Unterhaltsrecht aktuell

Die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Kammergerichts und die Düsseldorfer Tabelle 2023.

Die Berichterstattung über aktuelle Entwicklungen im Unterhaltsrecht soll im Anschluss an den Beitrag im Berliner Anwaltsblatt 2022, 109–115 fortgeführt und die neuen, im Januar 2023 bekanntgemachten unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Kammergerichts erläutert werden. Dabei wird auch ein „Seitenblick“ auf die Düsseldorfer Tabelle 2023 geworfen, an deren Regelungen die Leitlinien anknüpfen.

Dr. Martin Menne | Richter am Kammergericht | Berlin | Mitglied der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages, die zusammen mit dem OLG Düsseldorf und in Abstimmung mit den Vertretern der 24 Oberlandesgerichte in der Regel jährlich die „Düsseldorfer Tabelle“ fortschreibt. Er betreut im Kammergericht seit vielen Jahren die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate

I. EINFÜHRENDE HINWEISE

Das Kammergericht hat sich schon sehr früh für die Anwendung der Düsseldorfer Tabelle als Orientierungshilfe für die Zuerkennung des im Einzelfall angemessenen Unterhalts ausgesprochen.1Vgl. KG v. 16.5.1978 – 17 UF 745/78, NJW 1978, 2302 (Rz. 33f.) sowie weiter v. 8.12.1978 – 17 UF 2743/78, FamRZ 1979, 447 (LS) = DAVorm 1979, 110 (Volltext; Rz. 25, 37); v. 12.6.1981 – 17 UF 553/81, FamRZ 1981, 869; v. 17.4.1984 – 17 WF 1198/84, FamRZ 1984, 793 und, aus jüngerer Zeit, beispielsweise KG v. 11.12.1997 – 19 UF 272/97, FamRZ 1998, 1386 (Rz. 27). Aber das betrifft stets nur das Zahlen- bzw. Tabellenwerk und nicht auch deren Anmerkungen. 2Vgl. KG v. 20.4.1979 – 17 UF 51/79, FamRZ 1979, 926 (926); v. 8.12.1978 – 17 UF 2743/78, DAVorm 1979, 110 (Rz. 25, 37) sowie bereits Griesche, BerlAnwBl 1980, 5 (7). Denn die Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle werden für den Bezirk des Kammergerichts – wie auch in den Bezirken der übrigen 23 Oberlandesgerichte3Vgl. ausführl. Menne, NJW 2021, 497ff. Eine Ausnahme macht lediglich das OLG Saarbrücken, dessen beide Familiensenate traditionell keine eigenen Leitlinien veröffentlichen, sondern sich in ihrer Rechtsprechung unmittelbar an der Düsseldorfer Tabelle und deren Anmerkungen orientieren. – durch die unterhaltsrechtlichen Leitlinien ersetzt, die vom Kammergericht, soweit ersichtlich, erstmals 1985 veröffentlicht wurden.4Zur Entwicklung der unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Kammergerichts vgl. Menne, BerlAnwBl 2021, 60ff. Und die Leitlinien stellen – nicht anders als die Düsseldorfer Tabelle5Vgl. ausführl. Maaß, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 43.– keine bindenden Rechtssätze dar, sondern bei ihrer Anwendung darf, wie das Kammergericht ebenfalls schon sehr früh herausgestrichen hat,6Vgl. bereits KG v. 16.5.1978 – 17 UF 745/78, FamRZ 1978, 413 (Rz. 33). nie außer Acht gelassen werden, dass es sich hierbei immer nur um eine Orientierungshilfe handelt und dass im Einzelfall eine abweichende Beurteilung geboten sein kann (LL Einleitungssatz).7Std. Rechtsprechung des BGH, vgl. beispielsweise BGH v. 16.9.2020 – XII ZB 499/19, BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28 (Rz. 15) und, besonders plakativ, bereits v. 13.12.1968 – IV ZR 685/68, FamRZ 1969, 205 (Rz. 10: „Feste Richtlinien oder sogenannte Faustregeln für die Bemessung der Höhe des Unterhalts können hiernach, wenn sie auch die tägliche Praxis, insbesondere die anwaltliche Beratung und die richterlichen Entscheidungen erleichtern, nicht verwendet werden, ohne dass jeweils geprüft wird, ob und inwieweit die Umstände des einzelnen Falles Abweichungen notwendig machen.“).

„Unterhalt ist ein Massengeschäft. Um dessen Bewältigung zu vereinfachen, spiegeln die Leitlinien einen gewissen, allgemein akzeptierten ‚Grundkonsens‘ wider und beugen vor, dass jedes Mal ‚das Rad neu erfunden‘ werden muss“

Die Leitlinien „übersetzen“ lediglich die richterliche Erfahrung und die langjährige Spruchpraxis der Familiensenate des Kammergerichts in handhabbare Hinweise und Richtsätze für die Berliner Familiengerichtspraxis. Sie bilden damit ein Stück Rechtssicherheit und sollen dabei helfen, dass vergleichbare Lebenssachverhalte möglichst gleichmäßig beurteilt werden. Und hieraus resultiert dann auch ihre große praktische Bedeutung für die Beratungspraxis der (Berliner) Anwaltschaft und Notare, aber auch für die Berliner Jugendämter, die Unterhaltsbeistände sowie die Unterhaltsvorschusskassen und die weiteren, mit dem Unterhaltsrecht in Berührung kommenden Stellen – Unterhalt ist ein Massengeschäft. Um dessen Bewältigung zu vereinfachen, spiegeln die Leitlinien einen gewissen, allgemein akzeptierten „Grundkonsens“ wider und beugen vor, dass jedes Mal „das Rad neu erfunden“ werden muss.8Vgl. Schürmann, FamRZ 2005, 490 (492); Menne, BerlAnwBl 2022, 109
(109).

II. DIE UNTERHALTSRECHTLICHEN LEITLINIEN DES KAMMERGERICHTS 2023 1. ALLGEMEINES

Auch in diesem Jahr fällt die Anzahl der Änderungen in den Leitlinien erneut durchaus überschaubar aus: Die bedeutsamste Änderung – insbesondere für das breite Publikum – stellt dabei sicherlich die Übernahme der sehr markanten, deutlichen Anhebung der Selbstbehaltssätze und Unterhaltsbedarfssätze aus der aktuellen Düsseldorfer Tabelle 20239Vgl. hierzu die Einführungsaufsätze von Schürmann, FamRB 2023, 34ff.; Menne, FF 2023, 12ff.; Viefhues, FuR 2023, 50f. dar (LL Nr. 21, 22 und Nr. 23). Bei den übrigen Änderungen handelt es sich, von den Neuerungen in LL Nr. 5 und LL Nr. 11.2 einmal abgesehen, zumeist lediglich um sprachliche Korrekturen oder „Glättungen“ ohne inhaltliche Relevanz (LL Nr. 10.4, Nr. 12.3 und LL Nr. 15.3):
Richtig ist zwar, dass das Unterhaltsrecht – bedingt durch eine Reihe von nicht unumstritten gebliebenen höchstrichterlichen Entscheidungen, aber auch aufgrund des Ausbleibens einer allgemein als notwendig empfundenen Unterhaltsrechtsreform sowie einer weiter anhaltenden Diskussion über erforderliche Änderungen in der Struktur der Düsseldorfer Tabelle10Vgl. insbesondere die Stellungnahme der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages, FamRZ 2021, 923 = FamRB 2021, 349 sowie u. a. Schürmann, FamRB 2023, 34 (38); Frank, FF 2022, 8ff., Born, NZFam 2021, 709ff.; Lies-Benachib, FamRZ 2022, 149ff.; Schwamb, FamRB 2018, 67ff. – droht, in unruhiges Fahrwasser zu geraten.11Vgl. näher Menne, FF 2023, 12 (13). In einem solchen Umfeld entspricht es aber weder der Tradition noch dem Zweck der unterhaltsrechtlichen Leitlinien, abstrakt und losgelöst von bereits entschiedenen Fallkonstellationen eine bestimmte Rechtsauffassung vorzugeben. Sondern die Familiensenate des Kammergerichts sind mehrheitlich davon überzeugt, dass zu den sich abzeichnenden neuen Entwicklungen zunächst praktische Erfahrungen zu sammeln sind, und abzuwarten ist, ob sich dazu eine einheitliche Rechtsprechung herauskristallisiert, die zu gegebener Zeit in einer Leitlinie als Spiegel einer allgemeinen Überzeugung aller Familiensenate des Kammergerichts zusammengefasst werden kann.

