Einmal Spanien ohne Rückfahrschein
Fragen von Frau Dr. Auer-Reinsdorff an Janina Lücke, die es in den Süden zog
Frau Lücke, Sie waren einige Jahre Redaktionsassistentin und Lektorin für das Berliner Anwaltsblatt und haben die Redaktion in Ihrer Arbeit wertvoll unterstützt. Was machen Sie heute beruflich?
Ja, sieben Jahre habe ich die Redaktion des Berliner Anwaltsblatts unterstützt, von Mitte 2015 bis Ende 2022. An diese Zeit und die gute Zusammenarbeit mit Ihnen, der Redaktion und den Autor*innen erinnere ich mich sehr gerne.
Seitdem habe ich meinen Arbeitsschwerpunkt verlegt, hin zum Buch und zum Coaching: Ich bin als Schreibcoach und Expertenbuch-Mentorin tätig. Das heißt: Ich begleite Unternehmer*innen dabei, ihr eigenes Sachbuch, Fachbuch oder einen Ratgeber zu schreiben und zu veröffentlichen. Immer mit dem Ziel, das Buch für das eigene Business oder die eigene Personenmarke zu nutzen. Etwa, um die Reichweite und Sichtbarkeit auf- und auszubauen, den Expertenstatus zu festigen oder auch, um neue Kundschaft zu gewinnen.
Die meisten meiner Autor*innen kommen aus den Bereichen Coaching, Beratung oder Training. Und fast alle schreiben ihr erstes Expertenbuch. Damit sie sich diesen – oft langgehegten – Traum erfüllen, leite ich sie in meinem Buchcoaching und in meinem Gruppenformat, der Expertenbuch-Masterclass, Schritt für Schritt durch den gesamten Prozess: von der ersten Idee bis zum gedruckten Buch.

Janina Lücke | zert. Schreibberaterin | zert. Freie Lektorin | Schreibcoach und Mentorin für Expertenbücher | janinaluecke.de


Während Ihrer Arbeit für die Redaktion lernten Sie Spanisch und unternahmen eine abenteuerliche Reise durch Südamerika. Diese Erfahrung und Ihre erworbenen Sprachkenntnisse haben Ihrem Leben eine Wendung gegeben. Verraten Sie uns, wie es dazu kam, dass Sie heute in Spanien leben?
Genau, die Reise durch Südamerika hat eigentlich alles ins Rollen gebracht. Schon als ich Anfang 20 war, wollte ich gerne dorthin reisen. Dafür habe ich sogar an der Uni drei Semester lang Spanisch gelernt. Mich hat es zu dieser Zeit aber dann doch mehr ins englischsprachige Ausland verschlagen. Südamerika zu bereisen, blieb aber weiterhin mein großer Wunsch.
2019 war es dann endlich soweit: Mit Rucksack, aufgefrischtem Spanisch und jeder Menge Reiselust ging es fünf Wochen lang durch Chile, Bolivien und Peru. Die Menschen, das Lebensgefühl und vor allem die Natur dort haben mich sehr beindruckt – und ich wollte eigentlich so schnell wie möglich wieder dorthin. Doch dann kam erst einmal die Corona-Pandemie und die Welt stand still.
Die Pandemie bzw. die damit verbundenen technischen Umstellungen hatten aber für mich auch etwas Gutes: Ich habe meine Arbeit komplett digitalisiert. Durch diese neue Ortsunabhängigkeit kam im Frühjahr 2022 die Idee auf, den nächsten Winter statt im kalten Berlin im warmen Süden Spaniens zu verbringen. So würde ich weiter mein Spanisch trainieren und noch tiefer in die spanischsprachige Welt eintauchen können. Nach einem Erkundungsurlaub durch Andalusien im Sommer fiel die Wahl auf Granada.
Mit meinem Lebenspartner, unserem Hund und Gepäck für eine Großfamilie sind wir im Januar 2023 per Zug nach Granada gereist. Der Plan war, wie gesagt, nur den Winter dort zu verbringen und im April wieder zurück in Berlin zu sein. Je näher allerdings das Rückfahrdatum rückte, umso trauriger wurden wir: Wir wollten in Granada bleiben! Wir hatten liebenswerte Bekannte kennengelernt, genossen die Nähe zu den Bergen und zum Meer. Diese wunderschöne Stadt mit der Alhambra, ihren Tapasbars und der entspannten Lebensweise war uns ans Herz gewachsen. Hier fühlte ich mich wohl und kam zur Ruhe. Zu dieser Zeit war jedoch ein längerer Aufenthalt noch nicht möglich. Also fuhren wir tieftraurig zurück in die alte Heimat.
Das Ankommen in Berlin war entsprechend zäh, ich konnte mich nicht mehr so richtig einfinden. Der Entschluss auszuwandern hat allerdings noch ein paar Monate gedauert. Lustigerweise habe ich aber schon direkt nach unserer Rückkehr in Berlin angefangen, Möbel zu verkaufen und die Wohnung leerzuräumen. Unbewusst war wohl schon gewiss, wohin es geht. Aber es war bereits Herbst, als wir klar sagten: Wir wagen den Schritt und ziehen nach Spanien – mit allen Konsequenzen, die dazugehören.
Im Januar 2024 haben wir dann Nägel mit Köpfen gemacht und sind wieder nach Granada gefahren, zunächst in eine vorläufige Unterkunft für drei Monate. Von dort haben wir uns eine Wohnung gesucht. Im Sommer haben wir dann auch unsere Unternehmen hier angemeldet.
