Der Einführungslehrgang in die Anwaltsstation aus zivilrechtlicher Sicht
Die Einführungslehrgänge für die Referendar*innen zur Vorbereitung auf die Anwaltsstation. Teil 11Teile 2 und 3 folgen in den nächsten Heften des Berliner Anwaltsblattes.:
1. EIN ÜBERBLICK ÜBER DIE ANWALTLICHE AUSBILDUNG IM JURISTISCHEN VORBEREITUNGSDIENST
Bisher stellte der Präsident des Kammergerichts als zuständige Ausbildungsbehörde jährlich ca. 576 neue Referendarinnen und Referendare ein. Seit 1. Mai 2024 wurde die Zahl der Einstellungen auf 696 erhöht. Denn Berlin ist weiterhin einer der attraktivsten Ausbildungsorte bundesweit. Während des 24-monatigen juristischen Vorbereitungsdienstes werden die Referendarinnen und Referendare ausgebildet mit dem Ziel, die Zweite Staatsprüfung zur „Befähigung des Richteramtes“ nach § 5 Abs. 1 DRiG zu erlangen.

Stephanie Bansemer | Rechtsanwältin | Lehrbeauftragte des Kammergerichts Berlin, | Mitglied des Ausschusses Juristenausbildung der RAK Berlin | Kanzlei Bansemer
Allerdings entscheiden sich seit Jahren laut Statistik ca. 80 Prozent der erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen nicht für den Staatsdienst, sondern wählen den Beruf einer Rechtsanwältin oder Rechtsanwaltes. Im Vergleich zu den Vorjahren ist dennoch ein Rückgang der Zulassungen der niedergelassenen Anwältinnen und Anwälte zu verzeichnen.2Vgl. Aufsatz „Neue Zahlen zum Anwaltsmarkt: Der Abwärtstrend setzt sich fort“, abrufbar über Beck-online, FD-RVG 2024, 811767; vgl. auch die Mitgliederstatistik zum 1.1.2024 der BRAK. Damit ist auch im anwaltlichen Bereich der sogenannte Nachwuchsmangel angekommen und folglich schon jetzt aktives Bemühen gefragt, diesem negativen Trend rechtzeitig vorzubeugen. An dieser Stelle werden die Einführungslehrgänge in die Anwaltsstation nebst anschließenden Arbeitsgemeinschaften bedeutsam.
Nachdem die Referendarinnen und Referendare im ersten Ausbildungsjahr die staatlichen Berufsfelder kennenlernen (Zivilgerichte, Strafgericht/Staatsanwaltschaft, Behörden/ Verwaltungsgericht), beginnen sie im zweiten Jahr die praktische Ausbildung in den Anwaltskanzleien. Die Anwaltsstation dauert mindestens sechs Monate, wahlweise auch bis zu neun Monate.
Parallel zu der Ausbildung in den Kanzleien finden zur Erlangung zusätzlicher theoretischer Kenntnisse „rund um den Anwaltsberuf“ die begleitenden Lehrgänge statt. Die Rechtsanwaltskammer Berlin (RAK Berlin), ihrem gesetzlichen Auftrag gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 9 BRAO folgend, organisiert und führt diese gemeinsam mit dem Kammergericht durch, geleitet jeweils von berufserfahrenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten.
Die Referendarinnen und Referendare starten mit dem Einführungslehrgang in die Anwaltsstation aus zivilrechtlicher Sicht. Er umfasst neun Zeitstunden, verteilt auf drei Tage einer Woche in Gruppen von ca. 30 Teilnehmenden. Die Inhalte und Ziele dieser ersten Einführungsveranstaltung werden unter 2. näher erläutert.