2. DIE EINZELNEN ÄNDERUNGEN

a) LL Nr. 5 Abs. 3, Abs. 4: Wohnwert

Nachdem LL Nr. 5 Abs. 3 bereits im vergangenen Jahr neu gefasst wurde,12Vgl. Menne, BerlAnwBl 2022, 109 (112f.). hat sich in 2023 ein zusätzlicher Änderungsbedarf ergeben: Der dritte Absatz wurde um einen weiteren, aktuellen Nachweis aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergänzt; nämlich den Hinweis auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 9. März 2022.13XII ZB 233/21, BGHZ 233, 136 = FamRZ 2022, 781 (Rz. 13ff.). Die gleiche Entscheidung hat es notwendig gemacht, einen weiteren, vierten Absatz an LL Nr. 5 anzufügen, in dem die Kernaussagen des Beschlusses wiedergegeben werden: Die mit dem Beschluss vom 9. März 2022 einhergehende Rechtsprechungsänderung ist durchaus von Gewicht, weil der Bundesgerichtshof dort die Grundsätze, die bislang nur für den Ehegatten- und den Elternunterhalt anerkannt waren, auch auf den Kindesunterhalt übertragen hat.14Vgl. Norpoth, FamRZ 2022, 784 (784f.); Bömelburg, FF 2022, 243ff.; Rubenbauer/ Dose, FamRZ 2022, 1497 (1506); Reinken, FF 2022, 384 (390); Kleffmann/Kleffmann, FuR 2023, 2 (11); Liceni-Kierstein, FamRB 2022, 212 (213f.) sowie bereits Henjes, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 4 Rn. 284. Entsprechende Anpassungen finden sich ebenfalls in den neu gefassten Leitlinien der Oberlandesgerichte Braunschweig, Frankfurt/M. und Hamm sowie des Oberlandesgerichts Schleswig.

b) LL Nr. 10.4 Abs. 3: Schulden

Eine inhaltliche Änderung liegt nicht vor, sondern der letzte Satz wurde lediglich in sprachlicher Hinsicht etwas gestrafft.

c) LL Nr. 11.2 Abs. 2: Tabelleneingruppierung beim Kindesunterhalt

(aa) Im Anschluss an die im vergangenen Jahr erfolgte Aufstockung der Düsseldorfer Tabelle um fünf zusätzliche Einkommensgruppen, die die bisherigen zehn Gruppen um ein „Premiumsegment“ erweitert haben,15Vgl. dazu bereits Menne, BerlAnwBl 2022, 109 (110ff.) haben die Familiensenate sich in diesem Jahr dazu entschlossen, in den Leitlinien festzuschreiben, dass der Unterhaltsbedarf eines Kindes in den neuen, obersten Tabellengruppen im Einzelfall aus kindgerechten Gründen begrenzt werden kann. Die neue Klausel lehnt sich an eine ähnliche Formulierung in den Leitlinien des Oberlandesgerichts Schleswig an (OLG Schleswig LL Nr. 11.2 Abs. 2). Die Begrenzungsmöglichkeit ist außerordentlich „weich“ formuliert. Genauso wie das „ob“ einer eventuellen Begrenzung ist auch deren Maß eine Frage des Einzelfalls. Sie lautet:

LL Nr. 11.2 Abs. 2: In den oberen Tabellengruppen kann im Einzelfall eine Bedarfsbegrenzung aus kindgerechten Gründen in Betracht kommen.

(bb) Die in die Leitlinie neu aufgenommene Einschränkung ist einerseits Ausdruck der Skepsis, die bereits die Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstags der Erweiterung der Unterhaltstabelle entgegengebracht hat.16Vgl. die Stellungnahme der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages in FamRZ 2021, 923 (924f.) = FamRB 2021, 349 (350f.) sowie die Hinweise auf eine entsprechende, zurückhaltende Tendenz in der schweizerischen und der österreichischen höchstrichterlichen Andererseits wird damit aber auch eine gut eingeführte Rechtsprechung des Kammergerichts erneut bekräftigt, wonach der Kindesunterhalt bei einem außerhalb der (bisherigen) Ansätze der Düsseldorfer Tabelle liegenden Einkommen der Eltern nur „maßvoll“ durch eine pauschalierende Fortschreibung der seinerzeit nur neun Einkommensgruppen umfassenden Düsseldorfer Tabelle zu erhöhen ist.17Vgl. KG v. 11.12.1997 – 19 UF 272/97, FamRZ 1998, 1386 (Rz. 34ff., insb. Rz. 37). Zustimmend Deisenhofer, FamRZ 2000, 359f. In die gleiche Richtung weist auch schon eine ältere Entscheidung des Kammergerichts, wonach allein der Umstand, dass auch der betreuende Elternteil einer Erwerbstätigkeit nachgeht und Einkünfte erzielt, noch nicht zu einer Erhöhung des (Bar-) Unterhaltsbedarfs des minderjährigen Kindes führen soll.18Vgl. KG v. 8.12.1978 – 17 UF 2743/78, FamRZ 1979, 447. Und vor wenigen Jahren erst hat das Kammergericht betont, dass die Unterhaltsgewährung für Kinder sich (lediglich) auf die Befriedigung ihres ggf. auch gehobenen Lebensbedarfs beschränkt, aber keine Teilhabe am elterlichen Luxus mitumfasst.19Vgl. KG v. 26.6.2019 – 13 UF 89/17, NJW-RR 2019, 1281 (Rz. 43ff.). S. auch Griesche, BerlAnwBl 1980, 5 (7), der von einer allgemeinen Tendenz in der Rechtsprechung der Familiensenate des Kammergerichts berichtet, beim Unterhalt von Kindern besonders reicher Eltern eine Sättigungsgrenze anzunehmen. (cc) Eine vergleichbare Tendenz, bei hohen Elterneinkünften „dämpfend“ auf den Unterhaltsbedarf des Kindes einzuwirken, ist der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls nicht fremd: Danach ist im „Oberhaus“ der Tabelle zu berücksichtigen, dass Unterhaltstabellen für Unterhaltsberechtigte, die in außergewöhnlich guten wirtschaftlichen Verhältnissen leben, ohnehin nicht richtig passen,20Vgl. BGH v. 13.12.1968 – IV ZR 685/68, FamRZ 1969, 205 (Rz. 10) sowie Schürmann, FamRB 2022, 33 (34); Frank, FF 2022, 8 (10). Vgl. weiter auch Büte, FuR 2018, 334ff. sowie weiter, dass die besondere Lage eines sich noch in der Ausbildung befindlichen Kindes, das noch keine eigene Lebensstellung besitzt, eine Begrenzung des Unterhalts nach oben rechtfertigt. 21Vgl. bereits BGH v. 13.12.1968 – IV ZR 685/68, FamRZ 1969, 205 (Rz. 18) m. zustimmender Anm. Bosch, FamRZ 1969, 207. Damit wurde seinerzeit Entscheidungen wie derjenigen des LG Frankfurt/M. v. 7.8.1968 – 2/1 S 165/68, MDR 1968, 1010, der Boden entzogen: Dort wurde entschieden, dass der Unterhaltsbedarf eines (gemäß der seinerzeit geltenden Fassung von § 2 BGB noch minderjährigen) 20-jährigen Studenten aus „wohlhabendem Haus“ mit 1050 DM/Monat anzusetzen sei und zu seinem Lebensbedarf auch die Kosten für „die Haltung eines kleinen Autos“ und für den Beitritt zu einer studentischen Korporation zählen sollen. Bei erheblich über dem Durchschnitt liegenden Lebensverhältnissen der Eltern wird es nämlich zunehmend schwieriger, einen diesen Verhältnissen angemessenen Lebenszuschnitt eines Kindes zu ermitteln und im Sinne eines Richtsatzes pauschalierend zu verallgemeinern. 22Vgl. BGH v. 13.10.1999 – XII ZR 16/93, FamRZ 2000, 358 (Rz. 29) sowie Born, FamRZ 2013, 1613 (1615) und ausführlich Schwonberg, in Eschenbruch/ Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 690ff. Unverändert zutreffend sind deshalb auch die Feststellungen des Bundesgerichtshofs, wonach die Lebensstellung eines minderjährigen Kindes, die natürlich mit den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern verknüpft ist, in erster Linie durch das „Kindsein“ geprägt ist. Und weiter, dass die Unterhaltsgewährung für ein Kind zwar die Befriedung seines – auch gehobenen – Lebensbedarfs, aber nicht eine Teilhabe am Luxus bedeutet. Sowie schließlich, dass auch in besten Verhältnissen lebende Eltern nicht das schulden, was das Kind wünscht, sondern lediglich dasjenige, was es braucht.23Vgl. BGH v. 23.2.1983 – IVb ZR 362/81, FamRZ 1983, 473 (Rz. 14). S. weiter v. 11.4.2001 – XII ZR 152/99, FamRZ 2001, 1603 (Rz. 16).Denn beim Kindesunterhalt spielen neben den Lebensverhältnissen stets auch erzieherische Gesichtspunkte eine Rolle.24Vgl. BGH v. 13.12.1968 – IV ZR 685/68, FamRZ 1969, 205 (Rz. 17).