Neulich hat uns ein Granadino von einem Sprichwort erzählt, bei dem ich schmunzeln musste. Es heißt, dass man hier freundlich verhext wird: Man kommt drei Mal nach Granada – beim dritten Mal bleibt man.
Südamerika ist übrigens nicht vergessen – die nächste Reise ist schon geplant.
Wie fühlt es sich an, Deutschland zu verlassen und was vermissen Sie?
Da ich schon mein Leben lang gerne im Ausland unterwegs bin und schon früh darüber nachgedacht habe, auszuwandern, fühlt sich dieser Schritt sehr gut an. Wie ein endlich sich erfüllender Lebenstraum. Außer der Möglichkeit, mich öfter mit meinen Freunden oder meiner Familie zu treffen, vermisse ich momentan – noch? – nichts. Eine Sache fällt mir da aber doch ein: mich sprachlich im Alltag sehr nuanciert ausdrücken zu können. Ob beim Bäcker, in der Bankfiliale oder beim Smalltalk mit der Nachbarin. Dafür fehlt mir momentan noch mehr und differenzierteres Spanisch. Ich hoffe aber, das kommt mit der Zeit.
Wie schwierig oder leicht war das bürokratische Ankommen in Spanien? Was gefällt Ihnen besonders – außer der längeren Anzahl an Sonnenstunden in Spanien?
Das bürokratische Ankommen war, objektiv gesehen, recht übersichtlich: Ich bin Freiberuflerin, ohne festangestellte Mitarbeitende etc. Ich konnte dadurch mit meinem Unternehmen relativ leicht nach Spanien wechseln. Außerdem habe ich keine Kinder, es gab also keine Herausforderungen wie Schulsuche oder Ähnliches. Auch hatte ich bei allen bürokratischen Angelegenheiten die Unterstützung einer spanischen Anwältin und eines deutsch-spanischen Steuerberaters. Dadurch wusste ich immer, was gerade zu tun ist und wie die nächsten Schritte aussehen. Das Ausfüllen der spanischsprachigen Formulare war so natürlich ebenfalls viel einfacher.
Subjektiv gesehen gab es aber schon herausfordernde, auch skurrile Situationen. Etwa bei den Besuchen von Ämtern und Behörden: Mehrmals sagte man uns am Anfang, dass unser Anliegen nicht möglich sei – obwohl wir durch andere sicher wussten, dass es geht, etwa bei der Konteneröffnung oder im Einwohnermeldeamt. Am Ende führte durch Geduld, Beharrlichkeit und Einfühlungsvermögen beider Seiten doch immer der Weg zum gewünschten Ziel. Hinzu kam, dass mein Lebenspartner und ich, über das Jahr verteilt, immer wieder nach Deutschland reisen mussten. Etwa, um unsere Berliner Wohnung auszuräumen oder pflegebedürftige Angehörige zu betreuen. Das hat den Prozess auch verzögert – so habe ich schlussendlich meine Aufenthaltserlaubnis erst im Oktober, also nach zehn Monaten, erhalten. An Granada gefällt mir besonders, dass ich schnell in den Bergen bin. Ich liebe es, zu Fuß in der Natur unterwegs zu sein. Schon allein die wunderschönen Berge der Sierra Nevada jeden Tag zu sehen, bringt mir Freude und Ruhe. Auch die Nähe zum Meer ist toll, in nur einer Stunde ist man am Strand. Nach 14 Jahren in Berlin genieße ich außerdem die übersichtliche Größe: Ich kann überallhin laufen oder mit dem Fahrrad hinfahren. Einzigartig ist aber wohl die Offenheit und Freundlichkeit der Menschen hier. Und ihre Lust, das Leben zu genießen. Davon lasse ich mich jeden Tag aufs Neue berühren und inspirieren.
Sie arbeiten viel über Videokonferenzen. Wahrscheinlich wäre Ihr Umzug nach Spanien ohne die neue Offenheit und Flexibilität über die digitale Kommunikation gar nicht möglich gewesen. Halten Sie rein digital Kontakt zu Ihren Kund*innen oder streuen Sie hin und wieder Präsenzelemente ein und haben Sie schon einen Kundenstamm in Spanien gefunden?
Richtig, ich habe mit der Pandemie mein Business komplett auf den Online-Modus umgestellt. Daher läuft so gut wie alles digital: mein Marketing, meine Gruppenformate, Workshops und Buchcoachings. Das funktioniert sehr gut, weil auch meine Kund*innen quer verstreut über den DACH-Raum leben. Denn momentan biete ich meine Formate nur auf Deutsch im deutschsprachigen Raum an. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass das mit der Zeit internationaler wird.
Wenn ich allerdings in Deutschland bin, versuche ich, in dieser Zeit auch Treffen mit meinen Kund*innen zu organisieren. „Live und in Farbe“ ist, gerade wenn man sonst nur online unterwegs ist, etwas Besonderes. Vor allem bei meinen Gruppenformaten ist es immer schön, wenn die Teilnehmenden sich einmal direkt kennenlernen und erleben können. Für die Zukunft habe ich auch Angebote hier in Spanien geplant, darunter Schreib-Retreats. Hier können die Expertenbuch-Autor*innen fernab vom deutschen Alltag fokussiert und in sonniger, andalusischer Atmosphäre ihr Buch voranbringen.