Dieser Einführung folgt im Anschluss die zivilrechtliche Rechtsanwalt-Arbeitsgemeinschaft über einen Zeitraum von sechs Wochen (insgesamt 21 Zeitstunden verteilt auf sieben Termine) in Gruppen von nur noch ca. 15 Teilnehmenden. Hier werden anhand zahlreicher Fallbeispiele die Klausurarten- und Techniken, taktisches Vorgehen sowie das Zivilprozess- und vor allem Beweisrecht vermittelt und Überlegungen zur Zweckmäßigkeit eines Vorgehens vorgestellt. So sollen die Referendarinnen und Referendare das „Handwerkszeug“ für die Bearbeitung der anwaltlichen Examensklausuren erlernen und einüben. Sie werden aber gleichzeitig befähigt, das Erlernte für ihre spätere berufliche Tätigkeit anzuwenden.
Nach Abschluss der Arbeitsgemeinschaft folgen der einwöchige Einführungslehrgang in die Anwaltsstation aus strafrechtlicher Sicht nebst anschließender Arbeitsgemeinschaft zu diesem Rechtsgebiet. Der Einführungslehrgang in den Anwaltsberuf für den Bereich öffentliches Recht sowie die nachfolgende Arbeitsgemeinschaft runden die Darstellung der Anwaltstätigkeiten in den drei Rechtsgebieten ab.
2. DER EINFÜHRUNGSLEHRGANG IN DIE ANWALTSSTATION AUS ZIVILRECHTLICHER SICHT
Vor dem Hintergrund des Rückgangs der Zulassungszahlen und zu erwartenden Nachwuchsproblemen wird erkennbar, dass der anwaltliche Abschnitt der Ausbildung maßgeblichen Einfluss auf die Berufswahl und damit den weiteren Berufsweg der Referendarinnen und Referendare hat. Die Einführungslehrgänge leisten hierzu einen wesentlichen Beitrag.
Das Ziel der Einführungslehrgänge zur Vorbereitung auf die Anwaltsstation sollte nicht nur sein, den Teilnehmenden allgemein theoretisches Wissen über die Tätigkeit als Anwältin oder Anwalt zu vermitteln. Vielmehr sollte es gelingen, bei den Referendarinnen und Referendaren möglichst ein persönliches Interesse daran zu wecken, sie bestenfalls so zu begeistern, dass sie eine anwaltliche Tätigkeit für sich ernsthaft in Betracht ziehen, zumindest nicht (mehr) ausschließen.
Bei denjenigen, die „schon immer“ Anwältin oder Anwalt werden wollten, ist dieses Wunschziel bereits erreicht. Für die in ihrer Berufswahl noch Unentschlossenen gilt es, sie im oben genannten Sinne anzusprechen. Einige der Referendarinnen und Referendare besuchen den Einführungslehrgang allerdings nur „in Erfüllung ihrer Dienstpflicht“, nicht aber aus eigenem Interesse am Anwaltsberuf oder der Überzeugung, an diesen drei Tagen gar Examensnahes zu erfahren. Letzteres hat jedoch für die meisten von ihnen erste Priorität. Für sie rückt die Zweite Staatsprüfung spürbar näher. Sie empfinden vielfach Veranstaltungen, die ihnen nicht unmittelbar examensrelevant erscheinen, als überflüssig und Zeitverschwendung. Auf diese Weise wird der die Station einleitende Einführungslehrgang zum Zivilrecht nach Wahrnehmung und aus Gesprächen ableitend leider oft wahrgenommen.
Es ist daher stets eine Herausforderung, die Referendarinnen und Referendare davon zu überzeugen, dass die Einführungslehrgänge, beginnend mit der zivilrechtlichen Sichtweise, nicht nur für das bevorstehende Examen sehr wohl relevant sind, sondern sogar die anwaltliche Tätigkeit derart interessant und vielseitig ist, dass dieser Beruf auch für sie eine reale Option darstellen kann.
