Rückblick auf die Postsammelstelle des Berliner Anwaltsvereins
Der Sammeldienst und die Zusammenarbeit mit dem Justizboten
Nachdem die Berliner Justizverwaltung im Oktober 1997 die beiden (für die Nutzer kostenfreien) sog. Gemeinsamen Briefannahmestellen an den Amtsgerichten in Mitte und Charlottenburg geschlossen hatte, war es der Anwaltschaft überlassen, den drohenden Mehrkosten an Porto im Bereich der für die Gerichte bestimmten Post sinnvoll gegenzusteuern. Dem damaligen Vorsitzenden Uwe Kärgel des Berliner Anwaltsvereins gebührt einmal mehr Anerkennung für seine brillante Idee, einen Postsammeldienst für die gesamte Berliner Anwaltschaft zu vertretbaren Kosten auf freiwilliger Basis einzurichten. Mit dem Beitrag von DM 1,00 pro Sendung ließen sich bereits gegenüber der normalen Beförderung durch die Post viele Kosten einsparen, zumal das Gewicht der Sendung oder die Menge der in einem Umschlag enthaltenen Schriftstücke nicht zu einer Verteuerung führte. Die Berliner Justizverwaltung unter der Leitung der damaligen Senatorin Lore Peschel-Gutzeit erklärte sich bereit, auf Kosten der Justiz eine neue Briefkastenanlage ausschließlich für die Gerichtspost der Berliner Anwaltschaft an den beiden bekannten Standorten einzurichten, und zwar rechts neben dem hinteren Eingang des Amtsgerichts Charlottenburg sowie links neben dem Haupteingang des Amtsgerichts Mitte in der Littenstraße. Diese dort täglich bis 22 Uhr eingeworfene Post wurde vom Kurierdienst der Deutschen Post geleert und garantiert vor dem Fristablauf um 24 Uhr zu dem zuständigen Gericht befördert.

Harald-K. Thiele | Rechtsanwalt und Notar a. D.
In den ersten drei Jahren seit Oktober 1997 führte der Kurierdienst der Deutschen Post den Transport der Sendungen durch; von Beginn an waren eine rege Teilnahme und eine kontinuierliche Steigerung der Sendungen zu verzeichnen. Schon einige Jahre nach der Einführung nutzten mehr als 1100 Kanzleien in Berlin den Kostenvorteil und ließen die Teilnehmerzahlen steigen. In den ersten drei Jahren nach der Einführung waren es ca. eine Million Sendungen geworden.
Obwohl der Berliner Anwaltsverein die Anzahl der Anwaltspost seit Beginn dieser Institution deutlich hat steigern können, sich das Aufkommen seitdem stetig stabilisiert hat und der Postsammeldienst auf finanziell sichere Füße gestellt worden war, blieb die Konkurrenz nicht untätig. Der Justizbote konnte zwar nicht an den beiden großen Postsammelstellen tätig werden; dafür war er aber in der Lage, an anderen zentral gelegenen Orten wie Tankstellen in blauen, leicht erkennbaren Briefkästen die tägliche Post der Anwaltschaft entgegenzunehmen oder sie auch auf besonderen Wunsch bei seinen Kunden abzuholen und sie dann ohne vergleichbaren Zeitdruck vor dem Fristablauf zum zuständigen Gericht zu bringen.
„Es lag auf der Hand, die beiden Dienste ähnlich einem Synergieeffekt zu vereinheitlichen“
Da lag es auf der Hand, die beiden Dienste ähnlich einem Synergieeffekt zu vereinheitlichen und ein reibungslos arbeitendes Nachfolgemodell für die „Gemeinsamen Briefannahmestellen“ der Justiz ins Leben zu rufen, zumal es jedem einzelnen Teilnehmer „nur“ darum ging, die Fristen bestmöglich einzuhalten und seinen wirtschaftlichen Einsatz zu minimieren. Es stand damit in Aussicht, durch Kooperation mit dem Justizboten jedem Anwalt einen weiterhin kostengünstigen Service und eine weitestgehende Hilfestellung durch Einschaltung eines Profis zu gewähren. Diese Zusammenarbeit des BAV und des Justizboten hat über die Jahre bis heute beschwerdefrei funktioniert.
Am 1. November 2000 erfolgte der Wechsel des Kurierdienstes und die Kooperation mit dem (bis dahin konkurrierenden) Justizboten begann. Von da an setzte sich der Trend der steigenden Teilnehmerzahlen sichtbar fort, was angesichts der deutlichen Erweiterung des Angebots (Aufstellung von diversen blauen Briefkästen an Tankstellen im Citybereich Berlins sowie Einrichtung von eigenen Briefkästen des Justizboten in jedem Berliner Gericht) auch kaum verwundern konnte.
SENDUNGSNACHWEIS MIT BEWEISKRAFT
Wurden anfangs viele farbige Umschläge für jedes einzelne Gericht verwendet, nutzte man nun ausschließlich weiße Barcodeaufkleber, durch die sich die Sendungen der Berliner Anwaltschaft erkennen ließen, mit dem gravierenden Vorteil gegenüber der herkömmlichen Post, dass der gesamte Zustellvorgang durch den Barcode elektronisch überwacht und dokumentiert wurde. Am Monatsende konnte jede Kanzlei anhand des Sendungsnachweises – ähnlich wie beim Telefon der Einzelverbindungsnachweis – detailliert nachvollziehen, welche Sendungen wann verschickt wurden.
