Quo vadis – Die Aufteilung der Berliner Landgerichte
So lautete die Einladung der CDU-Fraktion Berlin zu einer Diskussion mit Experten aus der Justiz. Die Neuordnung der Berliner Landgerichtsstruktur ist nicht neu. Zu dem vorliegenden Referentenentwurf hat die CDU, vertreten durch ihren rechtspolitischen Sprecher, Herrn Alexander Herrmann (MdA), Experten aus der Justiz zu einer Diskussion eingeladen, da sie sich bisher gegen diese Neuordnung ausgesprochen hat. „Quo vadis oder Wohin soll das alles führen?“ sollte beantwortet werden. Wir Berliner Anwälte kennen das Landgericht für Zivilsachen am Tegeler Weg und in der Littenstraße sowie das Landgericht oder auch Kriminalgericht in Moabit.
Claudia Frank | Rechtsanwältin | Stellvertretende Vorsitzende des Berliner Anwaltsvereins | Stellvertretende Vorsitzende des Verbandes freier Berufe Berlin | Probandt PartGmbB
Diese riesigen Gerichte werden von nur einem oder einer Präsidenten/in geführt. Herr Dr. Matthiessen, Präsident der Landgerichte, erklärt, welche Reformbestrebungen und seit wann diskutiert werden, um uns dann die wichtigsten Argumente für die Aufteilung der Landgerichte zu verdeutlichen. Das Landgericht Berlin I mit Standort Moabit bleibt auch zukünftig für Strafsachen zuständig. An den anderen Standorten in Mitte und Charlottenburg sollen zukünftig alle Zivilsachen unter dem Dach des Landgerichts Berlin II angesiedelt sein. Ab 1. Januar 2024 hätte Berlin dann zwei Landgerichte. Für das in Moabit tätige Personal ändert sich nichts. Nur das Personal für das Landgericht Berlin II, also für das Zivilgericht, müsste versetzt werden. Dr. Matthiessen verschweigt keineswegs, es fehlen Richter. Das Besetzungsverfahren ist, nach Ansicht von Dr. Matthiessen, für alle drei Landgerichte nicht zu managen. Immer mehr Zivilrichter, vor allem auf Probe, werden beim Strafgericht eingesetzt und die Ergebnisse sind dadurch einfach schlecht. Mit der Neustrukturierung können dann die Richterstellen richtig ausgeschrieben werden. Nur so kann verhindert werden, dass Vorsitzende Richter einer Strafkammer, aus der Zivilgerichtsbarkeit kommend, hochspezialisierten Verteidigern gegenüberstehen. Berlin hat bereits ein Spartengericht und das ist das AG Tiergarten. Dr. Matthiessen hofft auch, dass die Digitalisierung bei der Neuordnung effizienter gestaltet werden kann und schneller den heutigen Anforderungen entspricht. An dieser Stelle schüttelten doch viele den Kopf.
„Es muss klar sein, dass bei dieser Neustrukturierung wesentlich mehr Geld in die Berliner Justiz investiert werden muss“
Dr. Mollnau, Präsident der RAK Berlin, betont aus Sicht der Anwaltschaft, dass er grundsätzlich alles befürwortet, was zu einer besseren Rechtsprechung führen könnte. Auch er hofft, dass bei einer Neuordnung zusätzliche Stellen geschaffen werden und es nicht falsch sein kann, wenn zwei PräsidentInnen die beiden Landgerichte leiten. Selbstverständlich muss der Datentransfer funktionieren und da hat Dr. Mollnau nachvollziehbare Bedenken. Die Finanzierung der Justiz ist generell im Argen und es muss klar sein, dass bei dieser Neustrukturierung wesentlich mehr Geld in die Berliner Justiz investiert werden muss. Herr Staatsanwalt Knispel, von der Vereinigung der Staatsanwälte, stimmt Dr. Matthiessen zu. Er ist der Ansicht, dass die Qualität der Richter eigentlich nur noch besser werden kann. Derzeit sieht sich Knispel und seine 154 Staatsanwälte – natürlich auch die Richter am Kriminalgericht – einem digitalen „No-Go“ ausgesetzt. Er berichtet uns, dass jeden zweiten Mittwoch um 18:00 Uhr alle Rechner am Kriminalgericht automatisch heruntergefahren und erst am nächsten Morgen wieder hochgefahren werden. Das heißt, während einer Verhandlung fahren punkt 18:00 Uhr die Computer im Verhandlungssaal herunter. Es ist nicht mehr möglich, die Verhandlung fortzusetzen. Ein solcher Vorgang spottet wirklich jeder Beschreibung. Herr Knispel sagt zu Recht, wir brauchen richtig viel Geld und hofft, dass durch die Schaffung von zwei Landgerichten der Justizhaushalt in Berlin erheblich aufgestockt wird. RiLG Dr. Schikora – Vorsitzender des Hauptrichter- und Staatsanwälterats – spricht sich gegen eine Neuordnung der Gerichtsstruktur aus. Er betont, dass wir in Berlin immer noch einen Gerichtsbezirk haben. Wenn wir ein zweites Landgericht schaffen und die Aufgaben verteilen, dann habe Berlin dafür keine ausweichende gesetzliche Ermächtigung. Auch bezweifelt Dr. Schikora, dass die Qualität der Rechtsprechung nach der Teilung verbessert wird. Darauf erwidert Rechtspfleger Melchert als stellvertr. Vorsitzender des Gesamtpersonalrats der Berliner Justiz, dass er die Notwendigkeit der Trennung als evident ansieht. Natürlich sind die Probleme bekannt und im Bereich IT sind Fortschritte allenfalls erkennbar. Momentan besteht jedoch eine riesige Verwaltungseinheit – Herr Melchert vertritt immerhin 800 Justizangestellte – und man muss der angestrebten Aufteilung eine Chance geben. Die Versetzung von Personal muss auf freiwilliger Basis erfolgen und bei gleicher Besoldung aller Justizangestellten. Zuletzt fragt die Vorsitzende Richterin am Kammergericht, Frau Schönberg: „Haben wir eine Alternative?“. Wir müssen doch zumindest den Versuch wagen. Dr. Matthiessen bekundet, dass die Aufteilung der Gerichte nach § 60 Abs. 2 GVG geprüft wurden und zulässig ist. Die Diskussionen wurden mehr aus dem Blick der Richterschaft geführt und so ist es gut, dass Dr. Mollnau zusammenfassend darauf hinweist, dass wir eine effektive und schnelle Justiz brauchen. Wenn die Aufteilung der Gerichte dazu dient, ist das Projekt in jedem Fall durchzusetzen. Die Frage: „Quo venis“, wurde an diesem Abend beantwortet. Es kann nur besser werden.