„Es ist daher stets eine Herausforderung, die Referendarinnen und Referendare davon zu überzeugen, dass die Einführungslehrgänge … nicht nur für das bevorstehende Examen sehr wohl relevant sind, sondern sogar die anwaltliche Tätigkeit derart interessant und vielseitig ist, dass dieser Beruf auch für sie eine reale Option darstellen kann“
Grundsätzlich sind die Dozentinnen und Dozenten gehalten, bei Durchführung der Einführungslehrgänge die jeweiligen „Musterausbildungspläne“ des Kammergerichts zu berücksichtigen. Diese wurden zuletzt im Jahr 2021 in Zusammenarbeit mit dem Ausschuss Juristenausbildung der RAK Berlin überarbeitet und vor allem aktualisiert.
Hervorzuheben ist dabei, dass insbesondere das anwaltliche Berufsrecht im Stoffplan mehr Berücksichtigung fand. Hintergrund ist die zuvor erwähnte Tatsache, dass der überwiegende Anteil der Assessorinnen und Assessoren zwar die Zulassung zur Anwaltschaft beantragen, oft auch direkt in den Beruf einsteigen, aber die wenigsten von ihnen zu diesem Zeitpunkt über nähere Kenntnisse des Berufsrechts verfügten. Sie riskierten damit, ihre anwaltliche Karriere sogleich mit Verstößen gegen ihre anwaltlichen Berufspflichten zu beginnen, die berufsrechtliche Konsequenzen und Haftungsfälle auslösen auslösen konnten. Es bestand somit dringender Handlungsbedarf, schon frühzeitig vorzubeugen. Die Besonderheiten für die anwaltlichen Tätigkeiten auf dem Gebiet des Straf- und Öffentlichen Rechts werden den Referendarinnen und Referendaren in den späteren Lehrgängen nahegebracht.
Das anwaltliche Berufsrecht bildet folglich einen der Schwerpunkte des Einführungslehrgangs in die Anwaltsstation aus zivilrechtlicher Sicht.
Die besondere Stellung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als unabhängige Organe der Rechtspflege und ihre wichtige Rolle als Partei- und Interessenvertreter ihrer Mandantinnen und Mandanten werden hervorgehoben. Den Referendarinnen und Referendaren wird der Unterschied zu den Aufgaben und der Rolle eines Richters/Richterin und deren Sichtweise auf Falllösungen verdeutlicht. Sie lernen die wesentlichen sogenannten Grundpfeiler des anwaltlichen Berufsrechts kennen, insbesondere § 43 a BRAO und die Regelungen in der BORA, die anwaltliche Unabhängigkeit sowie das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten. Die Bedeutung des Berufsrechts beginnend schon bei Anbahnung des Mandates bis hin über die Beendigung hinaus wird im Laufe der Veranstaltung immer wieder herausgestellt und erläutert.
Es zeigt sich hierbei stets, dass den meisten Teilnehmenden oft die Tragweite dieser Rechte bzw. Pflichten bisher nicht bekannt ist, sie aber ein erkennbares Interesse daran entwickeln und rege Fragen stellen und beantworten.
Um den Referendarinnen und Referendaren auch die Vielseitigkeit des Berufes vorzustellen, wird der „klassische“ Beruf Rechtsanwältin/Rechtsanwalt als ein freier Beruf erläutert, sowohl die Selbständigkeit als auch die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen Berufsträgern oder in einem Anstellungsverhältnis beschäftigt zu sein. Im Vergleich zu den Vorjahren äußern auffallend weniger Referendarinnen und Referendare, sich nach ihrem Abschluss direkt selbständig machen zu wollen. Bevorzugt werden Anstellungsverhältnisse, sei es bei einem anwaltlichen oder nichtanwaltlichen Arbeitgebenden.
Gerade künftig als „Syndikus“ zu arbeiten, ist für viele von gesteigertem Interesse. Dies spiegeln letztlich auch gestiegene Zulassungen als Syndikusanwältin oder Syndiktusanwalt wider (Anstieg 2023 um 15 Prozent im Vergleich zu 2022).33 Siehe Fn. 2. Gerade im Hinblick auf die BRAO-Reform zum 1. August 2022 gehören auch die verschiedenen Arten der gemeinsamen Berufsausübung, u. a. die neuen §§ 59b–59q BRAO, zum Inhalt des Lehrgangs. Die Rolle einer Anwältin oder Anwaltes als Vermittler, Schlichter, Mediator werden ebenso thematisiert.
