Grundbuch für Erbrechtler anhand von praktischen Fällen

„Denn sie wissen nicht, was sie tun …“

In der Veranstaltung am 8. November 2023 des Arbeitskreises Erbrecht, zu der auch der Arbeitskreis Miet- und WEG-Recht eingeladen war, ging es dem Referenten Notar Axel Sawal zwar nicht wie in dem Film mit James Dean um Liebe und Anerkennung, sondern um vermeidbare Fehler bei Grundbucheintragungen. Notar Axel Sawal lieferte nicht nur eine erheiternde, sondern auch eine tiefgehende Fortbildungsveranstaltung anhand von praktischen Fällen, die er mit Titeln aus bekannten Kinofilmen versehen hatte. Der Wissenshorizont dürfte sich bei den meisten anderen Anwesenden – vermutlich – beträchtlich erweitert haben.

Barbara Hoeck-Eisenbach | Rechtsanwältin & Mediatorin | Fachanwältin für Miet- und WEG Recht | www.immobilienanwaeltin.de

1.

In der Praxis weit verbreitet ist die Übertragung von Grundstücken zu Lebzeiten, wobei sich die Eigentümer einen Nießbrauch einräumen lassen, verbunden mit einer Rückauflassungsvormerkung für bestimmte Fälle, zum Beispiel der Insolvenz. Nach dem Tod des Nießbrauchers stellt sich die Frage, wie sich eine solche beschränkt-persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch löschen lässt. § 23 Abs. 1 GBO bestimmt, dass eine Dienstbarkeit nur mit Bewilligung des Rechtsnachfolgers gelöscht werden darf, wenn Rückstände ausgeschlossen sind. Dieser Nachweis ist regelmäßig schwer zu führen, anders als bei einem bloßen Wohnrecht, das nicht rückstandsfähig ist. Auch wenn § 23 Abs. 2 GBO eine Löschungserleichterung nach einem Jahr vorsieht und dann einen Todnachweis für die Löschung ausreichen lässt, bietet es sich an, bereits bei der Übertragung im Grundbuch die Rückauflassungsvormerkung zugleich mit einer Löschungserleichterung zu versehen, nämlich dergestalt, dass der Todnachweis (Sterbeurkunde) für die Löschung ausreicht. Dann ließe sich der Nießbrauch einfach durch Übersendung der Sterbeurkunde vor Jahresfrist löschen. Aber wie verhält es sich mit der Löschung der Rückauflassungsvormerkung?

Wie verhält es sich mit der Löschung der Rückauflassungsvormerkung?

§ 13 GBO enthält den sog. Antragsgrundsatz, das heißt, ohne Antrag keine Eintragungen im Grundbuch. § 13 GBO sieht für Anträge keine notarielle Form vor, anders als bei der Bewilligung, die gemäß § 29 GBO in notarieller Form zu erfolgen hat. § 39 GBO bestimmt den Voreintragungsgrundsatz, das heißt, nur derjenige, der als Berechtigter im Grundbuch eingetragen ist, kann die Löschung der Rückauflassungsvormerkung in notarieller Form bewilligen. Was aber, wenn der Berechtigte verstorben ist? Eine Ausnahme des Voreintragungsgrundsatzes bestimmt § 40 GBO, wenn der Nachweis der Erbfolge geführt werden kann, was in der Praxis zeitintensiv sein kann, insbesondere wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat. Hier empfiehlt sich eine auflösende Bedingung, nämlich für den Fall des Todes des Berechtigten, die einzutragen ist, wenn sie dingliche Wirkung entfalten soll. Aber Achtung: Eine Bezugnahme auf den Inhalt der Bewilligungserklärung ist gemäß § 874 BGB nicht ausreichend. Die Bedingung selber muss im Grundbuch eingetragen werden. Erst dann reicht die Vorlage eines einfachen Todnachweises für die Löschung der Rückauflassungsvormerkung.

2. „MISFITS“-FALL

Eine GbR erwirbt ein Hausgrundstück, eine Gesellschafterin verstirbt und hinterlässt zwei Erben. Was ist mit dem Gesellschaftsanteil der Erblasserin und wie gelangen die Erben ins Grundbuch? Wegen der gesamtschuldnerischen Haftung zerfallen die Erbanteile, der Gesellschafterbestand ist gemäß § 47 Abs. 2 GBO im Grundbuch einzutragen. Dies ändert sich ab dem 1.1.2024 mit Einführung des Gesellschafterregisters, denn dann tritt das MoPeG in Kraft. Ab dem 1.1.2024 wird ein Verweis im Grundbuch auf das Gesellschaftsregister ausreichen. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat dann den Zusatz „eGbR“ zu führen. Bei der Gründung einer GbR ist darauf zu achten, dass bereits eine „Geburtsvollmacht“, das heißt eine beglaubigte Vollmacht, erteilt wird, denn gemäß § 22 Abs. 2 GBO müssten stets alle Gesellschafter handeln. Will man dies vermeiden, so ist eine „Geburtsvollmacht“ zwingend erforderlich. Der Verweis auf die Gründungsurkunde reicht dabei regelmäßig nicht, denn der Gesellschafterbestand könnte sich in der Zwischenzeit geändert haben.

3.

