„Was ist fair?“ – Neue Schulbesuche des Berliner Anwaltsvereins
Anwältinnen und Anwälte aus dem Berliner Anwaltsverein vermitteln Rechtsstaat und Demokratie aus der Praxisperspektive
Gemeinsam mit dem Berliner Ratschlag für Demokratie führt der Berliner Anwaltsverein eine Reihe von Besuchen in Berliner Schulklassen unter dem Motto „Was ist fair? Rechtsstaat und Demokratie aus der Praxisperspektive“ durch. Weitere Termine des Projekts „Anwälte gehen in die Schule!“ des Berliner Anwaltsvereins betreffen derzeit die Themen Arbeitsrecht und Berufsleben sowie Strafrecht.
Schreiben Sie uns, wenn auch Sie Berliner Schülerinnen und Schülern über unsere Praxiserfahrung berichten möchten: mail@berliner-anwaltsvereins.de. Denn der Dialog mit Schüler:innnen und Anwaltschaft soll fortgesetzt werden! Rechtsanwältin Nasim Ebert-Nabavi berichtet über einen Schulbesuch in der Reihe „Was ist fair?“ im Oktober an der Rütli-Schule in Neukölln.
Interessanterweise kannten die meisten Schüler:innen im Hinblick auf die Grundrechte lediglich die Meinungsfreiheit. Es war für sie sehr spannend zu erfahren, was dieser Schutz umfasst und wie sie die Grenzen (Schranken) der Meinungsfreiheit erkennen können. Um den Inhalt greifbarer zu machen, habe ich für jedes der besprochenen Grundrechte praxisnahe Beispiele gegeben. Das führte zu vielen weiterführenden Fragen, da die konkreten Beispiele den Stoff lebendiger machten.
Ein dominierendes rechtliches Alltagsproblem der Jugendlichen war das Thema Polizeibefugnisse. Da ich selbst aus Neukölln komme und in der Jugendarbeit aktiv bin, weiß ich, wie relevant dieses Thema für die Jugendlichen hier ist.
„Ich habe einmal mehr erkannt, wie essentiell eine jugendgerechte Sprache ist, um mein Zielpublikum zu erreichen“
Für mich war diese Stunde auch eine wichtige Lernerfahrung. Ich habe einmal mehr erkannt, wie essentiell eine jugendgerechte Sprache ist, um mein Zielpublikum zu erreichen. Gleichzeitig ist es unerlässlich, den Perspektivwechsel vorzunehmen, um die Lebensrealitäten und Bedürfnisse der Jugendlichen besser zu verstehen. Ein Zitat, das mich nachhaltig bewegt und betroffen gemacht hat, stammt von einem Jugendlichen, der im Zusammenhang mit Artikel 5 GG (Meinungsfreiheit) und dem Nahost-Konflikt zu mir sagte:
„Sie sagen, dass Artikel 5 die Meinungsvielfalt schützt, aber es gibt Meinungen, die keiner hören will. Das palästinensische Leben ist nichts wert, wir haben keine Stimme.“
Dieses Zitat hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Es gibt viele betroffene Schüler:innen, und ich hätte mir gewünscht, mehr Zeit zu haben, um ihnen Raum für ihre Emotionen zu geben und zu zeigen, dass solche Gespräche wichtig sind, um Verständnis und Dialog auch i.S.v. Artikel 5 GG zu fördern.
Vielen Dank für diese wertvolle Gelegenheit. Für mich bedeutet es, als Juristin nicht nur fachlich tätig zu sein, sondern auch gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Der Dialog mit jungen Menschen und ihre Aufklärung über ihre Rechte ist für mich ein zentraler Teil dieser Verantwortung.