d) LL Nr. 12.1: Betreuungs-/Barunterhalt bei minderjährigen Kindern

(aa) Die Familiensenate des Kammergerichts haben sich nach Beratung dazu entschlossen, Leitlinie Nr. 12.1 nicht zu verändern. Vor dem Hintergrund einer Formulierung, die das Oberlandesgericht Schleswig in diesem Jahr in seine Leitlinien neu aufgenommen hat (OLG Schleswig LL Nr. 12.1), hat sich allerdings auch das Kammergericht die Frage gestellt, ob die entsprechende Klausel nicht abzuändern sei. Diskutiert wurde, LL Nr. 12.1 wie folgt zu fassen:

Der Bedarf minderjähriger Kinder bemisst sich nach den zusammengerechneten Einkünften beider Elternteile. Die Unterhaltspflicht des barunterhaltspflichtigen Elternteils ist jedoch auf den Betrag begrenzt, den er bei alleiniger Unterhaltshaftung auf der Grundlage allein seines Einkommens zu leisten hätte.

(bb) Die in Erwägung gezogene Neuformulierung stellt in inhaltlicher Hinsicht eigentlich nichts Neues dar: Denn nach dem Gesetz (§ 1610 Abs. 1 BGB) bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten. Da jedoch das minderjährige Kind noch über keine eigene Lebensstellung verfügt, sondern sie von seinen Eltern ableitet, beurteilt sich das für seinen Unterhaltsbedarf maßgebende Einkommen aus den zusammengerechneten Einkünften beider Elternteile.25Vgl. Maaß, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 192, 195. Allgemeiner Auffassung zufolge ist aber der Unterhaltsbeitrag des barunterhaltspflichtigen Elternteils stets auf denjenigen Betrag begrenzt, der sich aus dessen eigenen Einkünften errechnen würde (LL Nr. 13.1.1, Satz 4).26Vgl. u. a. BGH v. 9.7.2014 – XII ZB 661/12, FamRZ 2014, 1536 (Rz. 37); v. 28.2.2007 – XII ZR 161/04, FamRZ 2007, 707 (Rz. 15); v. 11.4.2002 – XII ZR 152/99, FamRZ 2001, 1603 (Rz. 16); v. 8.4.1981 – IVb ZR 587/80, FamRZ 1981, 184 (Rz. 20ff.). Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgerichtshof bislang in ständiger Rechtsprechung stets geurteilt, dass gegen eine Ermittlung des Barunterhalts des minderjährigen Kindes allein aufgrund der Verhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils keine Bedenken bestünden. Das sei uneingeschränkt zulässig, weil es sich hierbei lediglich um eine verkürzte Berechnungsweise handele.27Vgl. beispielsweise BGH v. 11.1.2017 – XII ZB 565/15, BGHZ 213, 254 = FamRZ 2017, 437 (Rz. 25); v. 9.7.2014 – XII ZB 661/12, FamRZ 2014, 1536 (Rz. 37); v. 9.7.2003 – XII ZR 83/00, FamRZ 2003, 1471 (Rz. 19) sowie Klinkhammer, in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis (10. Aufl. 2019) § 2 Rn. 206.Diese, in der bisherigen Rechtsprechung – auch des Kammergerichts28Vgl. KG v. 8.12.1978 – 17 UF 2743/78, FamRZ 1979, 447 (Rz. 30, 31; bestätigt durch BGH v. 21.10.1981 – IVb ZR 619/80, DAVorm 1982, 263) sowie bereits Griesche, BerlAnwBl 1980, 5 (7f.). – fest verwurzelte Formel bildet die Grundlage für die heutige Fassung von LL Nr. 12.1.
(cc) In seiner jüngsten Rechtsprechung hat sich der Bundesgerichtshof von der griffigen Umschreibung einer „abgekürzten Berechnung“ mittlerweile jedoch mehr und mehr „verabschiedet“29Vgl. etwa BGH v. 16.9.2020 – XII ZB 499/19, BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28 (Rz. 14); v. 11.1.2017 – XII ZB 565/15, BGHZ 213, 254 = FamRZ 2017, 437 (Rz. 24) sowie Rubenbauer/Dose, FamRZ 2022, 1497 (1498). und ist schließlich mit dem Beschluss vom 18. Mai 202230XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366 (Rz. 50). zu der oben dargestellten Formulierung übergegangen. Das hat das Oberlandesgericht Schleswig dazu veranlasst, in der Neufassung seiner Leitlinien 2023 die bisherige Formulierung gegen die neue, vom Bundesgerichtshof verwendete auszutauschen, und die Familiensenate des Kammergerichts, über eine entsprechende Änderung nachzudenken. (dd) Die Vorteile liegen auf der Hand: Die neue Formulierung ist insbesondere in Konstellationen sinnvoll, in denen das minderjährige Kind von den Eltern in einem paritätischen Wechselmodell betreut wird. Die neue, alternative Formulierung – namentlich deren erster Satz – umschreibt die unterhaltsrechtlichen Gegebenheiten bei einem Wechselmodell31Vgl. dazu Maaß, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 163ff., 167; Menne, in Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht (3. Aufl. 2015), § 1606 Rn. 16 (Stichwort „Wechselmodell“). 32 XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366. wesentlich exakter als die bisherige Leitlinie Nr. 12.1. Zugleich passt sie mit dem zweiten Satz unverändert auch auf die Unterhaltssituation im traditionellen Residenzmodell – insgesamt betrachtet, dürfte die alternative Formulierung daher durchaus „zukunftstauglich“ sein.