Die Aufgaben der RAK als Selbstverwaltungsorgan und deren Pflicht, die Berufsaufsicht auszuüben sowie gegebenenfalls Berufsrechtsverstöße zu verfolgen und zu sanktionieren, aber die Mitglieder auch zu beraten, werden erläutert. Das anwaltsgerichtliche Verfahren wird skizziert. Den Referendarinnen und Referendaren wird die ihnen bisher meist unbekannte Thematik anhand von Urteilen der Anwaltsgerichte und höchstrichterlicher Rechtsprechung zu verschiedensten Berufspflichten praxisnah vermittelt und findet so erfreulichen Anklang bei den Zuhörenden.
Weiterer Schwerpunkt des Lehrgangs ist das Vergütungsrecht, stets mit Bezügen zum Berufsrecht. Die Grundzüge des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes werden vermittelt, Beratungs-, Prozesskosten- und Verfahrenshilfe vorgestellt, Vergütungs- und Erfolgshonorarvereinbarungen thematisiert. Die Referendarinnen und Referendare erhalten Gelegenheit, unterschiedliche zivilrechtliche Fallgestaltungen eigenständig abzurechnen, um so ganz praktisch auf diesen existentiellen Teil ihres hoffentlich späteren Berufes vorbereitet zu sein. Ziel ist auch hier, sie für das erste Gespräch mit Mandantinnen oder Mandanten zu wappnen, wenn es um die Beantwortung von Fragen zu den Kosten für die anwaltliche Beratung oder Vertretung geht.
„Der erste Einführungslehrgang in die Anwaltsstation ist in jeder Hinsicht geeignet, den Einstieg in die praktische Ausbildung in den Kanzleien zu unterstützen“
Darüber werden die Digitalisierung des Anwaltsberufes, u. a. Besonderheiten im Zusammenhang mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach behandelt. Haftungsfälle werden besprochen, viele praktische Hinweise zur Vermeidung gegeben. Auch hier ist es Ziel, die Referendarinnen und Referendare für berufsrechtliche Probleme so zu sensibilisieren, damit sie sich im Bedarfsfall später sicher und angemessen verhalten.
Um den Einführungslehrgang möglichst examensnah im Sinne der Teilnehmenden zu gestalten, hat es sich bewährt, ihnen am dritten Tag die verschiedenen Arten der Anwaltsklausuren (aus Sicht einer klagenden oder beklagten Partei und rechtsgestaltende Klausuren) und deren Aufbau sowie erste Klausurtechniken vorzustellen. Dies wird anhand mindestens einer ehemaligen, zur Übung freigegebenen Examensklausur erläutert. So lassen sich auch stets geeignete Erwägungen zur Zweckmäßigkeit eines Vorgehens erörtern, alternative Handlungsmöglichkeiten diskutieren und Kosten- und berufsrechtliche Fragen mit einbeziehen. Der Ablauf einer mündlichen Verhandlung, die Bedeutung einer gütlichen Einigung mittels Vergleich, das Kostenfestsetzung- und Zwangsvoll- streckungsverfahren werden fallbezogen mit angesprochen.
Die Referendarinnen und Referendare erkennen im Laufe des Einführungslehrgangs, dass die Kenntnisse u. a. des Vergütungs-, Berufs- oder Haftungsrechts durchaus für die Anwaltsklausuren im Examen relevant sind. Unbestritten ist der umfangreiche Stoff, der an den drei Terminen besprochen wird. Dennoch sind die meisten nach der Lehrgangswoche positiv motiviert für die anschließende Arbeitsgemeinschaft zur vertiefenden Vorbereitung auf die anwaltlichen Examensklausuren.
