Dolce Vita im Arbeitskreis Erbrecht

Italienisches Erbrecht im Erbfall.

Passend zum sommerlichen Wetter am 12. Juli nahm Referent Mario Filtzinger die Mitglieder des Arbeitskreises Erbrecht mit auf eine Tour durch das italienische Erbrecht. „Wer von Ihnen hatte bereits Berührung mit Italien, ich meine beruflich, nicht bei privaten Urlaubsreisen?“, so stieg Rechtsanwalt Mario Filtzinger, Fachanwalt für Erbrecht und Avvocato in seinen Vortrag über das italienische Erbrecht ein. Nur vereinzelt gingen Hände in die Höhe, viele Zuhörer hatten bisher keine anwaltlichen Berührungspunkte mit dem italienischen Recht. Die, die bereits Erfahrungen gesammelt haben, waren sich einig, einfach war die Kommunikation mit italienischen Gerichten und Behörden nicht.

Julia Steinmetz | Studium der Rechtswissenschaften an der Humboldt-Universität | 9. Semester
Dr. Dietmar Kurze und Mario Filtzinger, Foto: Mario Filtzinger

Doch wie kommen deutsche Anwälte eigentlich mit italienischem Erbrecht in Berührung? Fünf Konstellationen gebe es laut Filtzinger: entweder durch Mandanten mit deutscher Staatsangehörigkeit, ohne oder mit letztwilliger Verfügung und gewöhnlichem Aufenthalt in Italien; oder italienischen Staatsbürgern mit letztwilliger Verfügung nebst Rechtswahl, die im deutschen Inland verstorben sind; italienische Staatsbürger, die in Deutschland verstorben sind, aber eine engere persönliche Beziehung zu Italien hatten (z.B. Berufspendler) sowie bei Erblassern mit italienischer Staatsbürgerschaft ohne Wohnsitz in Deutschland und wirksamer Rechtswahl, die Grundvermögen in Deutschland haben. Für genau diese Fälle sei es wichtig, ein paar grundlegende Aspekte über das italienische Erbrecht zu kennen, insbesondere zu wissen, an welche Behörden oder Gerichte man sich wie wendet und sich auch mit den Unterschieden zu deutschem Recht und möglichen Gepflogenheiten auseinanderzusetzen. All dies sollte überblicksartig Inhalt der kommenden zwei Stunden sein.

GRUNDZÜGE DES ITALIENISCHES ERBRECHTS

Das italienische Zivilrecht, welches sich in sechs Bücher gliedert, basiert auf dem romanischen Code Civil, es kennt kein Sachenrecht, aber ein Liegenschaftsregister. Nach italienischem Recht geht der Nachlass nicht automatisch auf die Erben über (kein Vonselbsterwerb). Ein Erbe tritt folglich erst dann in die Erbfolge ein, wenn er sich nach Einholung aller Informationen dafür entscheidet, das Erbe anzunehmen. Für diese Entscheidung, der Annahme oder des Ausschlagens, hat er gemäß Art. 480 cc zehn Jahre Zeit, wobei eine Annahme ausdrücklich oder konkludent erfolgen kann (Art. 474 cc). Weiterhin sei es, so Filtzinger, möglich, die sehr lange Annahme- oder Ausschlagungsfrist durch ein Klageverfahren auf Erklärung der Annahme (oder Ausschlagung) zu verkürzen (Art. 481 cc). Sind im Nachlass auch Immobilien vorhanden, müsse die Annahme noch immer und trotz des ENZ (Europäischen Nachlasszeugnisses) in Italien notariell beurkundet werden, um ins Immobilienregister eingetragen zu werden.

Im Gegensatz zur Erbengemeinschaft nach deutschem Recht ist die Erbengemeinschaft in Italien keine Gemeinschaft zur gesamten Hand, sondern eine Bruchteilsgemeinschaft. Art. 450 cc enthält zusätzlich einen Vorbehalt zu Gunsten des Ehegatten, er hat grundsätzlich ein Nutzungsrecht an der ehelichen Wohnung und aller Gegenstände des Hausrates.

Der gesetzliche Güterstand in Italien ist die Errungenschaftsgemeinschaft, die sich in vielen Aspekten von der deutschen Zugewinngemeinschaft unterscheidet, wobei auch in Italien andere Güterstände vereinbart werden können. Grundsätzlich wird in drei Vermögensmassen – das Gesamtgut, das Eigengut und das Restgut unterschieden. Das Vermächtnis wirkt in Italien unmittelbar dinglich (Vindikationslegat), was nach dem EuGH auch beim deutschen Grundbuchamt entsprechend zu berücksichtigen ist.1EuGH v. 12.10.2017 – Rs C-218/16.