(ee) Die mit dem Beschluss vom 18. Mai 202232XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366. vollzogene Rechtsprechungsänderung birgt indessen auch eine Reihe von Problemen und Konsequenzen, deren Reichweite bislang noch nicht genau überschaubar ist. Die Auswirkungen der Entscheidung zeigen sich beim Mehr- und Sonderbedarf eines Kindes, aber insbesondere auch in den – zahlenmäßig wohl eher seltenen – Fallgestaltungen, in denen der betreuende Elternteil über ein eigenes Einkommen verfügt und über den zu seinen Händen gezahlten Kindesunterhalt hinaus seinerseits Trennungs- oder nachehelichen Unterhalt leisten muss: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass in einer solchen Konstellation von den Erwerbseinkünften des betreuenden Elternteils der Barunterhaltsbedarf des Kindes entsprechend den gemeinsamen Einkünften der Eltern abzüglich des hälftigen, auf den Barunterhalt entfallenden Kindergeldes (die zweite Hälfte des vom betreuenden Elternteil bezogenen Kindergeldes ist nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen)33Vgl. BGH v. 15.2.2017 – XII ZB 201/16, FamRZ 2017, 711 (Rz. 10, 15ff.) sowie Einzelbegründung zu § 1612b Abs. 1 BGB in den Materialien des Unterhaltsänderungsgesetzes 2008, BT-Drucks. 16/1830, 30. und abzüglich des vom anderen Elternteil geleisteten Barunterhalts abzusetzen ist. Soweit sich dann zugunsten des betreuenden Elternteils eine Differenz zu dem Barunterhaltsbedarf des Kindes auf der Grundlage der gemeinsamen Elterneinkünfte ergibt, soll der betreuende Elternteil in dieser Höhe – über die von ihm gewährleistete Betreuung des Kindes hinaus – restlichen Betreuungsunterhalt in Form von Naturalunterhalt leisten.34Vgl. BGH v. 18.5.2022 – XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366 (Rz. 51); v. 29.9.2021 – XII ZB 474/20, FamRZ 2021, 1965 (Rz. 34); v. 15.2.2017 – XII ZB 201/16, FamRZ 2017, 711 (Rz. 14). In der obergerichtlichen Rechtsprechung hat sich dem inzwischen das OLG Frankfurt/M. angeschlossen; vgl. OLG Frankfurt/M. v. 15.6.2022 – 7 UF 77/21, FamRZ 2023, 45 (Rz. 33) und auch in den Leitlinien des OLG Celle hat sich die Rechtsprechungsänderung bereits niedergeschlagen; vgl. OLG Celle LL Nr. 15.2, 3. Absatz. Vgl. ergänzend das Rechtsgutachten des DIJuF v. 12.01.2023, JAmt 2023, 65 (69). Das eigene Einkommen des betreuenden Elternteils wird also in weitergehendem Umfang – nämlich zusätzlich durch den Betrag des „restlichen Barunterhalts in Form von Naturalunterhalt“ – bereinigt.35Vgl. Rubenbauer/Dose, FamRZ 2022, 1497 (1502f., 1504) sowie Klinkhammer in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis (10. Aufl. 2019), § 2 Rn. 206. Das kann sich unter Umständen sehr stark auf die Höhe des geschuldeten Trennungs- oder nachehelichen Unterhalts auswirken: Eine entsprechende Konstellation unterstellt, dürfte der neue Ansatz zu einer erheblichen Verringerung des Ehegattenunterhalts führen.36Vgl. Lies-Benachib, FamRZ 2023, 9 (11). Deshalb ist die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs derzeit auch Gegenstand heftiger, kontroverser Diskussionen in der Literatur.37Vgl. überwiegend kritisch bis ablehnend u. a. Maaß, NZFam 2023, 49 (49f.); Kleffmann/Kleffmann, FuR 2023, 2 (9) (mit Rechenbeispiel); Götz/ Seiler, FamRZ 2022, 1338 (mit Musterrechnung); Duderstadt, FamRZ 2022, 1755 (mit Rechenbeispielen); Schürmann, FF 2022, 363 (364ff.); Schwamb, FamRB 2022, 343ff.; Obermann, NJW 2022, 2475 (2476). Dem BGH eher zustimmend Gutdeutsch, FamRZ 2022, 1757f.; Borth, FamRZ 2022, 1758ff.; Lies-Benachib, FamRZ 2023, 9ff.

(ff) Vor diesem Hintergrund waren sich die Familiensenate des Kammergerichts einig, dass eine Anpassung von LL Nr. 12.1 derzeit untunlich ist: Eine entsprechende Konstellation, in der die neue, umstrittene höchstrichterliche Rechtsprechung relevant geworden wäre, hat das Kammergericht bislang noch nicht zu entscheiden gehabt. Die Familiensenate halten sich mit einer eventuellen Änderung deshalb zurück. Es soll vielmehr abgewartet werden, bis erste Entscheidungen praktischer Fälle vorliegen, um dann auf einer breiteren Basis und idealerweise auf der Grundlage der Rechtsprechung von mehreren Senaten eine Linie zu entwickeln, mit der die unterhaltsrechtliche Praxis sachgerecht arbeiten kann.38Vgl. bereits oben, unter II.1.

e) LL Nr. 12.3: Haftungsanteil bei beiderseitiger Barunterhaltspflicht gegenüber dem unterhaltsberechtigten Kind

Durch die Einfügung der beiden Wörter „des Kindes“ wurde der Wortlaut der Klausel ohne inhaltliche Änderung lediglich in sprachlicher Hinsicht etwas präzisiert.

f) LL Nr. 15.3: Konkrete Bedarfsbemessung beim Ehegattenunterhalt

Entgegen dem ersten Anschein wurde der inhaltliche Gehalt der Klausel nicht verändert, sondern lediglich in sprachlicher Hinsicht etwas „geglättet“: Denn die bisherige Fassung von LL Nr. 15.3 begann mit den Worten: „Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs …“, und war von daher geeignet, unterschwellig den Eindruck zu erwecken, als würden sich die Familiensenate von der in der Klausel referierten Rechtsprechung innerlich distanzieren wollen. Das ist nicht beabsichtigt und deshalb wurde LL Nr. 15.3 „neutral“ gefasst.

g) LL Nr. 21, Nr. 22 sowie LL Nr. 13.1.2, Nr. 15.1 Abs. 3, Nr. 18 Abs. 2: Übernahme der Selbstbehalts- und Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle 2023

