Justizgeflüster – Arne Krasting, Alexander Vogel

Gerichte und Gefängnisse in Berlin – Zeitreisen mit Arne Krasting und Alexander Vogel Verlag Ammian, 1. Aufl. 2022, 264 Seiten, Softcover, 24,80 Euro, ISBN 978-3-948052-12-6

Im Sommer dieses Jahres ist „Justizgeflüster“ mit Texten beider Autoren und vielen Fotos von Herrn Krasting erschienen. Um es vorwegzunehmen: ein richtig anregendes, kurzweilig geschriebenes und anekdotenreiches Buch über Justizgebäude in Berlin. Es enthält zahlreiche Fotos und historische Bilder. Auch die Form des Buches ist bestechend: ein kleines Coffee-Table-Buchformat (zwischen DIN A5 und DIN A4), broschiert und nicht besonders schwer.

Thomas Röth | Rechtsanwalt | Fachanwalt für Arbeitsrecht, Miet- und Wohnungseigentumsrecht sowie Strafrecht, Mediator, Richter am Anwaltsgericht Berlin, Avvocato in Italien (Anwaltskammer zu Siena, Toskana), Master of Science Studiengang Forensic Sciences and Engineering | Rechtsanwaltssozietät Liebert & Röth
Exklusiv für Mitglieder | Heft 12/2022 | 71. Jahrgang
Fotos: Arne Krasting

Die Autoren teilen in der Einleitung mit, dass sie sich vorwiegend mit den Gerichten, die in der Kaiserzeit (also ab 1871) im heutigen Berlin entstanden sind, beschäftigen werden. Über dreißig Gerichte und Gefängnisse wurden damals errichtet, von denen kaum eines zerstört wurde. Die beiden Autoren machen jedoch noch viel mehr. Im Großen und Ganzen ist es eine kurzweilige Geschichte über Justizgebäude in Berlin, auch über schon lange nicht mehr existierende, häufig auch mit kurzen rechtsgeschichtlichen Hinweisen, z. B. zu Gerichtszuständigkeiten und zum Gefängniswesen. Ebenso wird auch nie verwirklichten Architekturplanungen (z. B. ein Justizzentrum in der Weimarer Republik), Justizfotografien (Leo Rosenthal) oder Gerichtsgebäuden und Justizvollzugsanstalten in Filmen jeweils ein Kapitel gewidmet. Nach dem Vorwort und einer kurzen Einleitung zum Erbe der Kaiserzeit befassen sich die Autoren über 132 Seiten mit Berliner Gerichten (26 werden beschrieben). Im zweiten Großkapitel geht es über 92 Seiten um Berliner Gefängnisse und im dritten Kapitel über 21 Seiten um weitere Orte der Justiz in Berlin (Nordsternhaus, Rechtsmedizin und juristische Fakultätsgebäude), und am Ende schlagen die Autoren drei Fahrradrouten (jeweils zwischen 15 und 18 Kilometern) durch Berlin vor, entlang den im Buch beschriebenen Justizgebäuden (mit Hinweis, dass man auf der Verlagswebseite ammianverlag.de die Routen mit GPS-Punkten absichern kann). Auf Anfrage ist Herr Krasting auch bereit, als Moderator zu fungieren.
Jedes Bauwerk bzw. jedes Exkurskapitel bekommt drei bis zehn Seiten, weit über die Hälfte der Kapitel bestehen aus Fotos bzw. Bildern (aktuellen wie historischen, die aktuellen zeigen meist interessante Details an den Gebäuden) und der kleinere Teil ist der Text. Diese bestechen durch Kürze, gut lesbare und anekdotenreiche Informationsvermittlung.
Der Rezensent hat sich vorgenommen, im Zuge der nächsten Gerichtsverhandlungen die von den Autoren beschriebenen Details an und in den Gebäuden genauer zu betrachten. Beispiele: Landgericht Mitte – am Eingang über dem Haupteingang halten Tiere Gericht ab, am Eingang des Landgerichts Tegeler Weg gibt es die Justitia und die Allegorien im Inneren, die sechs Steinskulpturen in der Eingangshalle des Kriminalgerichts, den Greif am Eingang des Amtsgerichts Neukölln, die Justitia, die zermarterten Körper und den Satz „Rede die Wahrheit“ am Eingang des Amtsgerichts Schöneberg sowie den Seepferdchenuhrenzeiger in der Halle des Kammergerichts.
Unter den Kapiteln, die nicht einzelnen Gerichtsgebäuden gewidmet sind, ist insbesondere das über die beiden Architekten im Ministerium für öffentliche Arbeiten Preußens, die ausschließlich für die Errichtung von Justizbauten zuständig waren, zu erwähnen, nämlich: Paul Thoemer und Rudolf Mönnich, die ab 1892 tätig waren. Allein Paul Thoemer hat in Preußen mehr als dreihundert Gerichtsgebäude entworfen (von Königsberg bis Cleve).
Auch interessant war das Kapitel über das geplante Justizzentrum in der Weimarer Republik, an welchem hochrangige „moderne“ Architekten teilnahmen, welches jedoch wegen der wirtschaftlichen Lage Ende der 20er-Jahre nie verwirklicht wurde.
Insgesamt entsteht ein sehr plastisches Bild über Justizgebäude und ihre Geschichte in Berlin, die Texte vermitteln punktuell Stadt- und Sozialgeschichte. Das einzige Manko dieses Buches – gerade wegen der Lust auf mehr, die den Autoren und dem Fotografen gelingt – ist das Fehlen weiterführender Literatur.

Hinweis: Der Unterzeichner wird versuchen, eine Radtour mit Herrn Krasting im Frühjahr/Sommer 2023 über den Berliner Anwaltsverein und eventuell mit dem Landesverband Berlin des Deutschen Richterbundes zu organisieren.