Geldwäschebekämpfung

Das Ziel ist klar, der Weg dorthin aber steinig

Die Bundesnotarkammer hatte im Rahmen ihrer neuen Veranstaltungsreihe „Neue Perspektiven“ zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Der deutsche Immobilienmarkt: Paradies für Geldwäscher und Oligarchen?“ eingeladen. Diskutiert wurde, was Deutschland tun muss, um effektiver im Kampf gegen Geldwäsche zu werden, und wie es zu schaffen ist, die Russland-Sanktionen besser durchzusetzen.

Johannes Hofele | Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Sprecher des Arbeitskreises Mietrecht und WEG im BAV
Exklusiv für Mitglieder | Heft 12/2022 | 71. Jahrgang

Moderiert wurde die Veranstaltung von Judith Henke, Reporterin für das Ressort Investigation von Welt und Welt am Sonntag, die kürzlich einen großen Beitrag dazu veröffentlicht hatte. Nach einer kurzen Begrüßung durch den Präsidenten der Bundesnotarkammer, Honorarprofessor Dr. Jens Bormann, LL. M. (Harvard), führte Sebastian Fiedler, MdB (SPD), im Rahmen seines Impulsreferates in das Thema ein, wobei ganz deutlich sein Hintergrund als ehemaliger Vorsitzender beim Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) zum Vorschein kam. Diskussionspartner waren Thomas Fels, Oberstaatsanwalt in Berlin und ehemaliger Leiter der Abteilung Geldwäsche, Stephan K. Ohme, Leiter der Arbeitsgruppe Finanzwesen von Transparency International Deutschland und Martin Thelen, Mitglied der Geschäftsführung der Bundesnotarkammer, zuständig für das Referat für Geldwäscherecht.
Einvernehmen bestand darin, dass die geschätzten 100 Milliarden Euro, die aus ungeklärten Quellen stammen, vielleicht ein Prozent der tatsächlichen „Schattengeldflüsse“, darstellen. Dies macht die Dimension des Problems deutlich. In der Debatte wurden durchaus unterschiedliche Ansatzpunkte und wohl auch Interessen deutlich, wie das Problem zu lösen ist bzw. wie die Aufgabenverteilung sein soll.
Aus Ermittlersicht hat Priorität, dass die Anzeigepflicht nicht für sich allein stehen dürfe. Denn ohne die Möglichkeit, aus den erhobenen Daten Strukturen zu erkennen, helfe eine Meldung nichts. Die Daten dürften nicht nur gesammelt werden, sondern müssten verknüpft werden dürfen, hierfür müsse eine zentrale Stelle eingerichtet werden, so Thomas Fels. Ein weiteres Problem sei, dass seitens der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) oftmals keinerlei Rückmeldung über das „Schicksal“ der Meldungen erfolge. Stephan Ohme wies auf den internationalen Aspekt hin: Geldwäsche sei selbstverständlich kein nationales Problem, weil die Zahlungsströme global sind. Die Schattenwirtschaft sei letztlich auch gefährlich für die Gesellschaft, weil diese Machenschaften zu einer Systemunterwanderung führen. Der von ihm verwandte Begriff der „Enabler“ führte zu Widerspruch seitens Martin Thelen, der diesen Begriff nicht auf die Notare angewandt sehen wollte. Denn die Notare würden keinesfalls solche Geschäfte ermöglichen, im Gegenteil würde ihre Tätigkeit zur Transparenz beitragen, so Thelen. Ohme erläuterte, dass das damit gar nicht gemeint sei, sondern der Begriff vielmehr alle meldepflichtigen Personen bzw. Institutionen meine.
Ein weiterer Aspekt ist die Komplexität der Materie. Sogar bei Anwälten bestünden Unklarheiten über den Umfang der Meldepflicht, es würde oft befürchtet, dass allein durch eine Meldung ein Strafverfahren gelöst würde, so Ohme. Hier sei noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.