(aa) Die genannten fünf Stellen bilden die Verbindungsglieder zwischen der aktuellen Düsseldorfer Tabelle 2023 und den unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Kammergerichts: Die Familiensenate des Kammergerichts übernehmen mit den dort ausgewiesenen Werten die bundesweiten Ansätze für die Selbstbehalte und einzelne Unterhaltsbedarfe nach der Düsseldorfer Tabelle in die eigene Rechtsprechung und für die Berliner Unterhaltspraxis. 39Vgl. bereits oben, unter I. Um die in den Leitlinien ausgewiesenen Werte besser zu verstehen, lohnt es sich, einen kurzen „Seitenblick“ auf die Düsseldorfer Tabelle zu werfen.
(bb) Die Düsseldorfer Tabelle ist systematisch klar durchstrukturiert; die überwiegende Mehrzahl der in sie eingestellten Werte ist durch solide statistische Erhebungen oder Berechnungen „unterfüttert“: (i) Ausgangspunkt, auf den das Zahlenwerk der Tabelle aufbaut, ist der ausgewiesene Unterhaltsbedarfsbetrag für ein Kind in der ersten Einkommensgruppe (bereinigtes Elterneinkommen bis 1900 € netto/Monat) und der zweiten Altersstufe (Kindesalter sechs bis elf Jahre), der seit der Unterhaltsrechtsreform 2008 in § 1612a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BGB gesetzlich festgeschrieben ist.40Vgl. zur Entwicklung und Herleitung näher Menne, FamRB 2008, 145ff, sowie Menne/Grundmann, Das neue Unterhaltsrecht (2008), 96ff.; Poppen, in Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht (3. Aufl. 2015), § 1612a Rn. 2ff. Der dort genannte Wert entspricht 100 % des Mindestunterhalts (derzeit: 502 €/Monat) nach der jeweils aktuellen Mindestunterhaltsverordnung41Derzeit Fünfte Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung v. 30.11.2022, BGBl. I, 2130. und ist der „Basiswert“, auf dem das gesamte Tabellenwerk aufbaut. Die in der Mindestunterhaltsverordnung ausgewiesenen Werte beruhen ihrerseits auf dem Existenzminimumbericht der Bundesregierung,42Derzeit aktuell ist der 14. Bericht über die Höhe des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2024 v. 2.11.2022, BT-Drucks. 20/4443. Danach beträgt das sächliche Existenzminimum eines Kindes im Jahr 2023 6024 €/Jahr bzw. 502 €/Monat. Für das Jahr 2024 wird ein Anstieg auf 6384 €/Jahr bzw. 532 € monatlich prognostiziert. mit dem in regelmäßigen Abständen u. a. das sächliche Existenzminimum eines Kindes mit statistischen Mitteln exakt ermittelt wird.43Vgl. ausführlich zur Methodik Maaß, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 51ff. (ii) Aus diesem „Basiswert“ werden die Bedarfssätze für die erste und die dritte Altersstufe abgeleitet: Entsprechend den durch § 1612a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bzw. Nr. 3 BGB vorgegebenen Prozentsätzen betragen sie 87 % bzw. 117 % des Mindestunterhalts der zweiten Altersstufe.44Vgl. näher zur Auswahl der Prozentsätze der ersten und dritten Altersstufe Menne/Grundmann, Das neue Unterhaltsrecht (2008), 100 (145); Menne, FamRB 2008, 145 (146); Zypries, ZKJ 2008, 5 (6); Granold, FF 2008, 11 (14). Die gesetzlich vorgegebene Aufspreizung des Mindestunterhalts der zweiten Altersstufe auf zwei weitere Altersstufen kann zu Verzerrungen führen, weil nicht ausreichend gesichert ist, ob die gefundenen Werte mit dem tatsächlichen Bedarf von Kindern in den entsprechenden Altersstufen wirklich übereinstimmen; vgl. näher Schürmann, FamRZ 2019, 493 (497); Schürmann, FamRB 2018, 32 (34f.) sowie ausführlich Maaß, in Eschenbruch/ Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 54. Der jeweils zutreffende Betrag wird in der Mindestunterhaltsverordnung ausgewiesen und in die Düsseldorfer Tabelle übernommen.
(iii) Für die vierte Altersstufe, also für volljährige, im Elternhaus lebende Jugendliche, gibt es keine gesetzliche Vorgabe. Der entsprechende Wert wurde lange Zeit dadurch gebildet, dass auf den Prozentwert der dritten Altersstufe (= 117 % des Mindestunterhalts) die Spreizung zwischen der zweiten Altersstufe (= 100 %) und der dritten Altersstufe (= 117 %), nämlich 17 Prozentpunkte, einfach hinzuaddiert wurde, so dass sich in der vierten Altersstufe ein Satz von (117 + 17 =) 134 % des Mindestunterhalts ergab.45Vgl. Schürmann, FamRB 2020, 33 (34); Klinkhammer, FamRZ 2008, 193 (196ff.) und ausführlich Schürmann, FamRZ 2019, 493 (497f.). Nachdem der Betrag des auf diese Weise gefundenen Werts den Bedarf namentlich von volljährigen, außerhalb des elterlichen Haushalts lebenden, studierenden Kindern im Laufe der Zeit mehr und mehr überstieg,46Vgl. die entsprechende Kritik der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages, FamRZ 2021, 923 (923f.) = FamRB 2021, 349 (349f.) sowie bereits Schürmann, FamRB 2018, 32 (34f.). einigten sich die Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages und die Vertreter der Oberlandesgerichte, den Wert beginnend ab dem Jahr 2020 neu zu definieren; er beträgt seither lediglich noch 125 % des Mindestunterhalts nach der zweiten Altersstufe. 47Vgl. Schürmann, FamRB 2020, 33 (34).

(iv) Die in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Unterhaltsbedarfsbeträge steigen von Einkommensgruppe zu Einkommensgruppe prozentual an: Bis zur 5. Einkommensgruppe erhöht sich der Unterhaltsbedarf gegenüber dem Mindestunterhalt in jeder Stufe um jeweils fünf Prozentpunkte, bis er in der 5. Einkommensgruppe 120 % des Mindestunterhalts erreicht.48Vgl. Maaß, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 60f. Dieser Wert ist insoweit von Belang, als er den Maximalsatz des Mindestunterhalts bezeichnet, bis zu dem der Kindesunterhalt noch im vereinfachten Verfahren geltend gemacht werden kann.49Vgl. § 249 Abs. 1 FamFG sowie Roßmann, in Eschenbruch/Schürmann/ Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 3 Rn. 1369. Ab der 5. Einkommensgruppe steigen die ausgewiesenen Unterhaltsbeträge von Stufe zu Stufe gleichbleibend um jeweils 8 Prozentpunkte an, bis sie in der neuen, 15. Einkommensgruppe den Maximalwert von 200 % des Mindestunterhalts erreichen.
(v) Die Steigerung in den ersten zehn Einkommensgruppen erfolgt seit 2008 gleichmäßig in Schritten von jeweils 400 €.50Vgl. Klinkhammer, FamRZ 2008, 193 (195). Die Einkommensgruppen im neuen „Oberhaus“ der Tabelle, in den Einkommensgruppen 11 bis 15, sind im Interesse einer gewissen Begrenzung der Unterhaltsbedarfsbeträge und im Einklang mit einem entsprechenden Zugeständnis des Bundesgerichtshofs51Vgl. BGH v. 16.9.2020 – XII ZB 499/19, BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28 (Rz. 22). deutlich großzügiger als die ersten zehn Gruppen dimensioniert: Die 11. Einkommensgruppe umfasst eine Einkommensspanne von 700 €, in der 12. Gruppe sind es 800 €, in Gruppe 13 1000 € und die beiden letzten Gruppen decken eine Spanne von jeweils 1500 € ab.52Vgl. bereits Menne, BerlAnwBl 2022, 109 (111).

(cc) (i) Eine unterhaltsrechtlich ganz entscheidende Größe ist der notwendige Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners gegenüber dem Unterhaltsanspruch des minderjährigen sowie des volljährigen, nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegierten Kindes. Denn die beiden in LL Nr. 21.2 eingestellten Werte markieren die „Opfergrenze“, bis zu der ein erwerbstätiger bzw. ein nicht erwerbstätiger Pflichtiger von seinen Kindern (§ 1603 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 BGB) auf Unterhalt in Anspruch genommen werden kann.
(ii) Entsprechend den Ankündigungen im Vorjahr53Vgl. u. a. Menne, BerlAnwBl 2022, 109 (115). ist der notwendige Selbstbehalt im Jahr 2023 stark angestiegen. Für den nicht erwerbstätigen Schuldner von Kindesunterhalt setzt er sich für unverändert aus einer Reihe von klar definierten, einzelnen „Bausteinen“ zusammen:54Vgl. bereits Menne, FF 2023, 12 (17f.); Menne, NZFam 2016, 97 (99f.); Niepmann, FamRZ 2015, 17 (18) sowie ausführlich zu Herleitung und Entwicklung im Zeitverlauf Maaß, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 60ff.