Bereits dem Vorgänger-Kurierdienst des BAV war vom BVerfG in seinem Beschluss vom 4. April 2000 (1 BvR 199/00) im Rahmen eines Wiedereinsetzungsverfahrens eine „dem Bundesverfassungsgericht bekannte Zuverlässigkeit“ bescheinigt worden, wie im Heft 7-8/2000 des Berliner Anwaltsblattes (S. 402 f.) ausführlich dargestellt wurde.
Eine wirklich vorbildliche Zusammenarbeit des Berliner Anwaltsvereins, der Senatsverwaltung für Justiz und des Justizboten hat im Herbst 2000 auch eine alte Idee aufleben lassen: die Aufstellung eines Briefkastens des Justizboten im Eingangsbereich eines jeden Berliner Gerichts, in den die Gerichtspost und die Empfangsbekenntnisse für jedes Berliner Gericht und die für viele Behörden bestimmten Sendungen eingeworfen werden konnten. Zu den anstehenden Gerichtsterminen konnten die Kolleginnen und Kollegen ihre gesamte Gerichtspost für alle Berliner Gerichte mitnehmen und in diesen einen Briefkasten einwerfen. Die Verteilung dieser Post auf das jeweilige Empfängergericht stellte der Justizbote noch am Tag des Einwurfs sicher, indem er die Briefkästen vor der Schließung des Gerichtsgebäudes entleerte. Auf diese Weise konnte jeder Teilnehmer auf sehr komfortable Weise viel Porto jährlich einsparen und erstmals war auch denjenigen Kolleginnen und Kollegen, die nicht im Citybereich praktizieren, ein bequemer Weg für den zeitnahen und portosparenden Transport ihrer Gerichtspost eröffnet. Die Senatsverwaltung für Justiz war zudem sehr erfreut über diesen auch für sie kostensparenden Weg im Hinblick auf die Empfangsbekenntnisse.
AUSKÜNFTE AUS DEM LANDESEINWOHNERAMT
Ein weiterer neuer Service des Justizboten bestand damals für die Teilnehmer an den Postsammelstellen darin, Auskünfte aus dem Landeseinwohneramt Berlin auf schnellstem Wege anzufordern. Eine schriftliche Anfrage beim Landeseinwohneramt dauerte damals im Normalfall 8 bis 10 Wochen, eine Wartezeit, in der die Anliegen der Mandantschaft nicht weiterbearbeitet werden können. Über den Justizboten lagen die Anfrageergebnisse im Durchschnitt nach 4 Tagen vor. Für jede Anschrift wurde ein Betrag von netto DM 6,00 incl. aller Gebühren in Rechnung gestellt. Kurzum: Mit dem Justizboten ging es wesentlich schneller und kostengünstiger.
Der Justizbote führte neben der Übernahme der beiden Postsammelstellen des Berliner Anwaltsvereins auch sein bisheriges System fort, holte also die Post bei seinen Kunden oder aus den von ihm bereits aufgestellten Briefkästen ab. Die Dienste wurden seit dem 1. November 2000 aus einer Hand heraus betrieben. Der Berliner Anwaltsverein übernahm seitdem die Rolle des Schirmherrn und leistete im Bedarfsfall Unterstützung für den Justizboten.
Der Wechsel des Betreibers bedeutete für die Teilnehmer am Postsammelservice des Berliner Anwaltsvereins zunächst einmal keinerlei Veränderung, vor allem keine Verteuerung. Sie konnten die von ihnen gekauften Umschläge oder Aufkleber aufbrauchen, ohne dafür zusätzlich zur Kasse gebeten zu werden. Sie konnten sie auch umtauschen in die neuen Aufkleber, die der Justizbote vergab, und dann von seinem System der Barcode- Erfassung profitieren.
Dem Justizboten oblag seitdem die Zustellung der in den Postsammelstellen eingeworfenen Sendungen, die Herstellung und der Vertrieb der von ihm erstellten Aufkleber sowie die Betreuung der Kunden (Information, Vertragsschluss, Abrechnung und Beschwerdemanagement).
Die Abrechnung der transportierten Sendungen erfolgte beim Justizboten monatlich im Nachhinein nur nach Verbrauch. Mit Hilfe der Barcode- Technologie lässt sich jede Sendung, die den Barcode-Aufkleber enthält, im Übrigen verfolgen, mit dem Effekt, dass sich jeder Teilnehmer einen Zustellungsnachweis für seine Sendung kostenfrei via Internet ausdrucken oder ihn sich gegen Aufpreis zuschicken lassen kann.
Erstmalig war es seitdem so, dass die Rechtsanwaltschaft gelassener bleiben konnte, sollte ihre Post bei Gericht nicht den Stempel des Tages, an dem sie eingeworfen wurde, erhalten haben. Sie konnte dann auf den nachweisbaren Zeitpunkt des Einwurfs unserer Post verweisen. Ein weiterer Vorteil des neuen gemeinsamen Weges bestand darin, dass die Liste der Empfänger erweitert werden konnte. Alle Finanzbehörden waren seitdem dem System angeschlossen, ebenso die IHK, das Landeseinwohneramt, die Senatsverwaltung für Justiz und die Steuerberaterkammer.
„Das System ist einzigartig, hat über die Jahre bestens funktioniert und tut es bis heute noch“
Das System ist einzigartig, hat über die Jahre bestens funktioniert und tut es bis heute noch. In gewisser Hinsicht wurde es in Bezug auf die gerichtliche Post durch das beA abgelöst, keinesfalls aber vollständig, denn die Korrespondenz mit den am System teilnehmenden Behörden wird immer noch gepflegt.