Mietsteigerungen abgesehen – eher stabil bleiben. Vgl. zur Problematik ausführlich Schürmann, FamRB 2025, 26 (27 f.)
  • 74
    Bei Redaktionsschluss dieses Heftes galt das u. a. nach Nr. 21.5.2 der Süddeutschen Leitlinien 2025 oder Nr. 21.5, 2. Absatz der Leitlinien Nordrhein-Westfalen 2025.
  • 75
    Vgl. dazu ausführlich Menne in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess, 7. Aufl. 2021, Kap. 1 Rn. 2175 ff.
  • 76
    Durch das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17. Juli 2017 (BGBl. 2017.I.2429) wurde die bis dahin bestehende Möglichkeit, dass Jugendliche ab 16 Jahre mit Genehmigung des Familiengerichts die Ehe eingehen konnten, ersatzlos gestrichen, so dass es minderjährige verheiratete Kinder im Inland nicht mehr geben kann.
  • 77
    So zutreffend bereits Schürmann, FamRB 2025, 26 (33).