  • Die „Basis“ des notwendigen Selbstbehalts wird durch den sozialhilferechtlichen Regelsatz für einen alleinstehenden Hilfeempfänger gebildet. Der Wert ergibt sich aus dem jeweils aktuellen Existenzminimumbericht der Bundesregierung und beträgt im Jahr 2023, seit dem Inkrafttreten des „Bürgergeldgesetzes“ zum 1. Januar 2023, 502 € monatlich.55Vgl. 14. Existenzminimumbericht v. 2.11.2022, BT-Drucks. 20/4443, 5. Für 2024 soll das Existenzminimum auf 6444 €/Jahr bzw. 537 € monatlich ansteigen.
  • Der Wert von 502 €/Monat wird in Anlehnung an die Regelung in § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2a ZPO56Vgl. Niepmann, FamRZ 2015, 17 (18). um etwa 10 % – ca. 50 € bzw. rechnerisch exakt: 48 € – erhöht als Ausgleich dafür, dass einem Empfänger von staatlichen Transferleistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII weitere Vergünstigungen gewährt werden, zu deren bekanntesten etwa die Befreiung von den Rundfunk- und Fernsehbeiträgen gehört.
  • In Anlehnung an die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung kommt zum notwendigen Selbstbehalt ein pauschaler Zuschlag von 30 € monatlich für angemessene private Versicherungen hinzu.
  • Weiter hinzuaddiert wird der pauschalierte, bundeseinheitliche Ansatz für die Wohnkosten einschließlich Nebenkosten und Heizung (Warmmiete), der in der Düsseldorfer Tabelle im Jahr 2023 von bislang 430 €/ Monat auf nunmehr 520 € monatlich deutlich erhöht wurde.
  • Bestandteil des notwendigen Selbstbehalts ist schließlich auch der (im Jahr 2023 wieder „aufgefüllte“) „Puffer“ von 20 €/Monat, der dazu dient, plötzliche, unerwartete Entwicklungen aufzufangen und vermeiden soll, dass die Selbstbehaltssätze allzu häufig angepasst werden müssen.

Zusammenaddiert ergibt das einen Betrag von insgesamt 1120 € monatlich, der dem nicht erwerbstätigen Kindesunterhaltsschuldner mindestens verbleiben muss (LL Nr. 21.2).
(iii) Für den erwerbstätigen Kindesunterhaltsschuldner erhöht sich der Betrag um weitere 250 €/Monat: Es handelt sich hierbei um einen in Anlehnung an den Rechtsgedanken nach § 11b Abs. 3 SGB II57Vgl. Niepmann, FamRZ 2013, 101 (101). gebildeten „Erwerbsanreiz“. Dieser wurde lange Zeit mit 200 € monatlich bemessen. Mit dem „Bürgergeld-Gesetz“ erfolgte eine deutliche Anhebung, so dass sich die Unterhaltskommission und die Vertreter der Oberlandesgerichte ebenfalls für eine Anpassung ausgesprochen haben. Im Vergleich zum Vorjahr ist der notwendige Selbstbehalt für den erwerbstätigen Unterhaltsschuldner damit um 210 €/Monat – grob etwa 18 % – angehoben worden und beträgt seit Jahresbeginn 1370 € monatlich.

(dd) Die Bedarfssätze nach LL Nr. 22.1 und Nr. 22.2 ermitteln sich wie folgt:
(i) Ausgangspunkt, um den Bedarf des mit einem Pflichtigen, der sich Ehegattenunterhaltsansprüchen ausgesetzt sieht, zusammenlebenden Ehegatten zu ermitteln (LL Nr. 22.1), ist der eheangemessene Selbstbehalt des Pflichtigen nach LL Nr. 21.4 in Höhe von (derzeit) 1510 €/Monat. Dieser Wert ist, da es sich um zwei Ehegatten handelt, auf (2 × 1510 € =) 3020 € zu verdoppeln. Abzusetzen ist der Wert des „Synergieeffekts“, den jeder Ehegatte durch das gemeinsame Wirtschaften mit einem leistungsfähigen Partner erfährt und der nach LL Nr. 21.5 jeweils pauschal mit 10 % anzusetzen ist. Wird der Gesamtbedarf von 3020 € um 20 % (= 604 €) gekürzt, ergibt sich ein Betrag von 2416 €, der auf zwei Ehegatten zu verteilen ist, so dass für den mit dem pflichtigen Ehegatten zusammenlebenden (neuen) Ehegatten ein Bedarf von (2416 € ./. 2 =) 1208 €/Monat angesetzt werden kann.
(ii) Entsprechend wird auch beim Bedarf des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten verfahren, wenn der Pflichtige einem volljährigen, nicht privilegierten Kind gegenüber unterhaltspflichtig ist (LL Nr. 22.2): Gegenüber diesem Kind steht dem Pflichtigen ein Selbstbehalt in Höhe von mindestens 1650 € zu (LL Nr. 21.3.1). Den gleichen Betrag kann auch der mit dem Pflichtigen zusammenlebende Ehegatte für sich beanspruchen, so dass beiden gemeinsam (2 × 1650 € =) 3300 € verbleiben müssen. Dieser Betrag ist für jeden Partner um eine Haushaltsersparnis von jeweils 10 % (LL Nr. 21.5) zu kürzen, so dass sich ein Betrag von (3300 € ./. 20 % [= 660 €] =) 2640 € monatlich ergibt. Dieser Betrag ist wiederum auf jeden einzelnen Ehegatten umzulegen, so dass für den mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten, wenn der Pflichtige einem volljährigen, nicht privilegierten Kind Unterhalt schuldet, ein Bedarfsbetrag von (2640 € ./. 2 =) 1320 €/Monat anzusetzen ist.

h) Fundstellen

Der vollständige Text der neuen Leitlinien wurde Anfang Januar 2023 in den Internetauftritt des Kammergerichts eingestellt.58Unter https://www.berlin.de/gerichte/was-moechten-sie-erledigen/ familiensachen/artikel.418017.php. In gedruckter Form finden sie sich als Sonderbeilage zu manchen Fachzeitschriften und in elektronischer Form auf den Homepages mehrerer großer Zeitschriften sowie auf der Homepage des Deutschen Familiengerichtstages.59Unter https://www.dfgt.de und „Leitlinien der Oberlandesgerichte“.

III. FAZIT

Gehofft wird, dass im Laufe des Jahres 2023 die Eckpunkte einer allseits erwarteten Unterhaltsrechtsreform vorgestellt werden.

„Die Düsseldorfer Tabelle und die unterhaltsrechtlichen Leitlinien sind keine unverrückbaren ‚Denkmäler‘, sondern stets nur Hilfsmittel bei der Rechtsanwendung in einem zunehmend komplexer werdenden Gebiet, die flexibel, situationsangemessen und mit Umsicht handzuhaben sind“

Im September 2023 soll in Bonn der 24. Deutsche Familiengerichtstag60Vgl. https://www.dfgt.de. stattfinden, so dass Gelegenheit besteht, die Diskussion über die von der Unterhaltskommission aufgezeigte Notwendigkeit struktureller Änderungen der Düsseldorfer Tabelle61Vgl. die Stellungnahme der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages, FamRZ 2021, 923 = FamRB 2021, 349.und, in der Folge, auch der Leitlinien, fortzuführen: Denn die Düsseldorfer Tabelle und die unterhaltsrechtlichen Leitlinien sind keine unverrückbaren „Denkmäler“, sondern stets nur Hilfsmittel bei der Rechtsanwendung in einem zunehmend komplexer werdenden Gebiet, die flexibel, situationsangemessen und mit Umsicht handzuhaben sind.