Das italienische Erbrecht sieht ein Noterbrecht vor, das heißt, dass die pflichtteilsberechtigten Personen mit einer Mindestquote am Nachlass als Miterben beteiligt sind. Für den Ehegatten ohne Abkömmlinge beträgt die Pflichtteilsquote 1/2; mit einem Abkömmling des Erblassers nur 1/3. Für den Ehepartner nebst mehreren Abkömmlingen beträgt die Pflichtteilsquote gleichfalls 1/3 und für diese insgesamt 1/2.

Vergleicht man die Pflichtteilsquoten mit dem deutschen Erbrecht, so werden Pflicht- bzw. Noterben i.d.R. nach italienischem Erbrecht bessergestellt.

KATASTER UND GRUNDBUCHWESEN IN ITALIEN

In Italien gibt es, abgesehen von Südtirol, kein Grundbuchsystem und dementsprechend keine Pflicht zur Eintragung in dieses. Die in Deutschland bestehende Beweisfunktion des Grundbuchs wird in Italien durch das Liegenschafts- bzw. Immobilienregister übernommen, die Eintragung in das italienische Immobilienregister wirkt jedoch nicht konstitutiv, sondern nur deklaratorisch.

Aus den Eintragungen im Liegenschaftsregister sollen die Eigentumsverhältnisse an einem Grundstück eindeutig hervorgehen, sodass prinzipiell alle Vorgänge des Eigentumsübergangs im Liegenschaftsregister vermerkt und die dazugehörigen Verträge oder Erbgänge verwaltet werden müssen. Es dürfen nur notariell beglaubigte Verträge registriert werden.

Aus den Registereintragungen ergeben sich Eigentümer, Belastungen (z.B. Hypotheken) und Rechte (z.B. Nießbrauch) am Grundstück. Die reddita catastale im Katasterauszug gibt den Wert des Grundstücks, vergleichbar mit dem deutschen Einheitswert und dem Grundsteuermessbetrag, an.

Die Einsicht in die Katasterdaten ist jedem gestattet, der sein berechtigtes Interesse nachweisen kann, wobei daran keine hohen Anforderungen gestellt würden, so Filtzinger.

ERBSCHAFTSSTEUER UND NACHLASSABWICKLUNG

Grundlage für die italienische Erbschaftssteuer ist das „Imposta sulle successioni e donazioni“, die Erbschaftsteuer wurde jedoch erst zum 1. Januar 2007 wieder eingeführt. Bei der italienischen Erbschaftssteuer handelt es sich um eine Erbanfallsteuer, sodass der Erwerb durch den Erben besteuert wird, wobei die steuerliche Meldung des Erbfalls innerhalb eines Jahres zu erfolgen hat. Es wird unterschieden zwischen einer beschränkten Steuerpflicht (z.B. bei einem Wohnsitz in Deutschland und der Belegenheit der Immobilien in Italien) und einer unbeschränkten Steuerpflicht, wobei die Steuersätze und Freibeträge auch abhängig vom Verwandtschaftsgrad zum Erblasser sind. Für den überlebenden Ehegatten, für Kinder und Enkel des Erblassers gilt ein Erbschaftssteuersatz von 4 Prozent, wobei jeder dieser Erben einen Freibetrag in Höhe von 1 Million Euro steuerfrei erbt.

Verschwägerte Personen und Verwandte der Nebenlinie (bis zum vierten Grad) müssen eine Erbschaftssteuer in Höhe von 6 Prozent entrichten, sofern die Erbschaft den Freibetrag von 100.000 Euro übersteigt. Alle restlichen Erben (dritte Gruppe) müssen 8 Prozent Erbschaftsteuer an den italienischen Fiskus zahlen.

Ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Italien existiert nicht. Filtzinger empfiehlt zudem, die italienische Steuererklärung immer vor der deutschen Steuererklärung abzugeben, da so die in Italien gezahlte Steuer sofort angerechnet werden kann.

Die Veranstaltung war ein gelungener Abschluss des ersten Veranstaltungshalbjahres vor der Sommerpause im Arbeitskreis Erbrecht.

Der Arbeitskreis Erbrecht trifft sich am 2. Mittwoch eines Monats zwischen 18:00 und 20:00 Uhr zu Veranstaltungen. Anmeldungen gerne über ak-erbrecht@berlineranwaltsverein.de

Exklusiv für Mitglieder | Heft 11/2023 | 72. Jahrgang
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    EuGH v. 12.10.2017 – Rs C-218/16.