Was macht eigentlich die AG Anwältinnen im DAV?
Rückblick und Ausblick
Die AG Anwältinnen ist ein Netzwerk für Frauen, die als Rechtsanwältinnen oder Syndikusanwältinnen tätig sind. Diese Beschreibung der Arbeitsgemeinschaft gibt kurz und knapp Auskunft über das, was die AG ausmacht. Was sich hinter dem Netzwerk verbirgt, ist bunt und vielfältig. Es zählen dazu ein bundesweites Regionalbeauftragtennetz, Anwältinnenkonferenzen, Onlineformate und unser Newsletter. Zur Entstehung der AG ein kurzer Rückblick in die Vergangenheit.

Ulrike Silbermann | Rechtsanwältin | stellvertretende Vorsitzende der AG Anwältinnen | www.advocatae.com
GRÜNDUNG 2004 BIS HEUTE
Die AG Anwältinnen hat sich im Jahre 2004 auf dem Deutschen Anwaltstag in Hamburg gegründet. Ziel war, ein starkes Netzwerk für Rechtsanwältinnen zu gründen, die in den Kanzleien und Verbänden unterrepräsentiert waren, und diesen eine Stimme zu geben. Lautstark machten die Anwältinnen in den folgenden Jahren darauf aufmerksam, dass der Vorstand des DAV weiblicher werden müsse, und er wurde es. Die Werbekampagnen fokussierten nicht mehr nur auf Rechtsanwälte. Es gab endlich Slogans wie „Fragen Sie Ihre Anwältin oder Ihren Anwalt“. Durch solche Aktionen wurden die Rechtsanwältinnen sichtbarer in der öffentlichen Wahrnehmung. Kompetent waren die Kolleginnen immer, jetzt wurde dies auch einer breiten Maße bewusst gemacht. Sicher kann durch Werbung nicht erreicht werden, dass der Gender-Pay-Gap, den es immer noch gibt, verschwindet, aber er wird kleiner. Im Jahre 2022 haben wir gefeiert, dass die erste Anwältin Dr. Maria Otto aus München vor hundert Jahren zur Anwaltschaft zugelassen wurde. Den gleichnamigen Preis hat der DAV auf Initiative der AG Anwältinnen im Jahre 2010 aus der Taufe gehoben, um Frauen zu ehren, die sich im Beruf, in der Gesellschaft oder Politik einen Namen gemacht haben. Der DAV vergibt diesen Preis in unregelmäßigen Abständen. Letztes Jahr wurde das Leipziger Anwältinnenbüro mit dem Preis für sein soziales Engagement geehrt. Die Jury hob insbesondere hervor, dass durch die Anwältinnen das Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts zur Lohngleichheit erstritten wurde. Equal Pay ist nicht verhandelbar!
VEREINBARKEIT VON FAMILIE UND BERUF
Ein wichtiges Thema war und ist es noch immer: die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Arbeitsgemeinschaft hat zu dem Thema bereits im Jahre 2012 eine Broschüre „Anwältin und Mutter – Klar geht das!“ herausgegeben und zehn Jahre später in einer Befragung untersucht, was sich geändert hat. Herausgekommen ist die aktuelle Broschüre „Kanzlei und Kind – Klar geht das!“ Während bei der ersten Ausgabe nur Frauen befragt wurden, sind jetzt auch Männer, die sich heute mehr an der Care-Arbeit beteiligen, mit in die Befragung einbezogen worden. Die Broschüre lässt sich auf der Website der Anwältinnen www.davanwaeltinnen.de herunterladen. Sie enthält u. a. einen Leitfaden, der aus den Antworten der Befragten erarbeitet wurde, damit das Wissen und die Erfahrungen der Rechtsanwältinnen an eine neue Generation weitergegeben werden.
„Die Anwaltschaft ist in jedem Fall weiblicher geworden, aber die Bedingungen für Anwältinnen bedürfen noch immer der Verbesserung“
Wir sind gespannt, wie die Geschichte fortgeschrieben wird. Die Anwaltschaft ist in jedem Fall weiblicher geworden, aber die Bedingungen für Anwältinnen bedürfen noch immer der Verbesserung. Es ist nicht hinnehmbar, dass die sogenannte „gläserne Decke“ für den beruflichen Aufstieg zur Partnerin noch immer besteht und es nicht mehr Teilzeitpartnerschaften gibt. Die Elternzeit sollte gleichmäßig zwischen den Eltern aufgeteilt werden, um Elterngeld zu erhalten. Strukturelle Nachteile gilt es zu beseitigen, um neben einer Lohngleichheit auch eine Chancengleichheit zu kreieren.
MENTORING
Fast von Anbeginn an war es Thema der Anwältinnen, dass in einem Mentoring erfahrene Kolleginnen jungen Kolleginnen bei den verschiedensten Berufsproblemen zur Seite stehen sollten. Die Mentee können sich bei der AG online melden und zu einem bestimmten Problem, wie zum Beispiel dem Start in die Selbständigkeit, Gehaltsverhandlungen bei Angestelltenverhältnissen oder bei der Frage, wie verhandle ich mit Mandanten über meine Gebühren, nach einer Mentorin fragen. Durch ein bundesweites Netz wird dann das passende Match gesucht. Ob und wie lange dann die Mentee auf den Rat der Mentorin zurückgreift, bleibt dem Tandem überlassen. Das Mentoringprojekt betreut derzeit Dorela Kress. Bitte melden Sie sich als Kollegin bei Karrierefragen an uns, damit wir die Erfolgsgeschichte des Mentoringprojekts weiter fortschreiben können. Mittlerweile hat sich das Projekt auch in anderen Arbeitsgemeinschaften etabliert – wir aber sind das Original!