Exklusiv für Mitglieder | Heft 04/2023 | 72. Jahrgang
  • 1
    Vgl. KG v. 16.5.1978 – 17 UF 745/78, NJW 1978, 2302 (Rz. 33f.) sowie weiter v. 8.12.1978 – 17 UF 2743/78, FamRZ 1979, 447 (LS) = DAVorm 1979, 110 (Volltext; Rz. 25, 37); v. 12.6.1981 – 17 UF 553/81, FamRZ 1981, 869; v. 17.4.1984 – 17 WF 1198/84, FamRZ 1984, 793 und, aus jüngerer Zeit, beispielsweise KG v. 11.12.1997 – 19 UF 272/97, FamRZ 1998, 1386 (Rz. 27).
  • 2
    Vgl. KG v. 20.4.1979 – 17 UF 51/79, FamRZ 1979, 926 (926); v. 8.12.1978 – 17 UF 2743/78, DAVorm 1979, 110 (Rz. 25, 37) sowie bereits Griesche, BerlAnwBl 1980, 5 (7).
  • 3
    Vgl. ausführl. Menne, NJW 2021, 497ff. Eine Ausnahme macht lediglich das OLG Saarbrücken, dessen beide Familiensenate traditionell keine eigenen Leitlinien veröffentlichen, sondern sich in ihrer Rechtsprechung unmittelbar an der Düsseldorfer Tabelle und deren Anmerkungen orientieren.
  • 4
    Zur Entwicklung der unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Kammergerichts vgl. Menne, BerlAnwBl 2021, 60ff.
  • 5
    Vgl. ausführl. Maaß, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 43.
  • 6
    Vgl. bereits KG v. 16.5.1978 – 17 UF 745/78, FamRZ 1978, 413 (Rz. 33).
  • 7
    Std. Rechtsprechung des BGH, vgl. beispielsweise BGH v. 16.9.2020 – XII ZB 499/19, BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28 (Rz. 15) und, besonders plakativ, bereits v. 13.12.1968 – IV ZR 685/68, FamRZ 1969, 205 (Rz. 10: „Feste Richtlinien oder sogenannte Faustregeln für die Bemessung der Höhe des Unterhalts können hiernach, wenn sie auch die tägliche Praxis, insbesondere die anwaltliche Beratung und die richterlichen Entscheidungen erleichtern, nicht verwendet werden, ohne dass jeweils geprüft wird, ob und inwieweit die Umstände des einzelnen Falles Abweichungen notwendig machen.“).
  • 8
    Vgl. Schürmann, FamRZ 2005, 490 (492); Menne, BerlAnwBl 2022, 109
    (109).
  • 9
    Vgl. hierzu die Einführungsaufsätze von Schürmann, FamRB 2023, 34ff.; Menne, FF 2023, 12ff.; Viefhues, FuR 2023, 50f.
  • 10
    Vgl. insbesondere die Stellungnahme der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages, FamRZ 2021, 923 = FamRB 2021, 349 sowie u. a. Schürmann, FamRB 2023, 34 (38); Frank, FF 2022, 8ff., Born, NZFam 2021, 709ff.; Lies-Benachib, FamRZ 2022, 149ff.; Schwamb, FamRB 2018, 67ff.
  • 11
    Vgl. näher Menne, FF 2023, 12 (13).
  • 12
    Vgl. Menne, BerlAnwBl 2022, 109 (112f.).
  • 13
    XII ZB 233/21, BGHZ 233, 136 = FamRZ 2022, 781 (Rz. 13ff.).
  • 14
    Vgl. Norpoth, FamRZ 2022, 784 (784f.); Bömelburg, FF 2022, 243ff.; Rubenbauer/ Dose, FamRZ 2022, 1497 (1506); Reinken, FF 2022, 384 (390); Kleffmann/Kleffmann, FuR 2023, 2 (11); Liceni-Kierstein, FamRB 2022, 212 (213f.) sowie bereits Henjes, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 4 Rn. 284.
  • 15
    Vgl. dazu bereits Menne, BerlAnwBl 2022, 109 (110ff.)
  • 16
    Vgl. die Stellungnahme der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages in FamRZ 2021, 923 (924f.) = FamRB 2021, 349 (350f.) sowie die Hinweise auf eine entsprechende, zurückhaltende Tendenz in der schweizerischen und der österreichischen höchstrichterlichen
  • 17
    Vgl. KG v. 11.12.1997 – 19 UF 272/97, FamRZ 1998, 1386 (Rz. 34ff., insb. Rz. 37). Zustimmend Deisenhofer, FamRZ 2000, 359f.
  • 18
    Vgl. KG v. 8.12.1978 – 17 UF 2743/78, FamRZ 1979, 447.
  • 19
    Vgl. KG v. 26.6.2019 – 13 UF 89/17, NJW-RR 2019, 1281 (Rz. 43ff.). S. auch Griesche, BerlAnwBl 1980, 5 (7), der von einer allgemeinen Tendenz in der Rechtsprechung der Familiensenate des Kammergerichts berichtet, beim Unterhalt von Kindern besonders reicher Eltern eine Sättigungsgrenze anzunehmen.
  • 20
    Vgl. BGH v. 13.12.1968 – IV ZR 685/68, FamRZ 1969, 205 (Rz. 10) sowie Schürmann, FamRB 2022, 33 (34); Frank, FF 2022, 8 (10). Vgl. weiter auch Büte, FuR 2018, 334ff.
  • 21
    Vgl. bereits BGH v. 13.12.1968 – IV ZR 685/68, FamRZ 1969, 205 (Rz. 18) m. zustimmender Anm. Bosch, FamRZ 1969, 207. Damit wurde seinerzeit Entscheidungen wie derjenigen des LG Frankfurt/M. v. 7.8.1968 – 2/1 S 165/68, MDR 1968, 1010, der Boden entzogen: Dort wurde entschieden, dass der Unterhaltsbedarf eines (gemäß der seinerzeit geltenden Fassung von § 2 BGB noch minderjährigen) 20-jährigen Studenten aus „wohlhabendem Haus“ mit 1050 DM/Monat anzusetzen sei und zu seinem Lebensbedarf auch die Kosten für „die Haltung eines kleinen Autos“ und für den Beitritt zu einer studentischen Korporation zählen sollen.
  • 22
    Vgl. BGH v. 13.10.1999 – XII ZR 16/93, FamRZ 2000, 358 (Rz. 29) sowie Born, FamRZ 2013, 1613 (1615) und ausführlich Schwonberg, in Eschenbruch/ Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 690ff.
  • 23
    Vgl. BGH v. 23.2.1983 – IVb ZR 362/81, FamRZ 1983, 473 (Rz. 14). S. weiter v. 11.4.2001 – XII ZR 152/99, FamRZ 2001, 1603 (Rz. 16).
  • 24
    Vgl. BGH v. 13.12.1968 – IV ZR 685/68, FamRZ 1969, 205 (Rz. 17).
  • 25
    Vgl. Maaß, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 192, 195.
  • 26
    Vgl. u. a. BGH v. 9.7.2014 – XII ZB 661/12, FamRZ 2014, 1536 (Rz. 37); v. 28.2.2007 – XII ZR 161/04, FamRZ 2007, 707 (Rz. 15); v. 11.4.2002 – XII ZR 152/99, FamRZ 2001, 1603 (Rz. 16); v. 8.4.1981 – IVb ZR 587/80, FamRZ 1981, 184 (Rz. 20ff.).
  • 27
    Vgl. beispielsweise BGH v. 11.1.2017 – XII ZB 565/15, BGHZ 213, 254 = FamRZ 2017, 437 (Rz. 25); v. 9.7.2014 – XII ZB 661/12, FamRZ 2014, 1536 (Rz. 37); v. 9.7.2003 – XII ZR 83/00, FamRZ 2003, 1471 (Rz. 19) sowie Klinkhammer, in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis (10. Aufl. 2019) § 2 Rn. 206.
  • 28