Großmutter und Großvater sind zu je ½ Eigentümer einer Eigentumswohnung, der Großvater verstirbt ohne Testament. Eine Tochter und ein Enkelkind sind vorhanden. Die Großmutter möchte, dass die Tochter und der Enkel ihren hälftigen Anteil bekommen. Sie suchen einen Notar auf. Wie lässt sich die Übertragung auf Tochter und Enkel möglichst kostenneutral regeln? Der Eigentumsanteil des verstorbenen Großvaters an der Wohnung steht – nach der gesetzlichen Erbfolge – je zu ½ der Großmutter und ½ der Tochter zu. Die andere Hälfte der Wohnung gehört der Großmutter. Bei der schenkweisen Übertragung des Eigentumsanteils der Großmutter zu je ¼ an Enkel und Tochter würden jedenfalls Auflassungskosten entstehen. Der Vorzug ist daher der sog. Abschichtung zu geben, jedenfalls wenn es nur um eine Wohnung geht, das heißt, die Großmutter überträgt ihren Erbanteil an die Tochter und scheidet gegen Einräumung eines Nießbrauchs aus. Die Gebühr für die Eintragung einer Grundbuchberichtigung entfiele, ebenso wie die Übertragung im Rahmen einer Erbauseinandersetzung innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall (§ 44110 GNotKG). Die Eintragung des Nießbrauchs setzt allerdings die Einräumung eines Eigennießbrauchs zugunsten der Großmutter in einer ersten Urkunde vor Übertragung des Anteils an die Tochter voraus. Dies beträfe allerdings nur die Übertragung an die Tochter, nicht aber auf den Enkel, denn dieser ist kein Erbe. Insoweit genießt eine Übertragung keine Privilegierung.

4.

Zwei Schwestern beerben die längstlebende Mutter, die mehrere Wohnungen hinterlässt. Eine der Schwester (Petra) braucht Geld. Anna (die andere Schwester) lebt unverheiratet mit Paul zusammen. Anna hat kein Geld, aber Paul, beide wollen Petra den Anteil abkaufen. Sie suchen einen Notar auf.

Eine Abschichtung ist hier wegen mehrerer Wohnungen nicht möglich, zudem müsste Paul Grunderwerbsteuer zahlen, weil Paul und Anna nicht verheiratet sind, und es würden Grundbuchkosten entstehen. Privilegiert sind nur Erben und Ehepartner.

Vorzugswürdig wäre hier eine Erbauseinandersetzung zwischen Anna und Petra. Anna erhält (zur Auszahlung von Petra und gegen Eigentumsübertrag auf sich) von Paul ein Darlehen, wozu sie einen Darlehensvertrag mit Verzinsung schließen. Gesichert wird dieser mit einer Sicherungshypothek für Paul. Da Paul und Anna ohnehin planen zu heiraten, wird ferner vereinbart, dass mit Eheschließung Anna das Darlehen durch Eigentumsübertragung auf Paul tilgen darf. Paul erhält für sein Darlehen ein Kündigungsrecht mit einer Frist von sechs Monaten, sollte es zu keiner Heirat kommen. So entstünden keine Grundbuchkosten und keine Grunderwerbsteuer.

5. DIE VORSORGEVOLLMACHT – AUCH EIN FALL VON „DENN SIE WISSEN NICHT, WAS SIE TUN“

Die Erblasser haben wie in Fall 1 zu Lebzeiten nicht nur die Grundstücke gegen Einräumung eines Nießbrauchs übertragen, sie erteilten auch eine beglaubigte (notarielle) Vorsorgevollmacht. Ein handschriftliches Testament liegt vor. Streitig ist, ob bei Verkauf der Immobilie auf die Voreintragung gemäß § 39 GBO verzichtet werden kann, weil die notarielle Vorsorgevollmacht analog § 40 GBO Anwendung findet. Es wird vertreten, dass die transmortale Vorsorgevollmacht den Berechtigten ermächtigt, für die Erben aufzutreten. Dagegen spricht, dass bei Vollmachtserteilung die Erben (mangels Erbfalls) noch unklar waren. Anders sieht es das Kammergericht, das sogar eine Belastung der Immobilie aufgrund der notariellen Vorsorgevollmacht für möglich hält. Jedenfalls reiche eine transmortale Vorsorgevollmacht zum Nachweis der Vertretungsmacht des Bevollmächtigten, wenn dieser erklärt, Alleinerbe des Vollmachtgebers zu sein (KG-Beschluss vom 2.3.2021 – 1 W 1503/20, Zerb 2021,221). Auch wenn durch den Verzicht auf die Voreintragung einige Beurkundungs- und Eintragungskosten gespart werden können: Die Käufer einer solchen Immobilie sollten sich darüber im Klaren sein, dass ein gutgläubiger Erwerb ohne Voreintragung des Verkäufers im Grundbuch nicht möglich ist. Die „echten“ Erben können also noch bis zu 30 Jahre nach dem Verkauf „auf der Bildfläche erscheinen“ und den Kauf rückgängig machen.

FAZIT

Deutlich wurde bei der Veranstaltung, dass ein Notar die Mandanten in Bezug auf die Beurkundungskosten wie auch den Eintragungskosten und Grunderwerbsteuern mehr oder weniger gut beraten kann. Die Gestaltung von Rückübertragungsvormerkungen, Erbauseinandersetzungen und Vorsorgevollmachten können die Situation der Erben nach dem Erbfall erheblich vereinfachen oder auch erschweren. Für die anwaltliche Beratungspraxis sind hier entsprechende Kenntnisse äußerst hilfreich.

Exklusiv für Mitglieder | Heft 12/2023 | 72. Jahrgang