Schnelleres Bauen für Berlin

Das umfangreiche Maßnahmenpaket zur Beschleunigung von Wohnungsbau

Berlin gehen die Wohnungen aus – diese Schlagzeile gibt es schon lange und sie wird in den vergangenen Monaten immer präsenter. Unter anderem berichtete der Tagesspiegel Anfang des Jahres, dass in Berlin 130.000 Sozialwohnungen fehlen. Doch auch in anderen Preissegmenten mangelt es an Wohnraum. Wird eine Wohnung frei, bilden sich Menschenschlangen – Bilder, die es sogar in die Tagesschau schaffen. Die Berliner Landesregierung hat sich daher im Koalitionsvertrag ein Neubauziel von rund 20.000 Wohnungen pro Jahr gesetzt.

Jakub Brukwicki | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht | HELLRIEGEL RECHTSANWÄLTE | hellriegel-rechtsanwaelte.com

DIE AUSGANGSLAGE IN BERLIN

Um der Wohnungsnot entgegenzuwirken, müssen neue und große Wohngebiete geschaffen werden. Problem dabei ist, dass sich bestimmte Bauabläufe nicht beschleunigen lassen.

„Um das Bauen zu beschleunigen, muss bereits auf der Planungsund Genehmigungsebene angesetzt werden“

Gerade die dringend gebrauchten Großprojekte sind an bestimmte Lieferzeiten und (technische) Herausforderungen geknüpft. Um das Bauen zu beschleunigen, muss also bereits auf der Planungs- und Genehmigungsebene angesetzt werden. Die Zeit zwischen der Idee für ein neues Wohnhaus und dem Baubeginn muss drastisch verkürzt werden. Denn selbst wenn die planungsrechtlichen Voraussetzungen für ein Bauwerk vorliegen, heißt das noch lange nicht, dass auch gebaut werden darf.

LÖSUNGSANSATZ DES SENATS

Das alles muss und soll sich jetzt ändern. Anfang Juni 2024 hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen den Entwurf für das Schneller-Bauen-Gesetz beschlossen. Diese Reform sieht 41 Änderungen auf der Gesetzesebene sowie über 60 untergesetzliche Maßnahmen vor. Erklärtes Ziel des Maßnahmenpakets ist es, die Planungs-, Genehmigungs- und die Bauprozesse zu beschleunigen und die allgemeinen Rahmenbedingungen für das Bauen zu verbessern.

GESETZLICHE ÄNDERUNGEN IM BAURECHT

Konkret bedeutet dies, dass die langwierigen Genehmigungsverfahren beschleunigt werden sollen. Den Denkmalschutzbehörden und Naturschutzämtern werden Prüf- und Bearbeitungsfristen auferlegt, die eine schnellere Bescheidung zum Ziel haben. Trotz Kritik der Umweltverbände sieht das Schneller-Bauen-Gesetz erweiterte Ausnahmemöglichkeiten für den Wohnungsbau vor. Zum Beispiel werden Bauvorhaben auf Waldflächen, Baumfällungen und Eingriffe in Biotope vereinfacht. Der Umweltschutz wird jedoch auch beim Wohnungsbau – anders als mancherorts befürchtet – nicht abgeschafft, da die im Umweltrecht maßgeblichen Vorgaben des Europarechts weiterhin Bestand haben.

Weiterhin sollen Vorhaben von gesamtstädtischer Bedeutung, zu denen vor allem größere Wohnungsbauvorhaben zählen, verstärkt auf Senatsebene bearbeitet werden. Durch den Einsatz von „Kick-Off-Terminen“, Bauantragskonferenzen und Projektlotsen soll die Verwaltungsarbeit besser koordiniert werden. Wünschenswert wäre es, wenn diese Beteiligungsschritte den Austausch zwischen den prüfenden Fachbereichen erleichtern und einheitliche Entscheidungen garantieren.

Auf bauordnungsrechtlicher Ebene wird die Umnutzung von Nutzungseinheiten mit Aufenthaltsräumen im Bestand erleichtert. Das betrifft beispielsweise den Umbau von Büros, Beherbergungsstätten oder sonstigen Gewerberäumen in Wohnflächen. Die lichte Raumhöhe soll an 2,40 m und damit an das bundesweit einheitliche Maß angepasst werden, was die Errichtung von mehr Stockwerken im Neubau ermöglicht. Schließlich wird auch die Genehmigungsfiktion gestärkt, um die Behörden zu entlasten und bei einfacheren Vorhaben den sofortigen Bau zu ermöglichen.

UNTERGESETZLICHES MASSNAHMENPAKET

Im Rahmen des untergesetzlichen Maßnahmenpakets sind die Erweiterung und Vereinheitlichung von Befreiungsmöglichkeiten, eine einheitliche Verwaltungspraxis zur bebauungsrechtlichen Planreife sowie die Wiedereinführung der Vereinigungsbaulast hervorzuheben. Auch die von der Praxis langersehnte Einführung einer Handreichung für die Abwägung von Abstandsflächen soll nunmehr auf den Weg gebracht werden.

FORTGANG DES GESETZGEBUNGSVERFAHRENS

Der Beschluss des Schneller-Bauen-Gesetzes im Juni ist jedoch nur der Anfang des Verfahrens. Das Paket muss noch vom Abgeordnetenhaus beschlossen und das Gesetz veröffentlicht werden. Dieser Schritt ist für Dezember 2024 geplant, wobei die untergesetzlichen Maßnahmen schon früher angewendet werden sollen. Die konkrete Anwendung durch die Verwaltung ist dabei zentral. Denn die Wirkung des Schneller-Bauen-Gesetzes hängt von der Umsetzung auf der Verwaltungsebene ab.

„Die Wirkung des Schneller-Bauen-Gesetzes hängt von der Umsetzung auf der Verwaltungsebene ab“

Ohne eine einheitliche Umsetzung und Verwaltungspraxis in den 12 Bezirken werden Berlin – wie oben befürchtet – die Wohnungen ausgehen. Es ist zu hoffen, dass dem Wohnungsbau der Vorzug gegeben und damit auch angemessener und bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann. Immerhin bleibt es bei dem Ziel, in Berlin jährlich 20.000 neue Wohnungen im Jahr zu errichten.

Save the Date – Fortbildung – DAS NEUE BERLINER „SCHNELLER-BAUEN-GESETZ“

Zeichnung Philipp Heinisch | www.kunstundjustiz.de

12.11.2024 16.00–19.15 Uhr
DAV-Haus, Littenstraße 11, 10179 Berlin

In Berlin fehlen Wohnungen und die Planungs- sowie Genehmigungsverfahren für Neubau dauern im Schnitt trotzdem immer länger. Um dem entgegenzuwirken, soll noch in diesem Jahr das von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen beschlossene Schneller-Bauen-Gesetz in Kraft treten.

Das Maßnahmenpaket umfasst 41 Änderungen auf der Gesetzesebene sowie über 60 untergesetzliche Maßnahmen. Welche Anpassungen geplant sind und inwiefern diese das Bauen wirklich schneller machen, erfahren und diskutieren Sie in dieser Veranstaltung. Referent ist Herr Dr. Jakub Brukwicki, der Rechtsanwalt, Gründungsmitglied und Partner der Sozietät HELLRIEGEL RECHTSANWÄLTE in Berlin ist und das Schneller-Bauen-Gesetz seit dem Entwurfssta dium begleitet.

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Heft 09 | 2024 | 73. Jahrgang