Immobilienerwerb in Polen
Was gibt es zu beachten?
Der polnische Immobilienmarkt gewinnt zunehmend an Attraktivität, insbesondere bei deutschen Investoren und Privatpersonen. Bevor jedoch ein Kauf getätigt wird, sind einige rechtliche und praktische Aspekte zu beachten, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.
Nach Angaben des polnischen Ministeriums für Innere Angelegenheiten und Verwaltung1Dziennik Gazeta Prawna, 25.7.2024, https://www.gazetaprawna.pl/ wiadomosci/kraj/artykuly/9535758,nabywanie-nieruchomosci-przezcudzoziemcow- sejm-przyjal-sprawozdanie.html. haben ausländische Staatsbürger im Jahr 2023 in Polen fast 10.000 Grundstücke, 14.300 Wohnungen und mehr als 2500 Geschäftsräume erworben. Bei natürlichen Personen wurde die größte Anzahl der Immobilien von Bürgern aus der Ukraine, Weißrussland und Deutschland gekauft, bei juristischen Personen von Unternehmen mit mehrheitlich deutschem, luxemburgischem und ukrainischem Kapital. Insbesondere in den Woiwodschaften Westpommern, Schlesien und Pommern ist der Erwerb von Immobilien durch deutsche Staatsbürger von besonderer Relevanz.
Małgorzata Gemen | polnische Rechtsanwältin und Gründerin der Anwaltskanzlei Adwokat Małgorzata Gemen, Stettin | Polen | www.kanzlei-gemen.de
Łukasz Łowkiet | polnischer Rechtsanwalt und Gründungspartner der Kanzlei Dobrołowicz Weissgerber Łowkiet Adwokaci Sp. p., Stettin | Polen | anwalt-polen24.de
RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
Die Vorschriften und Regeln für den Erwerb von Immobilien durch ausländische Staatsbürger sind im polnischen Gesetz vom 24. März 1920 über den Erwerb von Immobilien durch ausländische Staatsbürger festgelegt. Demnach ist für den Erwerb von Immobilien durch ausländische Staatsbürger grundsätzlich eine Genehmigung erforderlich. Allerdings gibt es Ausnahmen.
Ausländische Staatsbürger im Sinne des Gesetzes sind gemäß Artikel 1 Absatz 2 natürliche Personen, die keine polnische Staatsangehörigkeit besitzen, sowie juristische Personen, die ihren Sitz im Ausland haben. Als ausländische Staatsbürger gelten auch juristische Personen mit Sitz in Polen, die von einer natürlichen Person ohne polnische Staatsangehörigkeit oder von einer juristischen Person mit Sitz im Ausland kontrolliert werden. Eine Handelsgesellschaft wird laut Gesetz dann als kontrolliert betrachtet, wenn die ausländische Seite mindestens 50 Prozent des Grund- bzw. Stammkapitals besitzt.
Für Bürger des Europäischen Wirtschaftsraums (EU, Island, Liechtenstein, Norwegen) sowie der Schweiz entfällt die Genehmigungspflicht. Dies bedeutet, dass beispielsweise deutsche Staatsbürger im Regelfall ohne besondere Regelungen Immobilien in Polen erwerben können. Für ausländische Staatsbürger, die nicht aus den oben genannten Regionen stammen, ist hingegen eine Genehmigung des polnischen Ministers für Inneres und Verwaltung erforderlich. Diese muss vor dem Kauf vorliegen, da das Fehlen der Genehmigung zur Unwirksamkeit des Kaufvertrages führen kann.
Interessant ist, dass es kurz nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union im Jahr 2004 Übergangsbestimmungen gab, die den Erwerb von Immobilien in Polen durch EU-Bürger einschränkten. Seit dem 1. Mai 2016 sind die Beschränkungen in Polen in Bezug auf Immobilien, die keinen landwirtschaftlichen Charakter haben, aufgehoben.
Bevor man eine Immobilie in Polen kauft, sollte man unbedingt prüfen, welche Nutzung für das Grundstück vorgesehen ist. Es ist wichtig, den Bebauungsplan zu überprüfen, um sicherzustellen, dass das Grundstück für die geplanten Zwecke genutzt werden kann, sei es für Wohn-, Gewerbe- oder Landwirtschaftszwecke.
Beim Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken gibt es viele Sonderregeln, die auch für polnische Staatsbürger gelten. Nach den neuesten Vorschriften kann praktisch jeder eine landwirtschaftliche Fläche unter 0,3 Hektar erwerben. Der Käufer muss keine landwirtschaftliche Tätigkeit ausüben und kann grundsätzlich das Grundstück für beliebige Zwecke nutzen, beispielsweise für den Bau eines Hauses. Bevor jedoch eine Entscheidung über den Kauf eines landwirtschaftlichen Grundstücks mit der Absicht getroffen wird, darauf ein Haus zu bauen, sollten unter anderem der Flächennutzungsplan oder der Bebauungsplan geprüft werden, um sicherzustellen, dass auf dem betreffenden Grundstück ein Haus gebaut werden darf. Diese Flächen unterliegen keinem Verkaufsverbot und sind somit sowohl für Landwirte als auch für Privatpersonen attraktiv.