Im Hinblick auf die geplanten Maßnahmen fand das Barzahlungsverbot jedenfalls im Grundsatz allseits Zustimmung, ausdrücklich auch seitens der Notare, die dies ihrerseits auch selbst gefordert hatten. Dass bei den Notaren reihenweise aus Lederkoffern bezahlt werde, sei ein völliges Vorurteil, so Martin Thelen.
Für mich als Beobachter blieb etwas unklar, wie letztlich die Positionen zur institutionellen Umsetzung sind. Aus Ermittlersicht ist die Einführung einer Zentralstelle zwingend, wogegen Sebastian Fiedler einem „Bundesfinanzkriminalamt“ offenbar skeptisch gegenübersteht. Es sei zu klären, welche Organisationen schon bestehen, die das leisten können und die gegebenenfalls ausgebaut und weiter entwickelt werden könnten, so Fiedler. Einigkeit bestand aber darin, dass eine Koordination zwischen Bund und Ländern erfolgen muss, damit nicht jedes Mal 16 Grundbuchämter abgefragt werden müssen. Dieses Problem schilderte Herr Fels anschaulich. Es scheint so zu sein, dass hier die Länder nicht in der Lage sind, die notwendigen Änderungen voranzubringen.
Als gutes Beispiel nannten Sebastian Fiedler und Stefan Ohme einvernehmlich Spanien: Dort gibt es wohl schon eine Einrichtung, bei denen Vertreter der Zentralbank, Steuerbehörden und der Polizeien gemeinsam agierten.
In diesem Zusammenhang kam auch zur Sprache, dass die Daten aus den Meldungen der Notare an das Finanzamt im Dornröschenschlaf lägen und nicht für Ermittlungen genutzt werden könnten. Martin Thelen wies noch auf ein weiteres „loses Ende“ hin: Amtsgerichte unterliegen bei Zwangsversteigerungen keinerlei Meldepflichten, wobei gerade dort – vor allem bei relativ wenig werthaltigen Objekten – offenbar einschlägig bekannte Personen aus den ebenso einschlägigen Milieus Immobilien ersteigern.
Auf die abschließende Frage der Moderatorin, welche „Stellschraube“ für die Diskutanten die wichtigste sei, stellte Sebastian Fiedler eine neue Verteilung der Aufgaben unter den vorhandenen Organisationen als wichtigsten Punkt heraus, während die anderen Teilnehmer die Datenzusammenführung durch eine zentrale Stelle bzw. deren kurzfristige Vernetzung nannten.
Als Fazit der Veranstaltung lässt sich ziehen, dass über die Ziele der Geldwäschebekämpfung Einigkeit besteht, auf dem Weg dahin jedoch noch einiges zu diskutieren ist. Dies wird nunmehr im parlamentarischen Verfahren erfolgen: Just am Tag der Veranstaltung wurde der Referentenentwurf des zweiten Sanktionsdurchsetzungsgesetzes veröffentlicht, das die Möglichkeit verbessern soll, Vermögenswerte einer Person zuzuordnen. Nach dem bei Redaktionsschluss vorliegenden Referentenentwurf soll eine Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung im Geschäftsbereich des Finanzministeriums geschaffen werden. Bei Immobilientransaktionen sollen ein Barzahlungsverbot und eine erweiterte Mitteilungspflicht der Notare an das Transparenzregister ein-geführt werden. Die Notare sollen verpflichtet werden, Abweichungen zwischen den Grundbuchdaten im Transparenzregister und ihren eigenen Erkenntnissen zu melden. Dass die Notare die Erweiterung ihrer Pflichten nicht erfreuen wird, wird schon an den Stellungnahmen deutlich, wobei übrigens so eine Stellungnahmefrist von zwei Tagen eingeräumt wurde, was aus meiner Sicht sehr bedenklich ist. Warten wir einmal ab, ob damit Oligarchen und sonstige Dunkelmännern dort gepackt werden können, wo es ihnen wehtut.