Neue Präsidentin am Landesarbeitsgericht

Amtseinführung der Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, Frau Dr. Andrea Baer

Am 29. April 2024 in den frühen Nachmittagsstunden wurde der amtierende Präsident des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, Herr Dr. Martin Fenski, verabschiedet und Frau Dr. Andrea Baer als künftige Präsidentin des LAG Berlin-Brandenburg in ihr Amt eingeführt. Die Feierstunde fand im Rathaus Schöneberg in Berlin statt, für viele von uns ein historisches Wahrzeichen der Stadt Berlin. Sehr schön waren die Erinnerungen, die bei den anstehenden Reden offenbart wurden. Geladen hat die Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integra tion, Vielfalt und Antidiskriminierung des Landes Berlin, Frau Cansel Kiziltepe, sowie die Ministerin der Justiz des Landes Brandenburg, Frau Susanne Hoffmann.

Claudia Frank | Fachanwältin für Arbeits- und Steuerrecht | Probandt PartGmbH | Im Vorstand des Berliner Anwaltsvereins

Bereits vor dem großen Festsaal versammelten sich die geladenen Gäste, und alle ehemaligen Präsidentinnen und Präsidenten des LAG Berlin-Brandenburg der letzten drei Jahrzehnte waren der Einladung gefolgt. Erschienen waren auch Gerichtspräsidenten anderer Gerichte sowie zahlreiche Kollegen und Kolleginnen des alten und der neuen Präsidentin. Besonders schön empfand ich die Anwesenheit der Familien von Herrn Dr. Fenski und Frau Dr. Baer, die dem Festakt eine sehr persönliche Note gaben.

Eröffnet wurde der Festakt von Frau Micha Klapp, Staatssekretärin für Arbeit und Gleichstellung mit Grüßen von der Senatorin – diese war leider verhindert – und einer besonders herzlichen Begrüßung der Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Frau Inken Gallner. Das Arbeitsgericht ist am Arbeitsresort des Senats von Berlin angesiedelt und so wurden von Frau Klapp kurz die damit verbundenen Vorteile lobend hervorgehoben.

Dr. Fenskis Lebenslauf wurde kurz dargestellt, und besonders lobend wurden seine Bemühungen um den Ausbau der Videotechnik am Arbeitsgericht Berlin hervorgehoben. Wer sich im Arbeitsrecht im Land Berlin tummelt, kennt natürlich Dr. Martin Fenski, und die lobenden Worte der Staatssekretärin haben uns noch einmal gezeigt, was mit dem Präsidialamt am LAG Berlin-Brandenburg alles verbunden ist.

Nach einer etwas längeren Rede der Justizministerin des Landes Brandenburg, Frau Susanne Hoffmann, wurden wir durch ein Jazz-Duo, Richter Kaufmann am Saxophon und Richter Schröder an der Gitarre, fast ein bisschen in eine Barstimmung versetzt. Es folgte die „Entlassung“ von Dr. Fenski und die Amtseinführung von Frau Dr. Baer, der eigentliche Anlass der Feierstunde.

Dr. Fenski hatte eine launige und sehr interessante Rede über seinen Werdegang vorbereitet und eigentlich ist es schade, dass wir so viel Wissenswertes über ihn jetzt erst erfahren haben. Nach dem zweiten Staatsexamen war er für fast ein Jahr Anwalt in einer namhaften Insolvenz-Kanzlei in Berlin. Das Ziel der Kanzlei lag auf der eigenen Gewinnmaximierung und dafür hatte Dr. Fenski nicht Jura studiert. Nach reiflicher Überlegung wechselte er 1987 an das Arbeitsgericht Berlin. Bereits seit 1999 ist er Vorsitzender Richter am LAG Berlin-Brandenburg. Seit 2013 war er Vizepräsident und seit 1. März 2022 Präsident des LAG Berlin-Brandenburg. Doch nur die reine Richtertätigkeit füllte Dr. Fenski nie aus. Neben zahlreichen Seminaren und Vorträgen, die vor allem uns Anwälten nicht selten einen Wissensvorsprung einbrachten, hatte er auch Verwaltungstätigkeiten am LAG Berlin übernommen. Sein Motto heute: „Rückwärts verstehen – vorwärts leben.“ Dr. Fenski erachtet heute noch das BGB als ein grandioses System, welches aufgrund der Gewaltenteilung und der Rechtsprechung des EuGH stark strapaziert wird.