Anders verhält es sich bei Grundstücken zwischen 0,3 und 1 Hektar. Obwohl diese ebenfalls für Nichtlandwirte zugänglich sind, hat das polnische Nationale Zentrum für die Förderung der Landwirtschaft (pl. KOWR) ein gesetzliches Vorkaufsrecht.
Landwirtschaftliche Grundstücke über 1 Hektar dürfen vorrangig ausschließlich von Landwirten erworben werden, die eine Reihe gesetzlicher Anforderungen erfüllen, wie zum Beispiel das Vorhandensein entsprechender landwirtschaftlicher Qualifikationen. Der zukünftige Besitzer muss sich verpflichten, mindestens fünf Jahre lang ein landwirtschaftliches Unternehmen zu führen und das Grundstück in dieser Zeit nicht zu verkaufen. Sollte der Eigentümer in diesem Zeitraum das landwirtschaftliche Grundstück doch verkaufen wollen, kann er dies nur mit Zustimmung des KOWR tun. Vorrangig kann ein Landwirt dann ein solches landwirtschaftliches Grundstück erwerben. Andere Personen können das landwirtschaftliche Grundstück erst dann erwerben, wenn kein Landwirt interessiert war, und auch nur unter der Voraussetzung, dass sie eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausüben werden.
Bevor man eine Immobilie in Polen kauft, soll man daher unbedingt prüfen, ob es sich um ein landwirtschaftliches Grundstück handelt.
WIE LÄUFT DER NOTARIELLE TERMIN IN POLEN AB?
Der Kaufvertrag wird bei einem polnischen Notar beurkundet. Hierbei ist der Personalausweis oder Reisepass des Käufers/Verkäufers erforderlich. Deutsche Käufer benötigen keine PESEL-Nummer (polnische Identifikationsnummer), stattdessen werden die Vornamen der Eltern im Kaufvertrag vermerkt. Wenn der Käufer der polnischen Sprache nicht mächtig ist, muss zwingend ein vereidigter Dolmetscher hinzugezogen werden. Der Dolmetscher führt während des Notartermins eine mündliche Übersetzung der Urkunde durch. Die schriftliche Fassung des Notarvertrags wird ausschließlich in polnischer Sprache verfasst. Vor dem Kauf sollten mehrere Unterlagen geprüft werden, unter anderem das Grundbuch, da es wichtige Informationen über Eigentümer, dingliche Rechte und eventuelle Belastungen des Grundstücks enthält.
„Der Erwerb von Immobilien nach polnischem Recht erfolgt grundsätzlich nach dem Kausalprinzip. Das in Deutschland geltende Abstraktionsprinzip ist im polnischen Recht nicht bekannt“
Der Erwerb von Immobilien nach polnischem Recht erfolgt grundsätzlich nach dem Kausalprinzip. Das in Deutschland geltende Abstraktionsprinzip ist im polnischen Recht nicht bekannt. In Polen wird der Käufer mit der Unterzeichnung des notariellen Vertrags Eigentümer der Immobilie und nicht wie in Deutschland erst mit der Grundstückseintragung.
Daher ist die Wahl der Zahlungsmodalitäten besonders wichtig. Die Verwendung eines notariellen Treuhandkontos ist zu empfehlen, um die Interessen beider Parteien zu schützen. Auch die Anwendung der Zwangsvollstreckungsunterwerfung ist ein häufig anzutreffendes Sicherungsmittel.
Anders als in Deutschland wird die notarielle Urkunde direkt nach der Beurkundung ausgehändigt. Der Kauf von Immobilien in Polen unterliegt in der Regel der Steuer auf zivilrechtliche Handlungen (pol. podatek od czynności cywilnoprawnych), die der deutschen Grunderwerbsteuer entspricht. Diese Steuer ist vom Käufer zu tragen und beträgt in der Regel zwei Prozent des Marktwerts, der in meisten Fällen dem vereinbarten Kaufpreis entspricht. Im Licht der neuen Vorschriften sind von der Zahlung dieser Steuer Personen befreit, die eine Immobilie auf dem Erstmarkt erwerben oder diese zum ersten Mal auf dem Zweitmarkt kaufen.
„Anders als in Deutschland wird die notarielle Urkunde direkt nach der Beurkundung ausgehändigt“
Vor dem Kauf sollte ein polnischer Anwalt konsultiert werden, insbesondere zur Prüfung des Grundbuchs und zur Sicherstellung, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind. Eine sorgfältige Analyse des notariellen Vertrags ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Interessen des Käufers gewahrt bleiben.
Der Immobilienerwerb in Polen bietet viele Chancen, erfordert jedoch eine gründliche Vorbereitung und die Beachtung lokaler Besonderheiten. Mit der richtigen Planung und professioneller Unterstützung steht dem erfolgreichen Immobilienkauf in Polen nichts im Weg.
- 1Dziennik Gazeta Prawna, 25.7.2024, https://www.gazetaprawna.pl/ wiadomosci/kraj/artykuly/9535758,nabywanie-nieruchomosci-przezcudzoziemcow- sejm-przyjal-sprawozdanie.html.