Die anfangs bestehenden Bedenken gegen den Einführungslehrgang als solches können ausgeräumt werden durch eine praxisnahe, fallbezogene Ausgestaltung jedes Kurstages nebst motivierender Einbeziehung der Teilnehmenden. Der erste Einführungslehrgang in die Anwaltsstation ist daher in jeder Hinsicht geeignet, den Einstieg in die praktische Ausbildung in den Kanzleien zu unterstützen. Er leistet darüber hinaus einen wertvollen Beitrag, den Referendarinnen und Referendaren den Beruf einer Rechtsanwältin oder Rechtsanwaltes frühzeitig in seinen zahlreichen, interessanten Facetten im positiven Sinne näher zu bringen. Und wer weiß, wer von den Referendarinnen und Referendaren künftig eine Kollegin oder Kollege sein wird …
Die vom Institut erhobenen Stichproben wurden gemäß Ausschreibung nach Vermietern (20.000) und Mietern (30.000) aufgeteilt. Hieraus resultieren über 14.000 Datensätze.
In den Daten fand sich ein überproportionaler Anteil von Daten landeseigener Unternehmen. Letztlich wurde dieser Anteil vor den Filterfragen, also ohne Kenntnis der Ergebnisse, gewichtet.
Dazu erläuterte das Institut, dass die Befragung auf einer repräsentativ gezogenen Stichprobe beruhe. Im Rücklauf sei festgestellt worden, dass die befragten Gruppen unterschiedlich zuverlässig teilgenommen haben. Damit diese Unterschiede die Ergebnisse nicht verzerren, entschied man sich, den Rücklauf zu gewichten, wobei als Gewichtungskriterium der Vermietertyp gewählt wurde. Es wurde zwischen drei Vermietertypen unterschieden: landeseigene Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und andere Vermieter. Die Gewichtungsfaktoren seien so gewählt worden, dass die Anteile der drei Vermietertypen im Rücklauf den Anteilen in der ursprünglich gezogenen Stichprobe entsprechen.
Aus der nun gesetzlich bestehenden Auskunftspflicht für Mieter und Vermieter resultierte eine erheblich verbesserte Rücklaufquote. Zum Ablauf der Erhebung erläuterte das Institut, dass die erste Neuerhebung seit dem Mietspiegel 2019 unter Auskunftspflicht erfolgt sei. Die Datengrundlage für die Erhebung waren einerseits Einwohnermeldedaten und andererseits Grundsteuerdaten. Zusätzlich wurden Adressen mit besonderen Wohnverhältnissen zur Verfügung gestellt, die aus der Befragung ausgeschlossen wurden, weil sie für den Mietspiegel nicht relevant sind (z.B. Wohnheime und geförderter Wohnraum). Das Mietspiegelreformgesetz habe die Nutzung von Einwohnermeldedaten und Grundsteuerdaten explizit erlaubt. Aus der mit diesen Daten gebildeten Erhebungsgrundgesamtheit sei eine Zufallsstichprobe in Höhe von etwa 50.000 Wohnungen gezogen worden. Die Vermieterbefragung teilte sich auf große und kleine Vermieter auf. Kleine Vermieter erhielten ein Anschreiben der Senatsverwaltung mit der Bitte, online an der Befragung teilzunehmen. Auf Wunsch sei den Vermietern auch die benötigte Anzahl Fragebögen per Post zugesendet worden. Vermieter mit vergleichsweise großem Wohnungsbestand erhielten Excel-Abfragemasken, um leichter an der Befragung teilnehmen zu können. Die Vermieter seien nach Ablauf der ersten Teilnahmefrist an die Befragung erinnert worden.
