Stiftung ZURÜCKGEBEN
Ausstellung zum 30-jährigen Jubiläum
Die Stiftung ZURÜCKGEBEN ist die einzige Stiftung in Deutschland, die explizit jüdische Frauen in Kunst und Wissenschaft fördert.
1995 hat die Stiftung die ersten Fördermittel vergeben und seitdem an die 200 Projekte jüdischer Frauen unterstützt. Die Förderung erfolgt im Wissen um die Zerstörung der Arbeitsmöglichkeiten und Existenzen von Juden und Jüdinnen während des Nationalsozialismus. Auch nach der Shoa saßen viele von ihnen in Deutschland auf »gepackten Koffern«, weil eine Zukunft hier nicht mehr vorstellbar schien. Seit den 1990er-Jahren und auch dank der Zuwanderung aus Ländern wie der früheren Sowjetunion und Israel ist jedoch eine zunehmend selbstbewusste Generation jüdischer Nachkommen herangewachsen, die bewusst in Deutschland lebt, an eine fast zerstörte jüdische Kultur anknüpft und jüdisches Leben in vielfältigen Facetten wieder aufbaut. Den Beitrag, den Jüdinnen heute wieder für Kultur und Gesellschaft in Deutschland leisten, möchte die Stiftung aufzeigen und sie dabei unterstützen.
Abgeordnetenhaus von Berlin | Wandelhalle | Niederkirchnerstr. 5 – 10117 Berlin | www.stiftung-zurueckgeben.de |
Ausstellung zum 30-jährigen Jubiläum | 3.6.– 11.7.2025 · Mo–Fr 9 –18 Uhr
Stipendien der Stiftung erhielten und erhalten in Deutschland lebende Jüdinnen jeden Alters und sehr verschiedener Herkunft – Filmemacherinnen, Bildende und Multimedia-Künstlerinnen, Tänzerinnen und Choreografinnen, Autorinnen, Musikerinnen, Kultur- und Sozialwissenschaftlerinnen, Historikerinnen, Ökonominnen und Physikerinnen. Es ist eine quasi individuelle Förderung der Nachkommen der kollektiv Geschädigten, die in vielen Fällen erstmalig eine öffentliche Würdigung der Arbeit der Stipendiatinnen darstellt.
In der NS-Zeit haben viele Einzelne und die ganze »deutsche Volksgemeinschaft « direkt und indirekt, willentlich und strukturell von der Entrechtung, Enteignung, Vertreibung und Ermordung der Juden Europas profitiert. Das NS-Regime hat auf Kosten von jüdischen Bürger*innen seine Staatsfinanzen saniert; systemkonforme Deutsche haben berufliche Positionen eingenommen, die zuvor Juden und Jüdinnen inne hatten; jüdische Firmen wurden zu Schleuderpreisen »arisiert«; Wertgegenstände und Wohnungseinrichtungen der Vertriebenen und Deportierten wurden über den Handel verkauft oder auf Auktionen öffentlich versteigert und gelangten in deutsche Haushalte.
Dass sich auch heute noch in zahlreichen Haushalten solche Gegenstände befinden, ist wahrscheinlich. Ein Beispiel: Allein 1942 und 1943 wurden 45 Schiffsladungen mit 27.227 Tonnen »Judengut« – wie es im Nazi-Jargon hieß – von Holland nach Hamburg transportiert. Die damaligen Auktionslisten zeigen, dass mindestens 100.000 Hamburger zugegriffen und diese Gegenstände – Möbel, Geschirr, Kleidungstücke – zu Schleuderpreisen gekauft haben.
Die damals weit verbreitete stille Vorteilsnahme aus dem Völkermord ist von der Mehrheit der nichtjüdischen Deutschen vergessen, in den meisten Familien wird nicht darüber gesprochen. Juristisch ist sie zudem schwer zu fassen und die Geschädigten sind meist unbekannt oder die Erben nicht mehr auffindbar. Und doch wirkt diese Bereicherung weiter zum Vorteil der nächsten und übernächsten Generation.
Anfang der 1990er-Jahre hatte eine Gruppe jüdischer und nichtjüdischer Frauen die Idee, eine Stiftung für Menschen zu gründen, die unabhängig von Gesetzen und Fristen aus freien Stücken durch Spenden und Zustiftungen symbolisch einen Bruchteil dieser Beraubung »zurückgeben« wollen – daher der Name unserer Stiftung.
Auslöser der Idee war eine Erbschaft. Die Berlinerin Hilde Schramm, die von ihrem Vater Albert Speer, dem »Architekten Hitlers«, drei Gemälde geerbt hatte, vermutete, dass sie jüdischen Familien geraubt worden waren und wollte ein Erbe, dem Unrecht anhaftete, nicht annehmen. Da sie trotz intensiver Recherche die ursprünglichen Besitzer*innen der Bilder nicht ausfindig machen konnte, verkaufte sie die Bilder und brachte den Erlös in das Gründungskapital für »ZURÜCKGEBEN« ein. Die vier nichtjüdischen Gründerinnen, die alle aus der Frauenbewegung kamen, entschieden sich dabei bewusst, Frauen zu fördern.
Heute, ein Vierteljahrhundert später, in einer Zeit, in der sowohl die meisten Täter als auch ihre Opfer nicht mehr leben und die lange gesellschaftliche Verdrängung der Beraubung die Spuren verwischt hat, appellieren wir an die Nachgeborenen, in Form von Spenden etwas »zurückzugeben«, auch ohne selbst schuldig geworden zu sein, auch ohne eigene familienbiografische Motive – vielmehr aus Einsicht und Verantwortung. Denn wir alle – ob jüdisch oder nicht – können uns für eine gemeinsame Zukunft verantwortlich verhalten durch die Unterstützung einer lebendigen und vielfältigen jüdischen Kultur in Deutschland.