Die Energiekrise. Auswirkungen auf Mietverhältnisse.

„Krieg und Mieten“1Siehe BAB 7–8/22, Krieg und Mieten. Auswirkungen der Weltlage auf deutsches Mietrecht, Johannes Häfele, Seiten 254–256. hatte das Berliner Anwaltsblatt kürzlich getitelt, und leider geht es weiter. Gerade ist das 3. Entlastungspaket verabschiedet, ansonsten kann man nur auf einen milden Winter hoffen, und darauf, dass der böse Mensch im Kreml irgendwie zu Einsicht kommt. Bis die Energieversorgung umgebaut ist, wird es noch dauern.

Johannes Hofele | Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Sprecher des Arbeitskreises Mietrecht und WEG im BAV | www.breiholdt-legal.de
Exklusiv für Mitglieder | Heft 11/2022 | 71. Jahrgang

KONFLIKTPOTENZIAL FÜR MIETVERHÄLTNISSE

Bis dahin bietet die Energiekrise, für die – außer dem erwähnten Herrn – keiner was kann, Konfliktpotenzial für Mietverhältnisse. Man kann die Sorgen von Vermietern verstehen, die zunächst die Rechnungen der Versorger bezahlen müssen, und – in manchen Fällen wahrscheinlich nicht mal zu Unrecht – fürchten, darauf sitzen zu bleiben bzw. ewig auf ihr Geld warten zu müssen.

SO NICHT

Was aber nicht geht, war, was in Frankfurt passierte: Ganz kreativ meinte ein Vermieter zu sein, der einfach mal die auf Gas basierende Warmwasserversorgung eingestellt hat. Die Begründung ist bemerkenswert: Er begründete dies mit durch den Ukrainekonflikt hervorgerufenen Versorgungsengpässe und Preissteigerungen für Gas. Er wolle mit seinem Vorgehen auch seine Mieter vor den steigenden Gaskosten schützen. Es sei den Mietern auch zumutbar, Warmwasser für den täglichen Bedarf in der Küche selbst zuzubereiten. Die Beheizung der Liegenschaft im kommenden Winter könne auch mit Elektroheizlüftern erfolgen. Eine Versorgung mit Warmwasser werde von ihm auch mietvertraglich nicht geschuldet. Die Mieterin wehrte sich zu Recht und die Stadt zwang ihn per wohnungsaufsichtsrechtlicher Verfügung, die Gasversorgung wieder aufzunehmen. Er entblödete sich nicht, hiergegen einen Eilantrag einzulegen, das Verwaltungsrecht Frankfurt schmetterte diesen natürlich ab2VG Frankfurt a. M., Beschluss vom 22.08.2022 – 8 L 1907/22.F..

MIETVERTRAGLICHE REGELUNGEN

Gesetzlicher Regelfall des BGB ist die Bruttowarmmiete. Nach dem Gesetz trägt der Vermieter die Betriebskosten, also auch die Heiz- und Warmwasserkosten. Durch eine wirksame Vereinbarung kann dies aber geändert werden3So auch der Wortlaut des § 556 BGB: die Vertragsparteien „können“ vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt.. Dies passiert auch in den allermeisten Mietverträgen, lässt man die kurzfristige Ferienwohnung mal außen vor. Die Heizkostenverordnung grätscht hier aber als rein öffentlich-rechtliche Norm in das privatrechtliche Mietverhältnis rein: Die Vereinbarung einer Bruttowarmmiete ist unwirksam4BGH, Urteil vom 19.07.2006 – VIII ZR 212/05 NZM 2006, 652; LG Berlin LG Berlin, Urteil vom 25.09.2015 – 63 S 71/15 BeckRS 2015, 18859., ausgenommen die Sonderfälle nach §§ 2 und 11 HeizKV5Daher müsste auch über die Miete der Ferienwohnung im Allgäu oder an der Ostsee eine Heizkostenabrechnung erfolgen. Spartipp des Tages: Wer mit der Wohnung unzufrieden ist, könnte einfach sagen, dass ein Teil der Kosten die Heizung betraf und 15 % davon kürzen (§ 12 Abs. 1 Heiz KV)..