Fälle aus der Erhebung, die die Filterfragen nicht überstanden haben, wiesen demnach typischerweise folgende Eigenschaften auf:
- selbstgenutztes Eigentum
- keine Veränderung der Nettokaltmiete zwischen September 2017 und September 2023 („6-Jahres-Regel" der ortsüblichen Vergleichsmiete) und kein neues Mietverhältnis in diesem Zeitraum
- geförderter Wohnraum oder besondere Wohnformen (z.B. Wohnheime).
Aus der Mieter- und der Vermieterbefragung hätten insgesamt 17.486 Fälle die Filterfragen überstanden. Die Datenbasis reduzierte sich anschließend unter anderem dadurch, dass Angaben unplausibel waren oder die Mindestausstattung (kein Bad und/oder keine Zentralheizung) nicht vorlag. Für den Mietspiegel seien letztlich 16.149 Datensätze ausgewertet worden. Die Mietspiegelverordnung gebe vor, dass für jedes Tabellenfeld eines qualifizierten Mietspiegels mindestens 30 Datensätze benötigt werden. Im Berliner Mietspiegel konnten mit der erhobenen Datenbasis 106 Tabellenfelder ausgewiesen werden.4Einige der Details der Erhebung sind auch in der „Dokumentation zum Berliner Mietspiegel 2024 – Endbericht“ zu finden, die auf der Mietspiegel- Abfrageseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen heruntergeladen werden kann.
III. DISKUSSION ÜBER DIE AUSWERTUNG UND BEHANDLUNG DER DATEN
In der Begründung der Mietspiegelverordnung heißt es: „Insbesondere darf eine Ausreißerbereinigung nicht willkürlich durchgeführt werden. Bei der Tabellenanalyse ist daher insbesondere darauf zu achten, dass sich die Einordnung als Ausreißer nicht schon allein daraus ergibt, dass ein Wert besonders hoch oder besonders niedrig ist. Um zuverlässig festzustellen, ob es sich um einen Ausreißer handelt, müssen die entsprechenden Wohnungen in der Regel in Bezug auf ihre Eigenschaften unter Berücksichtigung der Streuung betrachtet werden. Sind diese Feststellungen mit zumutbarem Aufwand nicht möglich, kann und sollte eine Ausreißerbereinigung unterbleiben.“
Bisher wurden besonders hohe Mieten als „Ausreißer“ ohne Anwendung eines statistischen Standardverfahrens bereinigt. Diese Ausreißerbereinigung wurde durchgeführt, nachdem bereits nach der Datenerhebung für den Mietspiegel nicht geeignete Daten ausgeschlossen wurden und die Spannenwerte auf ¾ gekappt wurden. Dies wurde bereits in der Vergangenheit diskutiert bzw. kritisiert. Nach Rückfrage des Instituts wurde im Ergebnis entschieden, diese Ausreißerbereinigung nicht mehr durchzuführen.
IV. NEUERUNGEN BEI DER TABELLE
Die Einführung der Mietspiegelverordnung und die damit einhergehenden Vorgaben für die Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln machte eine Überarbeitung der bisherigen Tabellenstruktur des Berliner Mietspiegels erforderlich.
Bisher wurde für den Berliner Mietspiegel immer ein allgemeiner Mittelwert ausgewiesen. Dabei handelte es sich um den Durchschnittswert der einzelnen Mittelwerte der Tabellenfelder. Die Tabellenfelder wurden nach ihrer Relevanz für den Berliner Mietwohnungsmarkt gewichtet.
Nach Auffassung und Empfehlung des Instituts ist die Berechnung des allgemeinen Mittelwerts nicht mehr sinnvoll. Die Mietspiegelverordnung verlange, dass Tabellenfelder so gebildet werden, dass die für das Feld erhobenen Mieten möglichst ähnlich sind und sich von anderen Tabellenfeldern möglichst stark unterscheiden.
Darum müsse die Tabellenstruktur aus den Daten heraus ermittelt werden. Dies habe zur Folge, dass sich die Wohnflächenklassen zwischen den Baualtersklassen unterscheiden können und dass Baualtersklassen teilweise gemeinsam ausgewiesen wurden, weil sich ihre Mieten nicht ausreichend stark voneinander unterschieden.
