Gedenken an Rudolf Mandrella
Gedenkveranstaltung zum 80. Todestag.
Am 03.09.2023 fand am Denkmal vor dem Amtsgericht Köpenick auf dem Mandrellaplatz eine Gedenkveranstaltung zum 80. Todestag von Rudolf Mandrella statt. Rudolf Mandrella wurde am 06.03.1902 geboren. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften in Berlin war er ab 1936 als Richter am Amtsgericht Köpenick tätig. Mit seiner Ehefrau und seinen drei Söhnen lebte er in Berlin-Karlshorst. Ab 1941 war er bei der Kriegsmarine in Stettin stationiert. Dort lernte er den katholischen Standortpfarrer Kaplan Herbert Simoleit kennen, der regelmäßige Treffen für katholische Soldaten organisierte. Bei den Treffen der Gruppe wurde offen über die tatsächliche Lage und über Sorgen und Befürchtungen gesprochen. Mit Hilfe eines eingeschleusten Spitzels der Gestapo wurde der regimekritische „Stettiner Kreis“ zerschlagen.
Olaf Hans Günther | Vorstandsmitglied Berliner Anwaltsverein | Rechtsanwalt | Fachanwalt für Verwaltungsrecht | www.ohguenther.de
Am 12.05.1943 wurde Rudolf Mandrella vom Reichskriegsgericht – StPL 4. Senat 31/43 StPL (RKA) 56/43 – wegen Zersetzung der Wehrkraft gemäß § 5 Abs. 1 Kriegssonderstrafrechtsverordnung (KSSVO) zum Tode verurteilt.
„§ 5 Zersetzung der Wehrkraft
(1) Wegen Zersetzung der Wehrkraft wird mit dem Tode bestraft:
- wer öffentlich dazu auffordert oder anreizt, die Erfüllung der Dienstpflicht in der deutschen oder einer verbündeten Wehrmacht zu verweigern, (…);
- wer es unternimmt, einen Soldaten oder Wehrpflichtigen des Beurlaubtenstandes zum Ungehorsam, zur Widersetzung oder Tätlichkeit gegen einen Vorgesetzten oder zur Fahnenflucht oder unerlaubten Entfernung zu verleiten (…).“
Rudolf Mandrella wurde für den Mut bestraft, seine politische Meinung und seine Einschätzung über den Ausgang des Krieges auszusprechen. Aus den Urteilsgründen ergibt sich hierzu:
„In seinen Ausführungen zeigt sich der Angeklagte als ausgesprochener Gegner der nationalsozialistischen Weltanschauung und Staatsführung. Er kritisiert in schärfster Weise Maßnahmen der Führung auf politischem und militärischem Gebiete und gab auch wiederholt gehässige Urteile über führende Männer des Staates, insbesondere den Führer selbst ab. Außerdem schilderte er die Kriegslage in den schwärzesten Farben und äußerte sich wiederholt dahin, dass der Krieg verloren gehen werde (…).“
Auch erkannte er das Unrecht, das den Juden angetan wurde. Hierzu heißt es in der Urteilsbegründung: „Es habe in der Geschichte bisher keine ähnliche Barbarei wie die jetzige deutsche Judenverfolgung gegeben. Das Schicksal der Juden sei zu bedauern.“
Schließlich wurde die Verurteilung auch mit der Art seines Humors begründet, wie sich dem Urteil entnehmen lässt:
„Mehrfach erzählte der Angeklagte auch auf den Versammlungen bei Simoleit politische Witze über führende Persönlichkeiten. Darunter befand sich folgender seine Einstellung kennzeichnende sogenannter Witz: Nach dem Sturz des Nationalsozialismus werden Hitler und Göring auf dem Potsdamer Platz gehenkt. Göring röchelt dabei zu Hitler hinüber: ,Siehst Du Adolf, ich habe Dir doch immer gesagt, dass dieser Krieg in der Luft entschieden wird.‘“ Während der Gedenkveranstaltung verlasen Frau Prof. Dr. Christine Funk und Herr Michael Halfmann den emotional bewegenden Abschiedsbrief, den Rudolf Mandrella am Tage seiner Hinrichtung an seine Ehefrau schrieb.
Am Ende des Briefes bat er seine Ehefrau, den Kindern ein paar Jahre später mitzuteilen, wie sehr er sie geliebt habe. Sie seien ihm – nach seiner Ehefrau – das Liebste auf der Welt gewesen. Am 03.09.1943 wurde das Todesurteil im Zuchthaus Brandenburg-Görden durch das Fallbeil vollstreckt.