Neujahrsempfang des DAV 2023

Rechtsstaat hat sich in der Krise bewährt

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) ist in das neue Jahr gestartet. Erstmalig seit der Pandemie konnte der Neujahrsempfang des DAV wie gewohnt in Präsenz im DAV-Haus in Berlin stattfinden. Die Freude, sich endlich wieder live und in Farbe zu sehen, war bei allen zu spüren. Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann hob hervor, wie schön es sei, sich auch informell wieder auszutauschen und bekannte Gesichter wiederzusehen. Zum „Auftakt“ am 17. Januar 2023 kamen mehr als 200 Gäste aus der Justiz, der Politik, den Ministerien, den Medien und natürlich der Anwaltschaft (von Rechtsanwaltskammern und Anwaltvereinen) zusammen. Und alle stimmten dem Minister zu.

Lisa Tramm | stv. Redaktionsleiterin beim Anwaltsblatt | Onlinebeitrag des Deutschen Anwaltsblatt | Fotos: Andreas Burkhardt

RÜCKBLICK AUF EIN KRISENJAHR

DAV-Präsidentin Edith Kindermann schaute in ihrem Grußwort nicht nur in die Zukunft, sondern auch ins zurückliegende Jahr. Auf die Auswirkungen der Corona- Pandemie, bei der wir alle wie im Reallabor testen konnten, wie die Digitalisierung aussehen sollte. Dabei zog sie ein klares Fazit: „Unser Rechtsstaat hat sich in dieser Krise bewährt“. Und es sollte nicht die einzige Krise sein, der sich unser Rechtsstaat 2022 stellen musste. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine im Februar 2022 habe die Normalität verändert. Kindermann sah auch hier den Rechtsstaat gefordert. „Wenn der Sieg des Rechts am Ende dastehen will, dann müssen wir konsequent und dauerhaft daran arbeiten, dass wir das Völkerrecht umsetzen, und dass die Kriegsverbrechen, die heute passieren auch schnell geahndet werden.“

Auch Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann verurteilte den Angriffskrieg gegen die Ukraine als eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht. „Wenn jemand, der bereit ist, das Recht zu brechen, nicht mit angemessenen Konsequenzen rechnet, macht er es immer wieder“, so Buschmann. Er hob in diesem Kontext die Stärke der „liberalen Demokratie“ hervor. Alle Bedenken, die im letzten Jahr gegen die Demokratie aufgekommen seien, hätten sich als Unsinn herausgestellt, denn die liberale Demokratie funktioniere und sei bereit, für das Völkerrecht einzustehen.

RUF NACH BERUFSGEHEIMNISTRÄGERSCHUTZ

Beim Blick in die Zukunft schaute die DAV-Präsidentin auch auf aktuelle Probleme. Den Klimaschutz zum Beispiel, ein Thema, welches uns alle fordert (und warb am Ende für den Deutschen Anwaltstag in Wiesbaden im Juni unter dem Motto „Mit Recht nachhaltig“).
Sie stellte in ihrem Grußwort die besondere Bedeutung des Rechts und der Anwaltschaft heraus. Es gäbe Probleme auf allen Ebenen und überall seien Juristinnen und Juristen aufgerufen: „Es muss sichtbar werden, was das Recht bedeutet“, so Kindermann. Das Recht sei das, worauf wir uns in der Gesellschaft geeinigt hätten. „Die Anwaltschaft ist der Zugang zum Recht und wir brauchen die Anwaltschaft als Beistand für alle, die ihre individuellen Interessen durchsetzen wollen.“ Gerade deshalb sei auch der umfassende Schutz des Berufsgeheimnisses unverzichtbar. Sie warnte davor, dass das Berufsgeheimnis ausgehebelt werde. Anwälte seien nicht die Unterstützer von Geldwäsche und Terrorismus.
Kindermann bedankte sich dafür, dass alle Beteiligten ein „klares Bekenntnis“ zur Anpassung des RVG in dieser Legislaturperiode abgegeben hätten. Auch freute sie sich, dass 2022 nun endlich ein zeitgemäßes Berufsrecht in Kraft getreten sei. Nun sei es an der Zeit, als Verband mit allen Landesverbänden und Ortsvereinen die Möglichkeiten der neuen BRAO aufzuzeigen und vorzuleben. Sie warb erneut für die Idee der Kanzleinetze und für ein Voranschreiten bei der Digitalisierung der Rechtspflege. Hier müssten klare Ziele definiert und alle Möglichkeiten genutzt werden. Sie forderte ein bundeseinheitliches Videokonferenzportal, um bei den audiovisuellen Verhandlungen sowohl die Gerichte als auch die Anwaltschaft mitzunehmen.

Exklusiv für Mitglieder | Heft 04/2023 | 72. Jahrgang