Die hinter der ermittelten Tabellenstruktur stehende statistische Berechnungsmethode nennt sich „CART“. Da die Mitglieder der AG an dieser Form der Berechnung Zweifel hatten, haben die Verbände auf eine externe Überprüfung des Verfahrens bestanden. Prof. Dr. Timo Schmidt, Leiter des Instituts für Statistik und Ökonomik in Bamberg, kam zu dem Ergebnis, dass das Verfahren bei der Mietspiegelerstellung zulässig ist.
Die Darstellung des Berliner Mietspiegels 2024 unterscheidet nun nach den Wohnlagen und innerhalb der Wohnlagen nach Baualtersklassen und einzelnen Größenklassen. Das Institut erläutert dazu:
„Wie bisher wird in jedem Tabellenfeld ein Mittelwert ausgewiesen, dabei handelt es sich wie bei den letzten Mietspiegeln um den (gewichteten) Median. Der Median ist der Mietwert, der genau in der Mitte liegt, wenn alle erhobenen Werte der Größe nach sortiert werden.
Der Median wurde unter Berücksichtigung der Gewichtungsfaktoren berechnet. Analog zum Median wurde erneut auch die 3/4-Spanne berechnet. Die Spannengrenzen wurden so gewählt, dass 3/4 der gewichteten Datensätze innerhalb dieser Spanne liegen.
Der Mittelwert eines Tabellenfeldes ist die mittlere ortsübliche Vergleichsmiete für Wohnungen des entsprechenden Tabellenfeldes. Die ortsübliche Vergleichsmiete Vergleichsmiete einer konkreten Wohnung bewegt sich innerhalb der ausgewiesenen Spanne und kann aufgrund von besonderen Merkmalen vom Mittelwert abweichen. Für die Einordnung innerhalb der Spanne wird eine Orientierungshilfe zur Verfügung gestellt.“
1. Mietspiegeltabelle 2024 – Einfache Wohnlage
Ortsübliche Vergleichsmieten (Stichtag 1.9.2023) Netto- Kaltmiete in Euro je Quadratmeter monatlich für vermieterseitig vollausgestattete Wohnungen. (siehe Bild 5–6 in der Online-Version des Beitrags)
2. Mietspiegeltabelle 2024 – Mittlere Wohnlage
Ortsübliche Vergleichsmieten (Stichtag 1.9.2023) Netto- Kaltmiete in Euro je Quadratmeter monatlich für vermieterseitig vollausgestattete Wohnungen. (siehe Bild 7–10 in der Online-Version des Beitrags)
3. Mietspiegeltabelle 2024 – Gute Wohnlage
Ortsübliche Vergleichsmieten (Stichtag 1.9.2023) Netto- Kaltmiete in Euro je Quadratmeter monatlich für vermieterseitig vollausgestattete Wohnungen. (siehe Bild 11–13 in der Online-Version des Beitrags)
4. Abschlag für vermieterseitig mit niedrigem Standard ausgestattete Wohnungen
Für Wohnungen bezugsfertig bis 1964
– ohne Sammelheizung, ohne Bad, mit WC in der Wohnung (IWC) oder
– mit Sammelheizung oder mit Bad, mit WC in der Wohnung (IWC)
liegt die ortsübliche Vergleichsmiete je Quadratmeter monatlich 0,45 Euro unter den Beträgen der jeweils zutreffenden Zeile (nach Wohnlage, Bezugsfertigkeit und Wohnungsgröße).
Diese Angaben haben wegen geringer Zahl an Mietwerten nur bedingte Aussagekraft. Diese Abschläge können daher nicht dem Anwendungsbereich des qualifizierten Mietspiegels zugeordnet werden.