VERPFLICHTUNG DES VERMIETERS ZUR ENERGIEVERSORGUNG

Davon abzugrenzen ist die Frage, ob der Vermieter überhaupt verpflichtet ist, die Wohnung mit Warmwasser und Heizung zu versorgen. Dies ergibt sich nicht direkt aus § 535 Abs. 1 BGB6Ausführlich und zutreffend mit erfrischenden Ausführungen dazu, dass solche persönlichen Lebensumstände des Mieters den Vermieter nichts angehen, Zehelein NZM 2022, 593.. Wenn und soweit der Mietgegenstand so ausgestattet ist, dass der Mieter diese Versorgung selbst vornehmen kann, trifft den Vermieter keine Pflicht. Hier gilt nichts anderes als bei der Stromversorgung innerhalb der Wohnung. Diesen Vertrag schließt der Mieter selbst mit dem Unternehmen, genauso seine Internet- und Telefonverträge. Das kann auch für die Heizung und das Warmwasser gelten, etwa bei einer Gasetagenheizung. Auch hier bezieht der Mieter die Brennstoffe direkt, es stellt sich hier nur die Frage, dass die Anlage selbst dem Vermieter gehört und mit vermietet wird (wenn sie nicht vom Mieter eingebaut wurde). Auch wenn Durchlauferhitzer oder Warmwasserspeicher für die Warmwasserversorgung vorhanden sind, zahlt der Mieter die Warmwassererzeugung über „seinen“ Stromanschluss.

TECHNISCHE VORAUSSETZUNGEN MASSGEBEND

Es hängt also schlicht an den technischen Voraussetzungen: Überall dort, wo ein gesonderter Anschluss vorhanden ist, sodass der Mieter die Verträge selbst schließen kann, treffen den Vermieter keinerlei Pflichten. Oftmals ist dies aber bei der leitungsgebundenen Versorgung nicht möglich. Der Hauswasseranschluss ist nun mal an das Haus gelegt und der Eigentümer ist Vertragspartner und dann auch Gebührenschuldner des Versorgungsunternehmens. Wenn und soweit es einem Vermieter gelingt, die technische Voraussetzungen so zu schaffen, dass alle Verträge über Versorgungsleistungen (Heizung- und Warmwasser, Frisch- und Abwasser, Hausstrom, Müll) vom Mieter selbst geschlossen werden können, gibt es außer Grundsteuer, Hausreinigung, Gartenpflege, Hausstrom und Versicherung keine Betriebskosten mehr. All diese Leistungen sind schlicht die, die der Mieter für sein tägliches Leben in Anspruch nimmt und auch zahlen muss, wenn er vom Mieter zum Eigentümer mutiert (soll ja schon vorgekommen sein). Wenn der Vermieter die Versorgung zur Verfügung stellt, weil das nicht anders geht, muss er diese Pflichten auch erfüllen, anders als der forsche Frankfurter meinte. Weitere, für den Vermieter unerwünschte, aber nicht abwendbare Folge ist zum einen, dass er die Kosten vorschießen muss, vor allem aber, dass er sich damit die Pandorabüchse namens „Betriebskostenabrechnung“ auf den Schreibtisch stellt.

VORAUSZAHLUNGEN UND ABRECHNUNG

Ist – wie in den allermeisten Verträgen üblich – eine Vorauszahlung mit Abrechnung vereinbart, so kann jede Vertragspartei nach einer Abrechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung auf eine angemessene Höhe vornehmen. Bei Veränderungen von Betriebskosten ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam (§ 560 Abs. 4–6 BGB). Aus diesen Mieterschutzregeln ergibt sich nunmehr folgende Zwickmühle: Zwingende Voraussetzung für eine Anpassung der Vorauszahlungen ist die Abrechnung7Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 15. Aufl. 2021, BGB § 560 Rn. 58.. In der Regel ist die jährliche Abrechnung im Mietvertrag vereinbart. Da von den Regelungen nicht zulasten des Mieters abgewichen werden darf, kann der Vermieter natürlich jetzt nicht einfach die Vorauszahlungen anpassen, auch wenn er jetzt schon seinerseits – aufgrund der völlig anders gelagerten Anpassungsregelungen in den Versorgungsverträgen – schon höhere Abschläge an den Versorger zahlen muss und genau weiß, dass sich eine hohe Nachzahlung ergeben wird. Meines Erachtens hilft dem Vermieter hier auch nicht das Urteil des BGH, wonach die Betriebskostenabrechnung nicht die Berücksichtigung anderer bereits eingetretener oder noch eintretender Umstände hindert, von denen die im laufenden Jahr entstehenden Kosten voraussichtlich beeinflusst werden.8BGH, Urteil vom 28.09.2011 – VIII ZR 294/10, BeckRS 2011, 25102. Die Entscheidung betraf nur den Fall, dass der Vermieter nach der Abrechnung einen abstrakten Sicherheitszuschlag für die neu festgesetzten Vorauszahlungen angesetzt hat.