REFERENTINNENPOOL UND GREMIENBESETZUNG
Schon früh war dem ersten geschäftsführenden Ausschuss aufgefallen, dass Vortragende bei Fachveranstaltungen in der Regel männlich waren. Ganz gewiss, da waren sich alle (Frauen) einig, lag dies nicht daran, dass es keine kompetenten Referentinnen gibt. Wenn die eine oder andere bei der Tagungsleitung ansprach, dass es doch schön wäre, auch mal eine Referentin einzuladen, gab es häufig zur Antwort, dass es keine Referentinnen geben würde. Die AG Anwältinnen hat deshalb einen sogenannten Referentinnenpool gegründet und wird heute regelmäßig angefragt, wenn es darum geht, eine Referentin für einen bestimmten Themenkreis zu finden. Wir nehmen gern neue Referentinnen in unserer Liste auf. Trauen Sie sich und melden sich bei Berit Jäger über unsere Website als Referentin an. Es ist eine Herausforderung zu referieren, steigert aber den Bekanntheitsgrad und macht zudem noch Spaß. Wir rufen Sie auch dazu auf, uns Kolleginnen zu melden, deren Vortrag Sie besonders gut gefunden haben. Wir nehmen dann gern Kontakt auf. Die AG unterstützt regelmäßig mit Wahlaufrufen für Kolleginnen, diese in verschiedenste Gremien, z. B. Rechtsanwaltskammern, Satzungsversammlung zu wählen. Wir wollen uns auch in den Aufsichtsräten und in den Parlamenten vertreten wissen.
SCHLEIFENPROJEKT GEGEN BEDROHUNG VON ANWÄLTINNEN UND ANWÄLTEN
Auf der Herbsttagung in München im Jahr 2022 stellten wir in einer Podiumsdiskussion zur Bedrohung von Anwältinnen und Anwälten weltweit die Frage an das international besetzte Panel, was wir tun könnten, um dem entgegenzuwirken. Die türkische Anwältin Hürrem Sönmez hob hervor, dass die Sichtbarmachung ein wichtiges Mittel ist, um bedrohten Kolleginnen und Kollegen zu helfen. Margarete Gräfin von Galen, Maria-Otto-Preisträgerin aus dem Jahre 2022, und der jetzige Präsident des DAV, Stefan von Raumer, berichteten anschaulich von ihrer Arbeit im Menschrechtsausschuss des DAV. Die Bedrohung der Anwältinnen und Anwälte nimmt weltweit zu. Zu einem funktionierenden Rechtstaat gehören in erster Linie Anwältinnen und Anwälte, die sich für ihre Mandanten einsetzen. Margarete Gräfin von Galen schlug vor, unterstützend mit einer Schleife als Symbol auf die Situation von bedrohten Rechtanwältinnen und Rechtsanwälten aufmerksam zu machen. Der geschäftsführende Ausschuss griff dies auf und seit dem Jahr 2023 werden Spenden für jährlich wechselnde Projekte gesammelt, für die der Spender eine orangerote Schleife erhält.
„Die Bedrohung der Anwältinnen und Anwälte nimmt weltweit zu“
Im Jahr 2023 haben wir den Berliner Verein Bahaam e. V. mit den Spenden unterstützt. Diese haben für afghanische Frauen Onlinedeutschkurse organisiert. Unter den Frauen waren auch Anwältinnen. Im Jahr 2024 unterstützen wir die Media and Law Studies Association (MLSA), gegründet von dem Kollegen Veysel Ok. Sie unterstützt Kolleginnen und Kollegen sowie Journalisten und Journalistinnen, die aufgrund ihrer Tätigkeit bedroht werden. Der Spendenzweck für 2025 wird auf dem Deutschen Anwaltstag, der dieses Jahr vom 4. bis 6. Juni in Berlin in Präsenz stattfindet, bekannt gegeben.
AUSBLICK
Das politische Engagement der Anwältinnen ist damit aber nicht erschöpft. Passend zum Thema des Deutschen Anwaltstags „Rechtstaatlichkeit stärken, Freiheit bewahren“ veranstalten wir am 5. Juni 2025 eine Podiumsveranstaltung auf dem DAT mit dem Titel „Demokratie schützen, Extremismus begegnen: Die Rolle der Anwaltschaft“. Wir beleuchten, wie extremistische Strömungen demokratische Grundwerte gefährden und welche Rolle die Anwaltschaft spielen kann, um die Grundrechte zu wahren. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!
Am 26. September 2025, 12 Uhr findet zum Thema „Fake News/Hatespeech – Auswirkungen auf die Demokratie“ eine Veranstaltung des AG mit anschließendem Empfang statt. Diskutieren Sie mit uns. Wir als AG bleiben an Themen der Zeit dran, die uns alle bewegen! Ich bin der Meinung, dass es sich lohnt, die Probleme sichtbar zu machen und uns Anwältinnen Gehör zu verschaffen.