5. Wohnlageneinstufung
Die Wohnlageneinstufung wurde wie bereits beim Mietspiegel 2019 auf der Grundlage des statistischen Verfahrens der Diskriminanzanalyse vorgenommen. Die Wohnlage hat sich im Mietspiegel 2024 für ca. 17 Prozent der Adressen geändert. Ca. 34.000 Adressen wurden in eine höhere, ca. 31.000 in eine niedrigere Wohnlage umgestuft.
6. Wohnlagekarte Berliner Mietspiegel 2024
Die Veränderungen der Wohnlagen lässt sich wie folgt darstellen:
Mietspiegel 2021 | Mietspiegel 2024 | |
---|---|---|
Einfache Wohnlage | 28,0 % | 28,5 % |
Mittlere Wohnlage | 53,6 % | 52,1 % |
Gute Wohnlage | 18,4 % | 19,4 % |
- Friedrichshain-Kreuzberg (27 Prozent der Adressen wurden umgestuft, fast ausschließlich Aufstufungen)
- Marzahn-Hellersdorf (38 Prozent der Adressen wurden umgestuft, 31 Prozent der Adressen wurden aufgestuft, 7 Prozent wurden abgestuft; Aufstufungen vor allem in Ein- und Zweifamilienhausgebieten, für die der Mietspiegel nicht gilt)
- Lichtenberg (27 Prozent der Adressen wurden umgestuft, 9 Prozent der Adressen wurden aufgestuft, 17 Prozent wurden abgestuft)
V. ORIENTIERUNGSHILFE
Die Orientierungshilfe ist nicht Bestandteil des qualifizierten Mietspiegels. Änderungen dort haben keine Auswirkung auf die Erstellung eines Mietspiegels nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen. Die Merkmale in der Orientierungshilfe unterliegen der Abstimmung der Mitglieder der Arbeitsgruppe.
Wenig verwunderlich, auch hier gab es zähe Diskussionen. Hier ging es dann richtig ins Detail. Auch ohne Einzelheiten zu verraten, dürfte es nicht schwer sein, an den Ergebnissen abzuleiten, wer sich wo durchgesetzt hat (oder auch nicht), etwa daran, dass die erhöhenden Merkmale in der Merkmalgruppe „Bad/WC“ nur im Haupt-Bad, nicht im Gäste-WC vorhanden sein müssen, und „keine Duschmöglichkeit“ durch „kein Spritzschutz etc.“ ergänzt wurde.
Der „Lärmstern“ ist weggefallen. Das Straßenverzeichnis enthält keinen Hinweis mehr auf die in den Lärmkarten ausgewiesene Lärmbelastung an der jeweiligen Adresse. Die Lärmbelastung wird bereits in der Wohnlageneinstufung berücksichtigt, so dass ein gesonderter Ausweis nicht mehr erfolgt.
VI. FAZIT
Als Kompromiss wird der Mietspiegel niemanden wirklich zufriedenstellen. Um es mit Henry Kissinger zu sagen: Ein Kompromiss ist nur dann gerecht, brauchbar und dauerhaft, wenn beide Parteien damit gleich unzufrieden sind. Aus der Darstellung wird aber hoffentlich ersichtlich, wie viele Stellschrauben und Diskussionspunkte es gibt, die geklärt werden müssen, um überhaupt zu einem – jedenfalls brauchbaren – Ergebnis zu gelangen.
- 1Teile 2 und 3 folgen in den nächsten Heften des Berliner Anwaltsblattes.
- 2Vgl. Aufsatz „Neue Zahlen zum Anwaltsmarkt: Der Abwärtstrend setzt sich fort“, abrufbar über Beck-online, FD-RVG 2024, 811767; vgl. auch die Mitgliederstatistik zum 1.1.2024 der BRAK.
- 33 Siehe Fn. 2.
- 4Einige der Details der Erhebung sind auch in der „Dokumentation zum Berliner Mietspiegel 2024 – Endbericht“ zu finden, die auf der Mietspiegel- Abfrageseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen heruntergeladen werden kann.