Marketing und Strafrecht

Sichtbar als Strafverteidiger.

Am 24. Mai 2023 fand im Berliner Anwaltsverein eine Weiterbildung des Arbeitskreises Strafrecht statt. Es ging um Marketing, um Sichtbarkeit und darum, wie digitale Vertrauensbildung funktioniert.

Liane Allmann | Dipl.-Betriebswirtin, Kitty & Cie. | Strategisches Vertriebsmanagement für Anwälte & Kanzleien | www.kitty-cie.de

ES GEHT IMMER UM VERTRAUEN

Die Grundlage des anwaltlichen Marketings im Strafrecht sollte immer der Gedanke der Vertrauensbildung sein. Und zwar nicht nur potenziellen Mandanten, sondern auch Algorithmen gegenüber, die die menschliche Vertrauensbildung versuchen nachzuahmen, unsere Inhalte einschätzen und platzieren.

Wem vertraut man? Man vertraut dem, den man kennt oder zu kennen glaubt. Dessen Präsentationsform (Homepage, LinkedIn-Auftritt etc.) aktuell und wertig ist und der eine sympathische Sprache verwendet, die Empathie und Expertise vermittelt. Wir vertrauen dem, dem man sein Handwerk zutraut, weil man ihn oft mit den Themen sieht, ihm in sozialen Netzwerken oder vielleicht sogar in den Medien begegnet, und dem, der gute Google-Bewertungen hat.

WAS MARKETING IM STRAFRECHT BESONDERS MACHT

Strafrecht fasziniert. Das zeigen nicht umsonst die unzähligen True-Crime-Podcasts. Manche werden sogar von Strafrechtlern gemacht, wie zum Beispiel die Tinder- Crimes mit Dr. Alexander Stevens – einem jungen Strafverteidiger aus München. Er berichtet im Podcast sehr unterhaltsam zu Fällen aus seiner Praxis – im konkreten Fall geht es nahezu immer um Sexualstrafrecht.

Aber was das Strafrecht noch so besonders macht, ist die erforderliche Sensibilität im Umgang mit Mandanten. Regelmäßig hängen enorme Schicksale an den Fällen. Das ist sogar im Wirtschaftsstrafrecht regelmäßig der Fall. Ein Strafverteidiger macht sich zum Schutzschild seines Mandanten. Gerade deshalb ist es wichtig, dass er auch den Eindruck vermittelt, ein geeigneter Schutzschild sein zu können, die Kompetenz und die Erfahrung zu haben, um Mandanten rauszuboxen – für sie zu kämpfen.

BLOCKADEN FÜR EIN ERFOLGVERSPRECHENDES MARKETING

Selbstverständlich gibt es auch das, was eine gelungene Präsentation blockiert. Aktivitäten bei LinkedIn, dem sozialen Business-Netzwerk, sind eben kein Hobby, sondern im besten Fall feinste Kompetenzpräsentation und Vertrieb. Das wird noch nicht in jeder Kanzlei so gesehen – gerade von sehr traditionell eingestellten Berufsträgern.

Weitere Hindernisse sind, dass ein Vertriebs-Gen nicht vorhanden ist, oder aber das Thema Vertrieb, aus Zeiten des Werbeverbots heraus, als unappetitlich angesehen wird. Wobei das, was ich als Vertrieb bezeichne, nicht die plumpe, polternde und aufdringliche Präsentation ist. Marketing-Konzepte aus meiner Feder sind maximal seriös und vor allem zielgruppenorientiert.

„Wenn man Themen erfolgreich im Netz platzieren will, müssen sie leicht verdaubar sein und Interesse wecken“

Nicht selten erlebe ich, dass Anwälte die Meinung vertreten, durch Digitalisierung würden zum Beispiel ihre Texte weniger wert – besonders dann, wenn sie wirken sollen. Wenn man Themen erfolgreich im Netz platzieren will, müssen sie leicht verdaubar sein und Interesse wecken. Man muss üben, juristische Komplexität journalistisch aufzubereiten.

Zudem könnte es sich als Blockade herausstellen, dass Anwälte nicht sehr geübt in Sachen Perspektivwechsel sind. Sehr viele Auftritte, die ich mir ansehe, sind lediglich eine „Kompetenzentleerung im Netz“. Sie zielen nicht konsequent auf die eigenen Wunsch-Mandanten ab und nehmen die Bedürfnisse dieser Mandanten auch nicht auf – weder im Thema noch in der Tonalität.

EMPFEHLUNG

Schauen Sie sich Ihre Präsentation mit den Augen eines potenziellen Mandanten an. Passt die Sprache? Kann er leicht verstehen, was Sie bieten, und kommt er schnell mit Ihnen in Kontakt? Verwenden Sie wertige Bilder und eine sympathische Sprache? Die Überprüfung der eigenen Werbemittel aus der Perspektive des Mandanten ist ein hervorragender erster Schritt in ein erfolgreiches Anwaltsmarketing. Gehen Sie ihn.

Exklusiv für Mitglieder | Heft 07/08 2023 | 72. Jahrgang