WEGFALL DER GESCHÄFTSGRUNDLAGE?

Derzeit werden verschiedene Ansatzpunkte diskutiert, woraus der Vermieter einen Anspruch auf Anpassung der Vorauszahlungen ableiten könnte9Zum Stand der Diskussion und der Lösungsansätze Zehelein NZM 2022, 593.. Zehelein10A.a.O. Seite 597. kommt mit zutreffenden Erwägungen zu dem Ergebnis, dass auch in diesem Falle – wie bei der Coronadiskussion – § 313 BGB in neuem Glanz erstrahlt. Genauso rechtswidrig wie der forsche Frankfurter würden Vermieter handeln, die die Versorgung zwar nicht ganz einstellen, aber einseitig die Heizzeiten ändern oder eine vertraglich vereinbarte Mindesttemperatur absenken.

WAS TUN?

Aus meiner Sicht sollten auch in diesen Fällen – ebenso wie ich das bei der Anpassung der Geschäftsraummiete im Rahmen der Coronaproblematik propagiert habe – die Parteien einfach miteinander reden. Ein Vermieter sollte auf Mieter zugehen und ihnen nachvollziehbar darlegen, dass und welche Kosten ihn treffen und klarmachen, dass er dies vorzufinanzieren hat, die Kosten aber letztlich auf die Mieter zukommen werden. Redliche Mieter werden sich einer einvernehmlichen Anpassung nicht verschließen. Hier ist – genauso wie von der Coronapandemie – jede und jeder betroffen, egal, in welcher Position sie oder er sich befindet. Der Staat muss und wird helfen, auch seine Taschen sind aber nicht unbegrenzt tief. Die Parteien sollten also vorrangig versuchen, selbst Lösungen zu finden. Ich jedenfalls werde solche Rechtsstreite ohne auskömmliche Honorarvereinbarung nicht führen. Muss ja schließlich meine Energierechnung zahlen können.

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    Siehe BAB 7–8/22, Krieg und Mieten. Auswirkungen der Weltlage auf deutsches Mietrecht, Johannes Häfele, Seiten 254–256.
  • 2
    VG Frankfurt a. M., Beschluss vom 22.08.2022 – 8 L 1907/22.F.
  • 3
    So auch der Wortlaut des § 556 BGB: die Vertragsparteien „können“ vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt.
  • 4
    BGH, Urteil vom 19.07.2006 – VIII ZR 212/05 NZM 2006, 652; LG Berlin LG Berlin, Urteil vom 25.09.2015 – 63 S 71/15 BeckRS 2015, 18859.
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    Daher müsste auch über die Miete der Ferienwohnung im Allgäu oder an der Ostsee eine Heizkostenabrechnung erfolgen. Spartipp des Tages: Wer mit der Wohnung unzufrieden ist, könnte einfach sagen, dass ein Teil der Kosten die Heizung betraf und 15 % davon kürzen (§ 12 Abs. 1 Heiz KV).
  • 6
    Ausführlich und zutreffend mit erfrischenden Ausführungen dazu, dass solche persönlichen Lebensumstände des Mieters den Vermieter nichts angehen, Zehelein NZM 2022, 593.
  • 7
    Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 15. Aufl. 2021, BGB § 560 Rn. 58.
  • 8
    BGH, Urteil vom 28.09.2011 – VIII ZR 294/10, BeckRS 2011, 25102.
  • 9
    Zum Stand der Diskussion und der Lösungsansätze Zehelein NZM 2022, 593.
  • 10
    A.a.O. Seite 597.