    Vgl. KG v. 8.12.1978 – 17 UF 2743/78, FamRZ 1979, 447 (Rz. 30, 31; bestätigt durch BGH v. 21.10.1981 – IVb ZR 619/80, DAVorm 1982, 263) sowie bereits Griesche, BerlAnwBl 1980, 5 (7f.).
  • 29
    Vgl. etwa BGH v. 16.9.2020 – XII ZB 499/19, BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28 (Rz. 14); v. 11.1.2017 – XII ZB 565/15, BGHZ 213, 254 = FamRZ 2017, 437 (Rz. 24) sowie Rubenbauer/Dose, FamRZ 2022, 1497 (1498).
  • 30
    XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366 (Rz. 50).
  • 31
    Vgl. dazu Maaß, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 163ff., 167; Menne, in Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht (3. Aufl. 2015), § 1606 Rn. 16 (Stichwort „Wechselmodell“). 32 XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366.
  • 32
    XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366.
  • 33
    Vgl. BGH v. 15.2.2017 – XII ZB 201/16, FamRZ 2017, 711 (Rz. 10, 15ff.) sowie Einzelbegründung zu § 1612b Abs. 1 BGB in den Materialien des Unterhaltsänderungsgesetzes 2008, BT-Drucks. 16/1830, 30.
  • 34
    Vgl. BGH v. 18.5.2022 – XII ZB 325/20, BGHZ 233, 309 = FamRZ 2022, 1366 (Rz. 51); v. 29.9.2021 – XII ZB 474/20, FamRZ 2021, 1965 (Rz. 34); v. 15.2.2017 – XII ZB 201/16, FamRZ 2017, 711 (Rz. 14). In der obergerichtlichen Rechtsprechung hat sich dem inzwischen das OLG Frankfurt/M. angeschlossen; vgl. OLG Frankfurt/M. v. 15.6.2022 – 7 UF 77/21, FamRZ 2023, 45 (Rz. 33) und auch in den Leitlinien des OLG Celle hat sich die Rechtsprechungsänderung bereits niedergeschlagen; vgl. OLG Celle LL Nr. 15.2, 3. Absatz. Vgl. ergänzend das Rechtsgutachten des DIJuF v. 12.01.2023, JAmt 2023, 65 (69).
  • 35
    Vgl. Rubenbauer/Dose, FamRZ 2022, 1497 (1502f., 1504) sowie Klinkhammer in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis (10. Aufl. 2019), § 2 Rn. 206.
  • 36
    Vgl. Lies-Benachib, FamRZ 2023, 9 (11).
  • 37
    Vgl. überwiegend kritisch bis ablehnend u. a. Maaß, NZFam 2023, 49 (49f.); Kleffmann/Kleffmann, FuR 2023, 2 (9) (mit Rechenbeispiel); Götz/ Seiler, FamRZ 2022, 1338 (mit Musterrechnung); Duderstadt, FamRZ 2022, 1755 (mit Rechenbeispielen); Schürmann, FF 2022, 363 (364ff.); Schwamb, FamRB 2022, 343ff.; Obermann, NJW 2022, 2475 (2476). Dem BGH eher zustimmend Gutdeutsch, FamRZ 2022, 1757f.; Borth, FamRZ 2022, 1758ff.; Lies-Benachib, FamRZ 2023, 9ff.
  • 38
    Vgl. bereits oben, unter II.1.
  • 39
    Vgl. bereits oben, unter I.
  • 40
    Vgl. zur Entwicklung und Herleitung näher Menne, FamRB 2008, 145ff, sowie Menne/Grundmann, Das neue Unterhaltsrecht (2008), 96ff.; Poppen, in Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht (3. Aufl. 2015), § 1612a Rn. 2ff.
  • 41
    Derzeit Fünfte Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung v. 30.11.2022, BGBl. I, 2130.
  • 42
    Derzeit aktuell ist der 14. Bericht über die Höhe des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2024 v. 2.11.2022, BT-Drucks. 20/4443. Danach beträgt das sächliche Existenzminimum eines Kindes im Jahr 2023 6024 €/Jahr bzw. 502 €/Monat. Für das Jahr 2024 wird ein Anstieg auf 6384 €/Jahr bzw. 532 € monatlich prognostiziert.
  • 43
    Vgl. ausführlich zur Methodik Maaß, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 51ff.
  • 44
    Vgl. näher zur Auswahl der Prozentsätze der ersten und dritten Altersstufe Menne/Grundmann, Das neue Unterhaltsrecht (2008), 100 (145); Menne, FamRB 2008, 145 (146); Zypries, ZKJ 2008, 5 (6); Granold, FF 2008, 11 (14). Die gesetzlich vorgegebene Aufspreizung des Mindestunterhalts der zweiten Altersstufe auf zwei weitere Altersstufen kann zu Verzerrungen führen, weil nicht ausreichend gesichert ist, ob die gefundenen Werte mit dem tatsächlichen Bedarf von Kindern in den entsprechenden Altersstufen wirklich übereinstimmen; vgl. näher Schürmann, FamRZ 2019, 493 (497); Schürmann, FamRB 2018, 32 (34f.) sowie ausführlich Maaß, in Eschenbruch/ Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 54.
  • 45
    Vgl. Schürmann, FamRB 2020, 33 (34); Klinkhammer, FamRZ 2008, 193 (196ff.) und ausführlich Schürmann, FamRZ 2019, 493 (497f.).
  • 46
    Vgl. die entsprechende Kritik der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages, FamRZ 2021, 923 (923f.) = FamRB 2021, 349 (349f.) sowie bereits Schürmann, FamRB 2018, 32 (34f.).
  • 47
    Vgl. Schürmann, FamRB 2020, 33 (34).
  • 48
    Vgl. Maaß, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 60f.
  • 49
    Vgl. § 249 Abs. 1 FamFG sowie Roßmann, in Eschenbruch/Schürmann/ Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 3 Rn. 1369.
  • 50
    Vgl. Klinkhammer, FamRZ 2008, 193 (195).
  • 51
    Vgl. BGH v. 16.9.2020 – XII ZB 499/19, BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28 (Rz. 22).
  • 52
    Vgl. bereits Menne, BerlAnwBl 2022, 109 (111).
  • 53
    Vgl. u. a. Menne, BerlAnwBl 2022, 109 (115).
  • 54
    Vgl. bereits Menne, FF 2023, 12 (17f.); Menne, NZFam 2016, 97 (99f.); Niepmann, FamRZ 2015, 17 (18) sowie ausführlich zu Herleitung und Entwicklung im Zeitverlauf Maaß, in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 2 Rn. 60ff.
  • 55
    Vgl. 14. Existenzminimumbericht v. 2.11.2022, BT-Drucks. 20/4443, 5. Für 2024 soll das Existenzminimum auf 6444 €/Jahr bzw. 537 € monatlich ansteigen.
  • 56
    Vgl. Niepmann, FamRZ 2015, 17 (18).
  • 57
    Vgl. Niepmann, FamRZ 2013, 101 (101).
  • 58
    Unter https://www.berlin.de/gerichte/was-moechten-sie-erledigen/ familiensachen/artikel.418017.php.
  • 59
    Unter https://www.dfgt.de und „Leitlinien der Oberlandesgerichte“.
  • 60
    Vgl. https://www.dfgt.de.
  • 61
    Vgl. die Stellungnahme der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages, FamRZ 2021, 923 = FamRB 2021, 349.