„Ohne die Klagen der Anwaltschaft würde die Arbeitsgerichtsbarkeit keinen Fortschritt machen“

Sehr unterhaltsam schildert Dr. Fenski seine Erfahrungen aus seiner Tätigkeit in den vergangenen Jahren und der „Arbeitsrechtsfamilie“. Als Richter konnte er immer eigenständig arbeiten und hatte doch mit seinen Kollegen und Richterinnen – auch von anderen Arbeitsgerichten – immer einen regen Austausch. Dr. Fenski bedankte sich auch bei der Anwaltschaft für die Klagen, die wir eingereicht hatten. Dies sollte nicht ironisch gemeint sein. Zu Recht ist Dr. Fenski der Ansicht, dass ohne unsere Klagen die Arbeitsgerichtsbarkeit keinen Fortschritt machen würde.

Zum Abschluss bedankte er sich bei Frau Dr. Baer, die so viele Jahre als Vizepräsidentin ihm zur Seite stand. Man spürte, das waren keine leeren Worte, das war eine für beide sehr gute und erfolgreiche Zeit. Er wünschte Frau Dr. Baer eine spannende, aber nicht zu stressige Zeit als Präsidentin des LAG Berlin-Brandenburg.

Selbstverständlich ist uns die neue Präsidentin, Frau Dr. Andrea Baer, nicht minder vertraut und bekannt. Aber wie kam sie zum Arbeitsrecht? Es war die Großmutter von Frau Dr. Baer, die, als sie sich um eine Stelle als Kindermädchen beworben hatte, gefragt wurde, ob sie denn in der Gewerkschaft sei. Die Frage wurde von der Großmutter verneint, weckte aber in ihr das Interesse und sie wurde Mitglied in der Gewerkschaft. Nachdem das Arbeitsverhältnis geendet hatte, wollte der Arbeitgeber den Lohn und die Fahrkosten nicht zahlen, und es kam zum Rechtsstreit: Die Großmutter von Frau Dr. Baer gewann mit Hilfe der Gewerkschaft. So kam die Enkelin, Frau Dr. Baer, zum Arbeitsrecht.

„Das Arbeitsrecht ist die Balance zwischen liberalem Rechtsstaat und sozialem Schutzbedürfnis“

Auch Frau Dr. Baer wurde nach dem Studium und der Referendarzeit Richterin am Arbeitsgericht Berlin und promovierte 1998 zu dem wirklich hochinteressanten Thema „Die Unabhängigkeit der Richter in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR“. Es gibt nicht viele Promotionen, die ich gern lesen möchte, diese von Frau Dr. Baer hoffe ich, noch kaufen zu können. Seit 2015 ist Frau Dr. Baer Vorsitzende Richterin und seit 27. Juli 2022 Vizepräsidentin des LAG Berlin-Brandenburg. Wie viele von uns, so hat auch Frau Dr. Baer eine Verbindung zum Rathaus Schöneberg, sie hat vor 30 Jahren hier geheiratet. Frau Dr. Baer möchte weiterhin die Arbeitsgerichtsbarkeit und das Arbeitsrecht in ihren Mittelpunkt stellen. Sie sagt: Das ist die Balance zwischen liberalem Rechtsstaat und sozialem Schutzbedürfnis.

Frau Dr. Baer ist verheiratet, und ihr Mann und ihre beiden Kinder wurden von ihr als eine große Stütze mit viel Liebe und Dank erwähnt. Wer Frau Dr. Baer kennt, weiß, dass sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nie erwähnte. Wie schön, dass sie im Kreise ihrer Familie in das Amt der Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Berlin- Brandenburg eingeführt wurde. Es gäbe noch viel zu schreiben und zu sagen, doch das Wichtigste habe ich zu Papier gebracht. Der Berliner Anwaltsverein dankt Frau Dr. Baer für ihre zahlreichen Vorträge und Seminare, die sie für uns gehalten hat. Wir wünschen ihr von Herzen, dass sie gesund bleibt, dass sie weiterhin Freude an der Tätigkeit als Richterin hat und die elektronische Akte nun endlich auch in der Gerichtsbarkeit des LAG Berlin- Brandenburg Einzug hält.

Heft 07 / 08 | 2024 | 73. Jahrgang