Balkonkraftwerke im Miet- und WEG-Recht

Carsten Brückner
2. Aufl. 2025, Haus & Grund Verlag und Service GmbH

Am 16. Oktober 2024 ist im Bundesgesetzblatt I das Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien- Anlagen veröffentlicht worden. Mit der Gesetzesänderung wird in die Vorschriften der privilegierten baulichen Maßnahmen des § 20 Absatz 2 WEG und § 554 Absatz 1 BGB dem Wohnungseigentümer und dem Mieter ein Anspruch auf Erlaubniserteilung zur Verwendung einer Steckersolaranlage verliehen.

Dem Mieter wird im Rahmen einer vierten Alternative der Regelung die Möglichkeit der Veränderung der Mietsache eingeräumt, wenn der Vermieter hierzu seine Erlaubnis erteilt. Hervorzuheben ist die Systematik des Gesetzes und Beschreibung des Umgangs mit der Vorschrift anlässlich der Neueinführung der Norm im Jahr 2020.

Dr. Carsten Brückner | Rechtsanwalt | Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Grund, aus dem sich der gesetzliche Anspruch auf Zustimmung ergibt, ist ein „gesamtgesellschaftliches Interesse“, die aufzuwendenden Kosten für den Bezug von Strom von einem Dritten zu verringern. Darüber hinaus möchte der Gesetzgeber dem Mieter die Möglichkeit einräumen, einen Beitrag zur Energiewende zu leisten (BT-Drucks. 20/9890 A. VI. 4., S. 15). Der Mieter kann noch weitere Interessen bei der Geltendmachung des Anspruchs anführen.

Aufgrund des vom Gesetzgeber vorgegebenen Interesses bedarf der Mieter zunächst keiner weiteren Begründung zur Durchsetzung seines Anspruchs auf Erlaubniserteilung gegen den Vermieter. Der kann lediglich durch die Geltendmachung eigener Interessen den Erlaubnisanspruch des Mieters verdrängen (§ 554 Absatz 1 Satz 2 BGB). In diesem Zusammenhang zählt die Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf eine

Vielzahl von Interessen des Vermieters auf, die gegen den Anspruch des Mieters eingewendet werden können. Dazu gehören das Interesse an der Konservierung, Vermeidung der Schaffung eines gefahrträchtigen Zustands, Verringerung/Vermeidung des Rückbaurisikos, Vermeidung von Ansprüchen Dritter (Nachbarn, Mietern usw.) sowie an Informationen über die Einzelheiten der beabsichtigten Maßnahme (BT-Drucks. 19/18791, Zu § 554 Absatz 1 Satz 2, S. 89).

Die Aufzählung ist nicht abschließend, sodass der Vermieter weitere Interessen dem Anspruch des Mieters entgegenhalten kann.

Sind die Interessen der Mietvertragsparteien bekannt, bedarf es einer vom Vermieter vorzunehmenden Abwägung der Interessen, um festzustellen, ob die Erlaubnis erteilt werden muss oder nicht.

Es ist Aufgabe des Abwägungsprozesses, das Gewicht des Veränderungsinteresses mit dem Gewicht der gegenläufigen Interessen des Vermieters zu vergleichen (BTDrucks. 19/18791, Zu § 554 Absatz 1 Satz 2, S. 89).

Der Gesetzgeber nimmt keine Feststellungen dahingehend vor, welchen Interessen welches Gewicht beizumessen ist. Das Ergebnis des Abwägungsprozesses ist demnach völlig offen und unterliegt der gerichtlichen Überprüfung, wenn der Mieter die Erlaubnis gegen den Vermieter einzuklagen beabsichtigt.

Aufgrund der nur ganz vereinzelt vorhandenen gerichtlichen Entscheidungen zum Anspruch des Mieters auf Erlaubniserteilung zur baulichen Veränderung der Mietsache nach § 554 BGB ist derzeit nicht absehbar, wie obergerichtlich mit der Thematik umzugehen ist. Insbesondere ist auch nach der Gesetzesbegründung offen, ob die Gerichte berechtigt sind, eine eigene Interessenabwägung vorzunehmen und diese an die Stelle der des Vermieters zu stellen, oder ob lediglich eine Überprüfung der vom Vermieter vorgenommenen Interessenabwägung auf Willkür erfolgt.

§ 554 Absatz 1 BGB regelt mithin keinen von Beginn an gesicherten Anspruch des Mieters, sondern macht sein Bestehen vom Ergebnis des vorgesehenen Abwägungsprozesses abhängig.

Kommt man durch die vorzunehmende Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass der Anspruch des Mieters auf Erlaubniserteilung dem Grunde nach besteht, ist weiterhin zu beachten, dass das Vorhaben des Mieters zu einer Veränderung des Mietvertrages führt (BT-Drucks. 19/18791, zu § 554 Absatz 1 Satz 1, S. 87). Diese bedarf – wie bei anderen Änderungen des Mietvertrages – einer Vereinbarung der Mietvertragsparteien. Erforderlich sind daher Angebot (des Mieters) und Annahme (des Vermieters). Das Angebot muss alle wesentlichen Umstände der beabsichtigten Vertragsänderung beinhalten. Das Angebot muss so ausführlich formuliert sein, dass die Annahme durch ein einfaches „Ja“ möglich ist. Um den Inhalt und die Reichweite der Änderung des Vertrages beweisen zu können, bedarf es des Abschlusses einer entsprechenden (Gestattungs-)Vereinbarung.

Hierzu stellt die Gesetzesbegründung fest, dass die Änderung des Mietvertrages nicht zu einer räumlichen Erweiterung des Gebrauchsrechts des Mieters an der Mietsache führt. Der Mieter kann daher nicht verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen in Bereichen des Gebäudes oder des Grundstücks erlaubt, auf die sich sein Gebrauchsrecht nicht erstreckt (BT-Drucks. 19/18791, zu § 554 Absatz 1 Satz 1, S. 87).

Der Umgang mit dem Begehren des Mieters auf Erteilung einer Erlaubnis zur baulichen Veränderung der Mietsache mit Checkliste und Vorschlag eines Gestattungsvertrages ist beschrieben im Buch – Balkonkraftwerke im Miet- und WEG-Recht, 2. Auflage 2025.

Heft 04 | 2025 | 74. Jahrgang